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Autor Nachricht
55555
(Fettnäpfchendetektor)

Er hat kein gutes Zeitgefühl? Dann könntest du ihn immer mal in bestimmten Abständen an sein Vorhaben erinnern und nochmal auf die Folgen hinweisen. Daß du ihm eine Deadline setzt oder auch Öffnungszeiten der entsprechenden Einrichtungen hinweist ist sicher sinnvoll. Wenn jemand ein "muß so sein" behauptet und nicht begründet ist unklar warum die Forderung aufgestellt wird. Viele "muß" sind im Alltag auch Aussagen, die man getrost ohne Folgen ignorieren kann.

Mancherorts steckt man Eltern ins Gefängnis, die ihre Kinder aus ideellen Gründen nicht zum Arzt bringen. Anderswo schützt man fremde Kulturen mittels Strafen vor Kontakt und Einmischung.
11.12.08, 12:41:44
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haggard
(Autistenbereich)

ist es nicht absolut erstaunlich und faszinierend, dass, wenn man irgendwo draufdrückt, ganz woanders etwas geschieht? in diesem fall zahlen, die erscheinen, obwohl sie vorher gar nicht zu sehen waren?;) wenn das nicht witzig ist... sonst funktioniert so etwas nicht unbedingt. noch interessanter als zahlen über die anzeige des taschenrechners zu sehen, waren später buchstaben, für die es keine tasten gab: -err- oder ähnliches.
11.12.08, 15:48:07
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Isabella
(Angehörigenbereich)

Zitat von 55555:
Daß du ihm eine Deadline setzt oder auch Öffnungszeiten der entsprechenden Einrichtungen hinweist ist sicher sinnvoll.

Ich bilde mir ein beobachtet zu haben, daß andere 3-jährige Kinder ebenfalls noch kein Gefühl für Zeit, Deadlines und auch nur bedingt für Konsequenzen haben. Aber sie befolgen sämtliche Anweisungen, einfach so. Bei uns wirkt das dann in der Öffentlichkeit immer, als sei mein Kind unerzogen. Aber mich beschleicht dennoch die leise Hoffnung, daß Thaddäus all sowas lernt, je älter er wird, halt nur anders.
Ich muß irgendwie schauen, daß ich mit der jeweils richtigen Formulierung Treffer lande. Wenn ich "Gummibärchen" sage, schaut Thaddäus immer auf und ist ganz aufmerksam, da könnte ich ihm viel eindringlicher was erzählen. Aber dann wären wir wieder bei der Hundeschule (Kommandos), das will ich ja auch nicht.
12.12.08, 01:17:33
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Isabella
(Angehörigenbereich)

Zitat von azrael:
ist es nicht absolut erstaunlich und faszinierend, dass, wenn man irgendwo draufdrückt, ganz woanders etwas geschieht? in diesem fall zahlen, die erscheinen, obwohl sie vorher gar nicht zu sehen waren?;) wenn das nicht witzig ist... sonst funktioniert so etwas nicht unbedingt. noch interessanter als zahlen über die anzeige des taschenrechners zu sehen, waren später buchstaben, für die es keine tasten gab: -err- oder ähnliches.

Ja ich habe auch schon darüber nachgedacht, ob das so ein Überraschungseffekt ist. So schnell wie die Taste gedrückt wird, erscheint im selben Moment die gewählte Zahl und das ganz oft. Am liebsten macht Thaddäus das Display mit der 8 voll. Wenn er sich vertippt hat und z.B. eine 9 dazwischen ist, dann schmeißt er sich weg vor Lachen.
Ja oder, es ist die Überraschung und/ oder Freude darüber, daß man selbst etwas mit einem so eindeutigen Ergebnis bewirkt. Er lacht dann so, als würde man ihn durchkitzeln und wälzt sich auf dem Boden. Wenn ich ihn dann wiederhole: "Ja, da hat sich eine 9 eingeschlichen", dann prustet und grölt er nochmals los.
Ist lustig, nicht schlimm, ich muß doch auch mitlachen, aber bei allen Überlegungen für mich trotzdem nicht nachvollziehbar.
Du schreibst: "Noch interessanter...waren später Buchstaben..." Kennst Du das auch? Ich muß Thaddäus stets Wörter buchstabieren oder aufschreiben, ohne daß ich das Bedürfnis nach lesen wollen erkennen würde; es geht ihm wirklich nur um die Aneinanderreihung der Buchstaben. Was ist daran so faszinierend?
12.12.08, 01:54:06
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drvaust
(stillgelegt)

Zitat von Isabella:
Ich bilde mir ein beobachtet zu haben, daß andere 3-jährige Kinder ebenfalls noch kein Gefühl für Zeit, Deadlines und auch nur bedingt für Konsequenzen haben. Aber sie befolgen sämtliche Anweisungen, einfach so.
Sie befolgen Anweisungen, weil man das von ihnen erwartet, weil sie 'gut sein' wollen, weil das normal ist, weil sie gesellschaftliche Anerkennung wollen. Das ist für normale Kinder ein ausreichender Grund.
Für die meisten Autisten ist das kein ausreichender Grund, sie wollen einen vernünftigen Grund, wollen verstehen.

Zitat von Isabella:
... Ist lustig, nicht schlimm, ich muß doch auch mitlachen, aber bei allen Überlegungen für mich trotzdem nicht nachvollziehbar.
... Ich muß Thaddäus stets Wörter buchstabieren oder aufschreiben, ohne daß ich das Bedürfnis nach lesen wollen erkennen würde; es geht ihm wirklich nur um die Aneinanderreihung der Buchstaben. Was ist daran so faszinierend?
Vielleicht faszinieren ihn diese Symbole? Interessieren ihn auch andere Zeichen? Vielleicht kann er gut abstrakt denken.

Hast Du es mal mit einem Zeitplan versucht? Vorher planen, was gemacht werden soll, wie lange das dauert und wann die Grenzen (Schlafenszeit) sind. Wenn er sich für Zeichen interessiert, kann er vielleicht die Uhr beachten. Eine analoge Uhr ist gut zu erkennen und der Zeitablauf kann verfolgt werden.
Wenn er leicht abgelenkt wird, hilft nur vorsichtiges Erinnern. Ein Dreijähriger kann von der relativ riesigen Welt leicht abgelenkt werden.
12.12.08, 05:00:23
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haggard
(Autistenbereich)

@Isabella:
mein kater sitzt gerne vor dem bildschirm und versucht die buchstaben zu überlisten, die sich bedenklich nahe dem bildschirmrand befinden. er hat schon herausgefunden, dass er selbst buchstaben auf dem bildschirm erzeugen kann, indem er sich auf die tasten stellt - mit dem freien arm versucht er dann die buchstaben zu fangen, die an der seite herauskommen müssten.;) in so einer taschenrechneranzeige "verschwinden" die zahlen, obwohl viel mehr "da" sind... so lange der mechanismus nicht verstanden wird, ist das urkomisch. vor allem hätte man selbst etwas total raffiniertes entdeckt oder geschaffen.

geht es ihm nur um die aneinanderreihung der buchstaben? meinst du, er erkennt die worte wieder, die du ihm häufiger aufschreiben solltest? als ich in der schule lesen "lernte", hätte ich die buchstaben schon können "müssen", doch hatte mich damit unglaublich schwer getan. "bilder", die ich jedoch wiedererkannte, konnte ich problemlos "lesen".

warum scheint es häufiger so, dass erwachsene "vergessen" hätten, was sie als kind beeindruckte/faszinierte?
12.12.08, 16:01:02
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Isabella
(Angehörigenbereich)

Zitat von drvaust:

Für die meisten Autisten ist das kein ausreichender Grund, sie wollen einen vernünftigen Grund, wollen verstehen.

Du schreibst "für die meisten". Gibt es denn auch Autisten, die Anweisungen befolgen oder Bedingungen erfüllen, weil sie einfach nur gemocht werden wollen, oder steckt da nicht auch ein Lernprozeß dahinter: á la ich mache das so, weil das alle so machen?
Zitat:
Hast Du es mal mit einem Zeitplan versucht? ... Wenn er sich für Zeichen interessiert, kann er vielleicht die Uhr beachten.

Bislang haben wir kurze, übersichtliche Zeitpläne mündlich durchgesprochen. Dabei ging es nie um den kompletten Tag auf einmal. Eher so kleine Vorhaben wie: frühstücken, anziehen, mit dem Bus zum Schwimmbad fahren, Eintrittskarte kaufen, umziehen - und dann plantschen. Nach dem Plantschen gehts dann wieder weiter mit den nächsten kleinen Schritten, u.s.w..

Das mit der Uhr ist eine super Idee. Thaddäus hatte mal eine große, mechanische Uhr zum selber zusammenbauen. Die war durchsichtig, man konnte sehen, wie das Uhrwerk funktioniert. Wahrscheinlich war das der Fehler, denn Thaddäus hat die Uhr so oft auseinander gebaut, bis sämtliche Teile fehlten und ich gedacht hab: Uhr macht noch keinen Sinn, später nochmal versuchen. Dabei lag es vielleicht an der Ablenkung durch Räderwerk und Mechanik, daß er sich nicht für das lesen der Uhr interessiert hat.
Aber prima, daß Du mich daran erinnerst.
12.12.08, 22:07:14
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Isabella
(Angehörigenbereich)

Zitat von azrael:

mein kater sitzt gerne vor dem bildschirm und versucht die buchstaben zu überlisten ...

Sehr lustige Geschichte von Deinem Kater, sieht gewiß auch putzig aus, das Buchstaben fangen. Hast Du eine Tastatur mit großen, Katzentatzenfreundlichen Tasten?

Zitat:
als ich in der schule lesen "lernte", hätte ich die buchstaben schon können "müssen", doch hatte mich damit unglaublich schwer getan. "bilder", die ich jedoch wiedererkannte, konnte ich problemlos "lesen".


Ja das ähnelt sich. Wenn Thaddäus Worte ganz oft zu sehen bekommt, dann kann er sie als Bilder auch auswendig lernen. Bei einem Sehtest hatte er nicht mitgemacht (in Augen leuchten lassen). Ich hab dann kurzer Hand die Worte, die er mochte (Auto, Zug, Bus, Eis, April ...)aufgeschrieben und Thaddäus hat alles brav vorgelesen. Die Ärztin hat bestimmt gedacht, ich gehöre zu den unmöglichen Müttern, die den Nobelpreis ihres Einzelkindes nicht abwarten können und es jetzt schon auf Lesen, Algebra und Chinesisch trimmen. Dabei lernt Thaddäus das wirklich nur als Bilder auswendig. Also er könnte jetzt nicht Tax von Taxi lesen. Er vergißt es auch wieder. Neulich fand ich einen alten Zettel mit seinen Wörtern drauf. Hab ihn gefragt, was da steht; Antwort:"Da steht Morgen kommt der Weihnachtmann ..." .(Dieses Lied hat er mit großer Vorliebe bis in den Sommer hinein immer wieder im Liederbuch aufgeschlagen)

Ja, die Erinnerungen - es soll wohl so sein, daß sich erst im fortschreitenden Alter das Langzeitgedächtnis mit detailgetreuen Erinnerung hervortut.

12.12.08, 23:03:37
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haggard
(Autistenbereich)

geändert von: haggard - 14.12.08, 01:30:56

Zitat von Isabella:
Hast Du eine Tastatur mit großen, Katzentatzenfreundlichen Tasten?

theoretisch könnte er gleichzeitig mehrere tasten bedienen - aber ob es putzig aussieht, wenn er versucht die buchstaben zu fangen, weiß ich nicht. für ihn ist letztendlich frustrierend. den mauszeiger auf dem bildschirm zu fangen, ist dann erfolgversprechender.

Zitat:
Dabei lernt Thaddäus das wirklich nur als Bilder auswendig.

dann würde mich später interessieren, ob er in bildern denkt.;)

bezüglich erinnerungen: so fortgeschritten bin ich hoffentlich noch nicht...
12.12.08, 23:27:42
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Isabella
(Angehörigenbereich)

Zitat von azrael:
den mauszeiger auf dem bildschirm zu fangen, ist dann erfolgversprechender.

Ja, das würde ich mal Jagdtrieb nennen.
Ist eigentlich das Wesen einer/s Katze/Katers nicht hoch autistisch?

Kannst Du denn selber von Dir sagen, ob Du in "Bildern" denkst? Z.B. jemand sagt: "Da habe ich rot gesehen." Oder: "Ach du meine Güte". Stellst Du Dir sowas als Bild vor? Wobei letzteres schwierig ist, es bildlich umzusetzen.
14.12.08, 02:01:11
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haggard
(Autistenbereich)

der kater besitzt keinen ausgeprägten jagdtrieb. er untersucht gerne und testet. würde jedoch nicht behaupten wollen, dass katzentiere autistisch wären. vielleicht erscheint es den menschen so, weil die mimik nicht so lebendig ist, wie bei einem hund und weil sie selten blinzeln. noch autistischer wären dann wale?;) danach kann man nicht gehen, finde ich. sämtliche lebewesen besitzen zu viele gemeinsamkeiten, als dass es sinnvoll wäre, hartnäckig nach unterschieden zu suchen.

ich denke in bildern, ja. wenn ich etwas gesprochenes höre, oder geschriebenes lese, muss ich mir nicht umständlich etwas vorstellen. einige worte sind bilder, einige deren sinngehalt und quasi auswendig gelernt wie das einmaleins. so einfach sind jedoch meine eigenen gedanken nicht und sie lassen sich auch nicht gut durch worte erklären. sie sind wie gemälde, bestehend aus sehr vielen einzelbildern... bei deinen beispielsätzen wäre bildlich lediglich "rot" und "Güte", wobei meine bilder dazu nicht zum sinngehalt der kompletten sätze passen. um das etwas zu erklären: "rot sehen" wäre z.b. etwas interessantes/angenehmes - vorstellbar/nachvollziehbar ungefähr so, als würden licht und wärme der sonne auf die geschlossenen augenlider treffen. mit dem satz wird jedoch etwas ganz anderes ausgesagt. mangas sind in der hinsicht interessant, weil dort bezüglich der darstellung von gefühlen ebenfalls mit visualisierungen gearbeitet wird.
14.12.08, 12:47:10
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Isabella
(Angehörigenbereich)

Zitat von azrael:
sämtliche Lebewesen besitzen zu viele gemeinsamkeiten, als dass es sinnvoll wäre, hartnäckig nach unterschieden zu suchen.


Dieser Satz gefällt mir sehr gut. Ist vor allem in diesem Kontext hier im Forum absolut übertragbar.
Wegen der Wale mußte ich schon wieder laut lachen (am autistischsten sind Fische; vielleicht auch der Einsiedlerkrebs oder die Schnecke. Ist natürlich alles großer Quatsch)

Bilder: So in etwa, wie Du es beschreibst, versuche ich mir die Denke vorzustellen. Frozen hatte auch mal beschrieben, daß sie Sprache im Kopf sofort in Bilder übersetzen muß und sich dann daran entlang hangelt. Das klingt schon ziemlich kompliziert.
Dann wieder könnt Ihr alle phantastisch gut analysieren/denken und schreiben. Also kann das Umsetzen von Sprache in Bilder kein wirkliches Handicap sein. Vielleicht gestaltet sich das spontane Antworten komplizierter, wenn jedes Wort im Kopf erst einmal kurz aufblitzen und sich der Satz zum Ganzen fügen muß.
Kann es sein, daß der ein-oder andere Autist deswegen so wenig sprachlich kommuniziert, weil er mit dem Denken so viel beschäftigt ist?
15.12.08, 00:09:45
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