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Autor Nachricht
55555
(Fettnäpfchendetektor)

Ich überlege seit einiger Zeit wie man in staatlicher Hinsicht Autisten ein selbstbestimmteres Leben ermöglichen könnte. Ein wesentlicher Teil der Beseitung von Hürden scheint mir das in der Praxis bevorzugte Recht auf schriftliche Korrespondenz zu sein. Nichtautisten klären viele Sachverhalte in mündlichen Gesprächen bei einem physischen Treffen oder per Telefon. Viele Autisten sehen sich nicht oder nicht in der erforderlichen Quantität oder nur unter Qualen und unzureichender Qualität (was konkrete Nachteile nach sich zieht) dazu in der Lage.

Andererseits fürchten sich viele davor sich mit einer konkreten Diagnose zu outen, weil das erfahrungsgemäß schwere Diskriminierungen oder absurdeste Vorbehalte nach sich ziehen kann. Daher kam mir der Gedanke, daß es sinnvoll sein könnte im Rahmen des Verfahrens bei den Versorgungsämtern auch einen Nachweis einzuführen, der zu bevorzugter schriftlicher Kommunikation berechtigt, die möglichst rasch abläuft um die Nachteile gegenüber rascher mündlicher Kommunikation nicht unnötig groß werden zu lassen. Ich bin mir sicher, daß es nötig ist soetwas einzuführen, vielleicht nicht als Merkzeichen, aber es muß ein Recht existieren, das standardmäßig ohne Diskussionen und Ignorieren von Hinweisen auf Schwächen akzeptiert werden muß.

Hat jemand bessere Ideen als dies über ein Merkzeichen zu regeln?

Ein Merkzeichen S (die Berechtigung zu bevorzugter schneller schriftlicher Kommunikation als Nachteilsausgleich ist nachgewiesen) hat meiner Ansicht nach den Vorteil, daß der Nachweis über das Versorgungsamt vermutlich ernst genommen wird, aber schon jetzt recht anonym gehalten ist. Es könnten nicht nur Autisten in den Genuß dieses Nachteilsausgleichs kommen, sondern auch andere Menschen mit ähnlichen Problemen. Somit wäre nicht mehr ersichtlich was eigentlich mit der konkreten Person los ist und es ist klar, daß das auch niemanden etwas anzugehen hat, weil ein Recht besteht, das sich sowohl auf die Menschenwürde (es ist nicht mit der Menschenwürde vereinbar praktisch gezwungen zu werden andere für sich selbst kommunizieren zu lassen, da es entwürdigend ist, mal abgesehen von all den Nachteilen und zusätzlichen Sorgen die daraus entstehen können) als auch auf Art. 3 Abs. 3 GG stützen kann.

Welche Nachteilsausgleiche neben dem Recht auf schriftliche Kommunikation könnten sinnvollerweise zusätzlich in ein solches mögliches neues Merkzeichen aufgenommen werden? Wäre es eventuell sinnvoll dieses Merkzeichen in einem neu überarbeiteten Merkzeichen GL (gehörlos) einzuführen?

Mancherorts steckt man Eltern ins Gefängnis, die ihre Kinder aus ideellen Gründen nicht zum Arzt bringen. Anderswo schützt man fremde Kulturen mittels Strafen vor Kontakt und Einmischung.
29.06.07, 20:24:32
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drvaust
(stillgelegt)

Wie soll das praktisch umgesetzt werden? Dem Schreiben eine Kopie des SBA beilegen? Spezial-Briefumschlag mit Kennzeichen? Ein Verweis auf ein Register als Rückfragemöglichkeit? Ich sehe da Probleme bei der Umsetzung. Z.B. glaube ich nicht, daß das Arbeitsamt auf persönliches Erscheinen verzichtet, dann wäre ja noch das schriftliche Bewerbungsgespräch. Was nützt das Recht, wenn das Schreiben auf den hohen Stapel der dringenden Angelegenheiten gelegt wird, der nur bei Nachfragen bearbeitet wird?
Schön wär's.
Zitat von 55555:
Welche Nachteilsausgleiche neben dem Recht auf schriftliche Kommunikation könnten sinnvollerweise zusätzlich in ein solches mögliches neues Merkzeichen aufgenommen werden?
Kein langes Warten in überfüllten Wartezimmern, mit Termin schnell drankommen. Kein Zwang zu Massenveranstaltungen (z.B. Betriebsversammlungen). Bei Bedarf ruhige Räume.
29.06.07, 23:30:01
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Mutter
(Autistenbereich)

geändert von: Mutter - 30.06.07, 05:42:44

Die Idee an sich finde ich gut, aber ich muss drvaust zustimmen, mit der Umsetzung wird es solche erheblichen Probleme geben, dass die Wahrscheinlichkeit des Scheiterns sehr groß ist.

Durch unsere Erfahrungen, die ich in dem letzen Jahr mit den deutschen Behörden sammeln durfte, traue ich denen gar nichts mehr zu! Sie halten ihren Stuhl warm (aber nur von 8-12!!) Das war's.

Kaum ein Vorgang kann ohne Komplikationen abgewickelt werden, dies ist schon so, wenn man jemanden hat, der persönlich Kontakt aufnimmt, oder auch, wenn man selber dazu einigermaßen in der Lage ist.

Auch setzt es voraus, dass man in einem gewissen Rahmen doch geoutet sein müsste, was zumindestens die Berechtigung eines entsprechenden Merkmals vorzeigt.

Meiner Meinung nach läuft es auch mal wieder zu dem Punkt, dass es einfacher wäre, gäbe es höhere Toleranz / Akzeptanz und auch Interesse am Mitmenschen (auch dienstlich bei der Behörde) - Mensch ist kein Aktenzeichen...

Ok, ich drifte ab.
30.06.07, 05:42:21
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55555
(Fettnäpfchendetektor)

Zitat von drvaust:
Wie soll das praktisch umgesetzt werden? Dem Schreiben eine Kopie des SBA beilegen?

Hier fände ich es sinnvoll, wenn man das auf eigenen Wunsch in den SBA eintragen lassen kann oder nicht und eine seperate Zusatzbescheinigung ausgestellt bekommt auf der nur Merkzeichen GL/S nachgewiesen wird und die man in Kopie überall beilegen kann, womit man einen sicher einklagbaren Anspruch auf schnelle (genau zu definieren!) schriftliche Kommunikation (mit welchen Stellen genau? nur mit staatlichen Stellen, oder auch Energieversorgern, Telekom, Handwerksbetrieben?) bekommt. Auf jeden Fall sollte dieses Merkzeichen auf starke Gültigkeit im gesamten Gesundheitssystem bekommen, das ist wichtig.
Zitat:
Spezial-Briefumschlag mit Kennzeichen?

Das ist keine schlechte Idee. Von Preis-Leistungsverhältnis ist es vielleicht sinnvoller meietwegen ein großes S vorne auf jeden Briefumschlag zu schreiben in dem ein solcher Nachweis liegt. Wenn Schlaumeier ein S auf ihrem Umschlag schreiben, weil sie meinen, daß sie damit ohne Merkzeichen schneller bearbeitet würden (damit ist zu rechnen) wird bei Feststellen des Fehlens der Nachweiskopie im Umschlag das Schreiben nicht bevorzugt behandelt, sondern vielleicht vielleicht etwas benachteiligt(?)
Zitat:
Ein Verweis auf ein Register als Rückfragemöglichkeit?

Das würde ich auf keinen Fall für sinnvoll halten, schon aus Datenschutzgründen. Man wäre ja praktisch durch diese Datei halböffentlich als Inhaber bekannt und das wollen bestimmt viele nicht.
Zitat:
Ich sehe da Probleme bei der Umsetzung. Z.B. glaube ich nicht, daß das Arbeitsamt auf persönliches Erscheinen verzichtet, dann wäre ja noch das schriftliche Bewerbungsgespräch. Was nützt das Recht, wenn das Schreiben auf den hohen Stapel der dringenden Angelegenheiten gelegt wird, der nur bei Nachfragen bearbeitet wird?

Das müßte man im einzelnen klären. Ich sehe das nicht so pessimistisch und kritisiere diese oft zutage tretende Einstellung unter Autisten, das auch alternativ Formen des Stockholmsyndroms annemhen kann. Natürlich tanzt der Staat nicht nach unserer Pfeife, aber dennoch sehe ich gute Chancen, da die Forderungen berechtigt sind. Ich habe mich entschlossen derartigen Pessimismus als unbegründet zu ignorieren.
Zitat:
Kein langes Warten in überfüllten Wartezimmern, mit Termin schnell drankommen. Kein Zwang zu Massenveranstaltungen (z.B. Betriebsversammlungen). Bei Bedarf ruhige Räume.

Hier wäre zu überlegen ob das nicht zu spezifisch autistisch wäre, es soll ja nach meiner Vorstellung kein Merkzeichens ein, das jemanden klar als autistisch outet.
Zitat von Mutter:
Auch setzt es voraus, dass man in einem gewissen Rahmen doch geoutet sein müsste, was zumindestens die Berechtigung eines entsprechenden Merkmals vorzeigt.

Ja.

Mancherorts steckt man Eltern ins Gefängnis, die ihre Kinder aus ideellen Gründen nicht zum Arzt bringen. Anderswo schützt man fremde Kulturen mittels Strafen vor Kontakt und Einmischung.
30.06.07, 08:45:52
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