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Gast
(Gastzugang)

Hallo zusammen,

seit 3 Jahren lebe ich nun mit meinem Schatz zusammen.
Immer war er etwas "merkwürdig", aber es war ok.
Wenn er mich mit Worten verletzt hat, habe ich es runter geschluckt.
Wenn er für sich allein war, habe ich es akzeptiert.

Ich habe es alles auf eine nicht leichte Kindheit mit Problemen in der Schule und Zuhause geschoben, wobei sich die Schulprobleme auf die Probleme zuhause gestützt hätten. Dazu Depression, die auf das alles ansetzte.

Inzwischen bin ich nicht mehr so naiv. Asperger Syndrom wird vermutet und nächsten Monat hat er einen Termin zum Testen.

Ob es jetzt wirklich so ist, oder nicht, das ist für mich selbst nebensächlich (vielleicht auch noch aus Unwissenheit?).

Jedenfalls erhoffe ich mir hier Ratschläge, wie ich auf ihn eingehen kann. Was ich tun kann und lieber lassen sollte, worauf ich achten soll etc. Und was ich nicht tun kann, ohne mich selbst zu vergessen.

Die Zeiten waren/sind nicht einfach. Werden es sicherlich auch nicht werden.
Aber ich werde bei ihm bleiben, weil ich ihn liebe.
09.09.07, 15:58:56
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Interceptor
(Autistenbereich)

Also, was mir so spontan einfällt: Wenn er dich mit Worten verletzt, solltest du es ihm ohne Umschweife klarmachen, dass das nicht in Ordnung ist und es auf keinen Fall über dich ergehen lassen.
Wenn er Autist ist, was ja vermutet wird, kann er das nicht immer einschätzen, wie seine Worte von dir aufgefasst werden bzw. was sie bewirken können.

I'm tired of being a victim of hate
09.09.07, 16:22:57
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55555
(Fettnäpfchendetektor)

Ergänzend füge ich hinzu, daß er deine Erklärungen auch verstehen können sollte. Abmachungen sollten eingehalten werden.

Mancherorts steckt man Eltern ins Gefängnis, die ihre Kinder aus ideellen Gründen nicht zum Arzt bringen. Anderswo schützt man fremde Kulturen mittels Strafen vor Kontakt und Einmischung.
09.09.07, 16:26:40
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Mutter
(Autistenbereich)

Wichtig ist eine klare Sprache - ohne Interpretationsrahmen -, keine Umschreibungen, sondern direkte Äußerungen, die genau so gemeint sind, wie sie ausgesprochen werden.
09.09.07, 18:45:53
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Gast
(Gastzugang)

Danke euch für die Antworten.

Naja, er merkt eben oft nicht, dass er mich verletzt. Wenn ich ihm versuche, das zu erklären, kommt irgendwann ein genervtes "OK".

Ich weiß nunmal, ich bin ein kompliziert denkender Mensch. Hatte es in meinem Leben nie einfach und habe daher auch eine "seltsame" Art an mir, mit der ich mich durch das Leben geboxt habe.

Aber ich fühl mich überfordert.
Auch wenn man mich jetzt verurteilen mag, ich habe Autismus aus Unwissenheit immer als Behinderung gesehen. Ich hatte nie bewusst mit Autisten zu tun, ich habe kein Bild davon, stelle mir nur arme Menschen vor, die aufgrund ihrer Behinderungen im Leben nicht klar kommen.

Ich glaub, ich brauche Hilfe, um dieses Bild wegzubekommen, um wirklich zu lernen.
Denn ich muss noch viel lernen, wenn ich mit diesem Menschen alt werden möchte, denke ich.
09.09.07, 19:45:17
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drvaust
(stillgelegt)

Zitat von Interceptor:
Wenn er dich mit Worten verletzt, solltest du es ihm ohne Umschweife klarmachen, dass das nicht in Ordnung ist und es auf keinen Fall über dich ergehen lassen.
Richtig. Aber nicht als emotionalen Vorwurf, sondern als sachlich logische Information und Erklärung.
Wenn er Dich aus Unkenntnis verletzt hat, versteht er auch eine emotionale Reaktion nicht, weil er die Ursache nicht kennt. Wenn er erfährt, warum er einen Fehler gemacht hat, kann er das lernen. Viele emotionale Sachen sind für Autisten schwer verständlich, die müssen wie eine Fremdsprache erlernt werden. Dazu kommt das Problem des Erkennens, z.B. von nonverbalen Informationen.
Er wird immer etwas anders sein, etwas andere Bedürfnisse haben, etwas anders reagieren usw.. Die Probleme können zwar teilweise kompensiert werden und Lösungsmöglichkeiten werden erlernt, aber Autismus ist lebenslänglich. Autismus hat Vor- und Nachteile.
09.09.07, 20:53:25
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Mutter
(Autistenbereich)

Wichtig ist auch das Bedürfnis nach Ruhe zu ermöglichen. In der Struktur des Tages sollte es eine Ruhephase geben - eine Auszeit, die akzeptiert und respektiert wird, wenn sie notwendig ist.
10.09.07, 05:50:59
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Gast
(Gastzugang)

Danke für die lieben Antworten.

Es ist nur schwer für mich.
Ok, sachlich logische Erklärungen fallen mir schwer. Ich war/bin ein Mensch, der nie wirklich reden konnte, weil er nie wen hatte, der zuhört.

Dass er "anders" immer bleiben wird, ist mir bewusst.
Es ist auch ok so und ich will dazu lernen, um besser auf ihn eingehen zu können, vielleicht sogar etwas verstehen zu können, um nichts falsch zu machen.

Was den Alltag angeht, er hat momentan nichts. Er macht eigentlich eine Ausbildung schulisch und sollte im Frühjahr fertig sein. Er wiederholt das Jahr shcon, weil er letztes Jahr nicht konnte.
Da noch keine eindeutige Diagnose steht, wird er mit Antidepressiva behandelt. Er ist ein Mensch, der schlecht früh aus dem Bett kommt, der Perfektionist ist und sich unter Druck setzt. Ein Mensch, der es nicht schafft, zr Schule zu gehen, weil dort zuviele Reize sind, zu laut, zu viele Menschen etc.

Ich weiß nicht, wie man ihm da helfen kann.

Mich würden aber gerne mal genannte Vorteile des Autismus interessieren.

Und ich meld mich nach der Arbeit wieder.
Grüße
10.09.07, 07:27:11
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drvaust
(stillgelegt)

Zitat von Gast:
Mich würden aber gerne mal genannte Vorteile des Autismus interessieren.

Ich war/bin ein Mensch, der nie wirklich reden konnte, weil er nie wen hatte, der zuhört.
Autisten können meistens einer (einzigen) Person gut zuhören, da kannst Du reden lernen. Zumindest wenn Du nicht erwartest, daß er nonverbale Signale, Andeutungen und Hintergedanken erkennt.
Grundsätzlich sagen Autisten direkt ihre Meinung. Hintergedanken und Verstellung fallen Autisten schwer. Du kannst also davon ausgehen, daß er das, was er sagt, auch so meint, wenn er etwas sagt.

Zitat von Gast:
Ein Mensch, der es nicht schafft, zr Schule zu gehen, weil dort zuviele Reize sind, zu laut, zu viele Menschen etc.
Ich weiß nicht, wie man ihm da helfen kann.
Wenigstens außerhalb der Schule Ruhe, wenig Reize, Ordnung und gewohnte Rituale.
10.09.07, 20:27:24
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Interceptor
(Autistenbereich)

geändert von: Interceptor - 11.09.07, 03:55:28

Wie Mutter bereits beschrieben hat, sollte man im Gespräch mit Autisten immer darauf achten, dass man eine klare, deutliche Sprache verwendet, die möglichst keinen Spielraum für Interpretationen lässt. Das heisst, keine Umschreibungen, keine Ironie, keine komplizierten Metaphern, keine rhethorischen Fragen, keine Suggestivfragen, bei denen sich der Gegenüber unter Druck gesetzt fühlen könnte.

Dazu möchte ich noch ergänzen, dass du auch umgekehrt ihn bei seinen Aussagen immer wörtlich nehmen musst. Das heisst, nichts in seine Worte reininterpretieren, ihm keine Wörter in den Mund legen, die er nicht tatsächlich gesagt hat. Wenn du dir nicht sicher bist, frag lieber nach, wie er was meinte, aber auf keinen Fall aufgrund einer Eigeninterpretation vorschnell urteilen. Es kostet Autisten immer unnötig Energie, wenn man ständig etwas richtigstellen muss, weil wieder jemand etwas vollkommen falsch verstanden hat. Ausserdem könnte er dann schnell die Lust verlieren, mit dir zu weiterzureden, wenn eine Reaktion kommt, die er weder erwartet, noch versteht. Das kann eine weitere Diskussion nur unnötig erschweren.

I'm tired of being a victim of hate
11.09.07, 03:54:36
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Mutter
(Autistenbereich)

Auch die unausgesprochenen Erwartungen können das Leben unnötig schwer machen. Das, was du willst, solltest du klar formulieren -eben ohne Hoffnung darauf, er wird es schon so verstehen, wie du es meinst- auch wenn du davon ausgehst, deine Körpersprache war deutlich. Die Wünsche sollten keinen Raum haben, wo sie sich in Interpretationen verlieren könnten.

Ich persönlich habe vor allem mit diesen "unausgesprochenen Erwartungen" riesige Probleme, da ich nicht weiß, ob mich meine Interpretationsfähigkeit nicht in die Irre führt - was meistens der Fall ist. Ich kann nicht verstehen, warum nicht das gesprochene Wort genutzt wird, um mir mitzuteilen, was von mir gewünscht oder erwartet wird.


Autisten sind ehrlich, direkt und in keiner Weise manipulierend oder berechnend. Das was sie "darstellen" sind sie auch wirklich. Dies ist, wie ich finde, sehr wertvoll.
11.09.07, 06:03:34
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Gast
(Gastzugang)

Danke an euch 3 für die lieben Antworten.

Es ist unheimlich hilfreich, was ich von euch lesen darf.
Ich merke erst, wieviel "Fehler" ich gtemacht habe.
Bzw ich würde es nicht als Fehler ansehen, da ich von Autismus und ihm eben nichts wusste. Ich habe ihn nur immer "von der Vergangenheit gezeichnet" gesehen. Habe viel interpretiert, da er kaum geredet hat die erste Zeit, als wir uns kannten.

Ich werde in Zukunft wirklich versuchen, direkt zu sprechen.
Auch wenn es eine starke Umstellung wird. Ich muss dazu lernen, um es ihm leichter zu machen, das habe ich begriffen.

Daher auch die ganzen Fragen,. ich hoffe, ihr nehmt mir das Laienhafte nicht übel und antwortet weiterhin, wenn euch danach ist.

Wie schaut das bei euch mit Schule bzw Beruf aus?
Bekommt ihr so etwas "normal" hin oder gibts da Besonderheiten für Autisten?
Oder Tipps und Tricks, wie man es schafft?

Und danke nochmal
11.09.07, 11:07:08
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