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Autor Nachricht
HEP
(Standard)

Hallo zusammen!

Bei meiner Suche über Autismus bin ich in eurem Forum gelandet zwinkern

Ich bin Heilerziehungspflegerin von Beruf und seit Anfang dieser Woche auf einer Wohngruppe mit 7 Autisten eingesetzt.
Einer dieser Autisten (ich nenne ihn einfachhalber mal John) hat es mir besonders angetan.
In meiner Ausbildung habe ich viel theoretisches Wissen erlernt, allerdings danach nie praktisch anwenden können.
Ich würde John so gerne ein Stück weit verstehen…

Vllt hilft es euch, wenn ich John ein wenig erkläre…?!?

John ist 18 Jahre alt und bewohnt ein Einzelzimmer, welches nur aus einem Podest mit Matratze und einem kleinem Ecktisch besteht… alles andere ist entfernt worden, da er alles zerstört hat. Seine Diagnose lautet Autismus mit mittelgradiger Intelligenzminderung.
In seinem Bad ist das Wasser abgestellt, da er es sonst ununterbrochen laufen lässt und ständig duscht.
Er darf nicht mehr mit der Gruppe essen, da er auch dort schon Stühle und Tische geworfen hat und die anderen Mitbewohner Angst vor ihm haben. Seine Mahlzeiten werden ihm in seinem Zimmer gereicht.

Oft kommt es bei ihm zu Wutausbrüchen, wo er die Tür ununterbrochen auf- und zuschlägt und dabei hochfrequent schreit… Hierbei kommt es auch zu Autoaggressionen und Sachagressionen, so dass er –wenn es zu schlimm wird- mit Helm und Handschuhen fixiert wird!
Für mich ist dies immer wieder schlimm und ich würde so gerne einen Weg finden, ohne Fixierungen!
Er spielt den ganzen Tag über mit einem Faden, den er in der einen Hand hält und mit der anderen Hand immer auf das Ende klopft.

Meine Hoffnung in diesem Forum ist, etwas von euch zu lernen, neue Wege und Möglichkeiten kennen zu lernen, die es ihm und mir etwas leichter im Umgang machen…!
Ich hoffe, dass ich damit hier richtig bin?!?

Ganz lieben Gruß! freuen
04.02.08, 11:21:10
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eraser
(Autistenbereich)

04.02.08, 12:38:59
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eraser
(Autistenbereich)

Ich wollte noch hinzufügen, dass schaukeln oder selbstverletzendes Verhalten immer eine Ursache hat. Und die kann man raus finden, wenn man genau beobachtet und sich die Uhrzeiten notiert.
Der Grund kann ein karierter Bodenbelag sein, das ist wirklich schwierig herauszufinden, was diesen Menschen so verzweifeln lässt. Vielleicht hilft es, das Licht ein wenig zu dimmen, vielleicht hilft es, ihm Gehörschutz anzubieten.
Mir selbst helfen Sonnenbrillen, in Streßsituationen ruhig zu bleiben.
In einem Wohnheim habe ich mitbekommen, dass die Autisten grundsätzlich bestraft wurden, wenn sie geschaukelt haben. Das ist ganz falsch, sie versuchen nur, den Stress zu kompensieren, die Umweltreize.
Das Schaukeln schadet keinem, die Tür auf und zu knallen und schreien schadet auch keinem.
Machen autistische Kinder auch sehr gerne.
Man muss auch sehen, dass dieser Mann nur seine Wut an Gegenständen auslässt, weil er nicht auf sich oder andere los gehen will. Das ist eigentlich ein Hilferuf.
Kann man ihm nicht einen Sandsack ins Zimmer hängen, den er verprügeln kann?
Bitte nicht von verminderter Intelligenz ausgehen und Babysprache sprechen, diese Menschen muss man respektvoll behandeln.
Man darf sie auch nicht immer zu irgendeinem Quatsch zwingen und sein Programm abspulen, sondern sich Zeit nehmen und genau hinschauen, genau hin hören, sich fragen: Was ist jetzt an der Situation so schlimm? Was ist neu an der Situation? Ist es zu laut? Ist es zu hell? Könnte sich jemand bevormundet fühlen? usw.
LGE
04.02.08, 13:00:38
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HEP
(Standard)

Hallo Eraser,

vielen Dank für die beiden Links und deine weiteren Denkansätze.

Schaukeln konnte ich bei John noch nicht beobachten. Das komische ist, dass er diese Wutausbrüche bekommt, obwohl er in Ruhe in seinem Zimmer ist. Er hat dieses EInzelzimmer extra bekommen, weil er sich oft und gerne zurückzieht.

Wenn du schreibst, dass Tür auf- und zu knallen und laut schreien keinem schadet, hast du im Grunde recht.
Das Problem dabei ist nur, dass auf dieser Wohngruppe noch weitere 6 Personen wohnen, auf die wir Betreuer auch rücksicht nehmen müssen - und die kommen mit dem Krach gar nicht klar...!

Wie ich schon schrieb, lässt er seine Wut nicht nur an Gegenständen aus. Er schlägt sich auch selber gegen den Kopf.

In Babysprache spreche ich auf keinem Fall mit Ihm. Er ist 18 Jahre alt und somit ein junger Mann der von mir auch respektiert wird. Ich möchte halt nur Wege/Möglichkeiten erfahren, wie ich es ihm und mir/uns erleichtern kann.

04.02.08, 14:05:29
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55555
(Fettnäpfchendetektor)

Vielleicht gibt es ein permanentes Geräusch, das außerhalb des Hörbereichs der anwesenden NA liegt? Gib nicht auf zu suchen, es gibt einen Grund. Vielleicht betrachtest du es als Knobelspiel oder Krimi.

Mancherorts steckt man Eltern ins Gefängnis, die ihre Kinder aus ideellen Gründen nicht zum Arzt bringen. Anderswo schützt man fremde Kulturen mittels Strafen vor Kontakt und Einmischung.
04.02.08, 14:16:12
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HEP
(Standard)

Hallo 55555!

Aber wie kann ich es herausfinden, wenn es außerhalb meines Hörbereiches liegt??

Ich werde auf keinen Fall aufhören zu suchen zwinkern Ich möchte es ja so gerne verstehen! freuen
04.02.08, 14:28:45
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55555
(Fettnäpfchendetektor)

Schall ist physikalisch messbar, es gibt Messgeräte. Du könntest an einer Uni danach fragen, am besten ob mal ein Student mißt.

Aber vorher kann man auch nochmal sorgfältig analysieren was es sonst sein könnte. Was sieht er von seinem Fenster aus?

Mancherorts steckt man Eltern ins Gefängnis, die ihre Kinder aus ideellen Gründen nicht zum Arzt bringen. Anderswo schützt man fremde Kulturen mittels Strafen vor Kontakt und Einmischung.
04.02.08, 14:33:27
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HEP
(Standard)

Zitat von 55555:
Was sieht er von seinem Fenster aus?


Gute Frage, da muss ich morgen früh erstmal genau rausschauen - ich weiß es so auf Anhieb gar nicht traurig Es muss der Garten oder der Blick auf eines der anderen Gebäude sein.

Aber kann es das sein? Das was vor dem Fenster ist, ist ja immer da...
04.02.08, 14:38:07
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L4A
(Standard)

Neonleuchtstoffröhren machen zum Beispiel ein hochfreqentes Geräusch, echt schlimm. Fernseher die auf stand by stehen auch, es kann auch verrückt machen wenn zwei Radios auf verschiedenen Sendern laufen, oder ein Radio und ein Fernsehgerät. Handyladegeräte tun das manchmal, ich höre das auch Räume entfernt. Lüfter von Computern, in Luftumwältzanlagen, eine Maus irgendwo oder die Fliege an der Wand.
04.02.08, 14:46:19
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55555
(Fettnäpfchendetektor)

geändert von: 55555 - 04.02.08, 15:01:46

Gibt es dort im Haus Internet? Dann könntest du mal direkt von dort posten, es ist ja beruflich.

Edit: Wie sieht es von der baulichen Substanz dort aus? Wie sind die Innenwände zu anderen Zimmern und Flur beschaffen? Schlucken die gut den Schall? (Daß Schall eine Ursache sein könnte ist bisher nur eine Möglichkeit)

Mancherorts steckt man Eltern ins Gefängnis, die ihre Kinder aus ideellen Gründen nicht zum Arzt bringen. Anderswo schützt man fremde Kulturen mittels Strafen vor Kontakt und Einmischung.
04.02.08, 14:59:22
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eraser
(Autistenbereich)

Ich halte auch ein Geräusch für am wahrscheinlichsten. Neonröhren flackern auch sehr unangenehm und sind sowieso nicht autismuskompatibel. Wenn man das alles ausgeschlossen hat, muss man weiter denken. Möglicherweise ist der junge Mann aber auch traumatisiert worden und Erinnerungen kommen ihm hoch. Man stellt ja alles mögliche mit Autisten an, Festhaltetherapie und dergleichen mehr. Dann muss man ihm das Gefühl von Sicherheit wieder geben.
Manche Autisten mögen es gern, wenn eine Person in der Nähe ist. Die Person sollte lesen oder so tun, als ob der Autist nicht da ist und darauf warten, dass der Kontakt von sich aus erfolgt. Vielleicht wünscht er sich mehr Kontakt und weiß nicht, wie er das bewerkstelligen soll. Außerdem könnte man ihm anderes Spielzeug als den Faden anbieten, Kugellager aus Metall, die man auf den Finger stecken und drehen kann, sind etwas sehr angenehmes. Damit kann man sich aber auch prima selbst verletzen. Weiter diese chinesischen Klingelkugeln. Stühle, auf denen man federn kann. Ist er in dem Zimmer eingeschlossen oder könnte er raus?
LGE
04.02.08, 15:52:37
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L4A
(Standard)

An bauliche Substanz habe ich noch gar nicht gedacht, obwohl dies eigentlich nahe liegen müsste. Die Wände des Hauses das ich noch bewohne wirken derart, das sie wie Trommeln arbeiten, sie verstärken die Lautstärke zum einen und es wird alles von außen kommende dumpf, also wie unrhythmischer Trommelsolo. Öffne ich das Fenster ist es erträglicher.
Deshalb halte ich mich dort nicht auf, besonders jetzt nicht da Karneval ist.
04.02.08, 15:54:56
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