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Landesbildungsserver BW - Handreichung zu Autismus

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08.04.12, 00:13:43

Aku

Auf dem Landesbildungsserver BW habe ich diese Handreichung über Autismus, offenbar für Lehrkräfte angedacht, gefunden.

http://www.schule-bw.de/schularten/sonderschulen/autismus/empfehlungen/Autismus-Handreichung.pdf
12.04.12, 01:23:20

Vendela

Da es in der Rubrik "autismustaugliche Industriewaren" steht, ein paar Beispiel-Zitate aus dem Text als Diskussionsvorschlag. Wie autismustauglich findet ihr das Konzept?

Beispiel 1: Besonderer pädagogischer Handlungsbedarf
Zitat:
Der besondere pädagogische Handlungsbedarf ergibt sich aus den veränderten Entwicklungs- und Lebensbedingungen autistischer Menschen und zeigt sich vor allem in folgenden Bereichen:
• Erlernen sozial angemessener Verhaltensweisen, Gestalten von Beziehungen,
• Aufbau und Differenzierung von verbalen und nonverbalen Kommunikationsformen unter Nutzung zeichen- und bildunterstützter sowie schriftsprachlicher Kommunikationsformen (unterstützte Kommunikation),
• Wecken und Unterstützen von sachorientiertem Neugierverhalten und Ausbildung angemessener Einwirkungsformen auf die sächliche Umwelt,
• Willentliche Handlungsplanung, -steuerung und –durchführung



Beispiel 2: Grundsätze
Zitat:
Kurzzeitig auftretende Störungen der Befindlichkeit und phasenweise wechselnde Entwicklungsverläufe gehören zum Erscheinungsbild des Autismus. (...) Durch sie kann der Schulbesuch gefährdet sein, wenn es nicht gelingt, mit diesen Phänomenen flexibel umzugehen, gegebenenfalls (...) eine intensivere Form der Begleitung zur Verfügung zu stellen oder auch einen Wechsel der Schule vorzunehmen. Alle Maßnahmen müssen zunächst darauf abzielen, die Förderung an der Schule, die dem Leistungsvermögen des Schülers oder der Schülerin entspricht, zu verbessern"



Beispiel 3: Zusammenarbeit mit den Eltern
Zitat:
Eltern fällt es manchmal durch ihre Betroffenheit schwer, sich im Umgang mit ihrem Kind von ihren sehr persönlichen Sichtweisen und Interpretationen des Autismussyndroms zu lösen. Hierdurch wird der Zugang zu sachlich notwendigen, veränderten Umgangsformen erschwert. Ziel und Aufgabe einer beratenden Begleitung ist es, hilfreiche Angebote zu unterbreiten, die es diesen Eltern erleichtern, eigene Standpunkte und Gewohnheiten zu verlassen und sich veränderten Handlungsformen anzunähern. (...) Es ist sicher zu stellen, dass sie [= Schule und Eltern] Vereinbarungen treffen, wie in eventuell akut eintretenden Krisensituationen gehandelt werden muss.



Beispiel 4: Grundsätze der Unterrichtsgestaltung: Respektierung der besonderen Welt- und Menschensicht
Zitat:
Sie können ihre Erfahrungen oft nicht auf neue Situationen übertragen und es fehlt ihnen das Verständnis für Gemeinsamkeit von Situationen. Somit unterscheidet sich ihre Erlebenswelt von der unsrigen. Sie haben zu vielen Themenbereichen im Unterricht keinen Zugang, keine durchgängigen Erfahrungen oder kein Interesse. (...)
Beispiele: Eine Schülerin mit stark selbstverletzendem Verhalten trägt immer einen Helm mit Visier. Sie kennt nicht das Spüren von Wind, Sonne oder Regen am Kopf. Diese Einschränkungen der Erfahrungswelt und ihre Konsequenzen bedürfen besonderer Beachtung.



Beispiel 5: Didaktische Konsequenzen
Zitat:
Sprachlich: Schülerinnen und Schüler immer direkt ansprechen, sowohl mit Blickkontakt, als auch sprachlich
Beispiel: "Holt eure Hefte raus, Stefan, auch du!"



Beispiel 6: Begleitung und Beratung in der Schule - der Fachberater
Zitat:
Sie begleiten die schulinternen Abstimmungsprozesse, in denen ein gemeinsam getragenes Verständnis zum Umgang mit autistischen Schülern geklärt wird.
21.04.12, 14:20:55

Fundevogel

Industriewaren! Ahaaaaaaaa, diese Anleitungen betrachten Autisten als Ware!

Man stelle sich vor, der durchscnnittliche karnevalistische Rheinländer würde einfordern, dass der Rest der Republik der Wesensart der Rheinländer zwingend angeglichen werden müsste.

Dann müsste beigebracht werden, wie man Frohnatur wird und Beziehungen durch distanzloses Anlabern gestaltet,

es müsste angelernt werden, dass ein sozial angemessenes Verhalten ist, mit jedem, der ein Kölsch in der Hand hat auf Du und du zu gehen und abfällig mit dem Köbes zu lästern,

dass Kommunikationsformen sind, am liebsten ganzjährig kostümiert umher zu gehen, um bildersprachlich verständlich zu werden,

dass das Tragen von Narrenkappen Pflicht ist, weil das Spüren von Winden (Bierfürzen) unangenehm sein könnte,

dass Abstimmungsprozesse ausschließlich im Elferrat stattfinden und

dass Beerdigungsunternehmer als Fachberater für Leben und Tod den Prinzen und/oder den Sitzungspräsidenten stellen sollten.

Als Rheinländerin plädiere ich für die Anwendung dieses Regelwerkes auf den spaßlosen Rest der Bevölkerung.

Junge junge, das würde Schule machen!!!
01.05.12, 14:48:22

Vendela

Ich dachte die "Industrieware" wäre das Konzept selbst?

Und soweit ich es verstanden und in Erinnerung habe geht es in dem Konzept zwar auch, aber nicht nur um die Förderung der Anpassung.
01.05.12, 15:13:17

55555

Wie der Untertitel des Forums schon sagt: "Möbel, Technik, Software, Dienstleistungen (darunter Kindergarten und Schule) und andere Massenartikel"
01.05.12, 17:16:09

Vendela

Die Frage war bezogen auf
Zitat von Fundevogel:
Industriewaren! Ahaaaaaaaa, diese Anleitungen betrachten Autisten als Ware!
10.05.12, 18:30:54

PvdL

Geht es hier um die artgerechte Haltung von Autisten oder um deren Assimilation?
11.05.12, 00:32:02

Fundevogel

Vendela: Ich habe das so verstanden, dass aus der Überschrift der Rubrik herzuleiten ist, wie über die zu Diskutierenden gedacht wird. Ob das bewusst oder unbewusst eingestellt wurde, es enthält eine subtile Botschaft, die ihre Leser hat.

Vielleicht macht ein anderes Beispiel klar, was ich meine:
Vor Jahrzehnten warb im damals noch gedruckten Herstellerkatalog http://www.herstellerkatalog.com/stage/suche/index.html?message=1& eine Industrie-Palettenfirma für ihre Paletten mit einem Foto und einer Bildunterschrift. Das Foto stellte eine Frau nur mit einem kleinen Handtuch bekleidet auf einer Palette sitzend dar. Als Bildunterschrift stand der Slogan der Firma geschrieben: "Egal welche Ware sie haben, wir haben die passende Palette."
Gemeinsam mit Kollegen protestierte ich gegen diese verschlüsselte diskriminierende Aussage und sie war im nächsten Exemplar nicht mehr abgedruckt.
19.06.12, 19:41:50

Vendela

Fundevogel: d.h. du meinst, dass durch die Rubriküberschrift "Autismustaugliche Industriewaren (Universelles Design)" Autisten diskriminiert werden? Wie würdest du es formulieren?

Pvdl: beides u.a.?
20.06.12, 02:13:37

Fundevogel

Folgende Fragen stellen sich mir als Leser:
Handelt es sich um Industriewaren, die für oder gegen Autismus tauglich sind?
Gelten die Artikel als anwenderfreundlich für Nichtautisten gegenüber Autisten?
Oder handelt es sich um Industriewaren, die für Autisten tauglich oder untauglich sind?

Auf jeden Fall aber verleugnet die Bezeichnung die Personen und Persönlichkeiten (und ist durch den Untertitel - der Warenaufzählung - abqualifizierend, wenngleich sie in Verbindung mit " und andere Massenartikel" sogar einer gewissen Komik nicht entbehrt).
Man spricht ja auch von kindertauglich, männertauglich, frauentauglich und nicht von kindheitstauglich und erwachsenheitstauglich.

Wie wäre es mit "Von Autisten bevorzugte..."?, "Für Autisten barrierefreie..."?
26.06.12, 20:46:01

Vendela

Ob die Formulierung geglückt ist, hängt davon ab, welche Sprachregelung man bevorzugt, d.h. ob man lieber sagt, dass man Autismus HAT oder Autist IST. Ich kann beiden Varianten etwas abgewinnen. In diesem Forum ist zur Zeit die zweite Variante eher erwünscht (?), soweit ich das bisher mitbekommen habe. Mir ist das erst nicht aufgefallen, aber im Nachhinein wundert es mich, dass dann sogar eine ganze Rubrik anders genannt wird. Hat sich die Forums-Sichtweise darauf im Lauf der Zeit verändert? Oder hat das einen anderen Grund?
26.06.12, 21:00:18

55555

Um welche Rubrik geht es? Dieses Unterforum wie oben genannt? Alleine von Autismus zu schreiben bedeutet ja noch nicht zu meinen ein Individuum würde dann diesen Autismus "haben".
 
 
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