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Autor Nachricht
55555
(Fettnäpfchendetektor)

Welche bisher nur teilweise oder gar nicht vorhandenen Rahmenbedingungen würdet ihr im Bereich der medizinischen Versorgung als wichtig beschreiben? Hierbei interessieren mich Ideen für die Verbesserung, Nennung von strukturellen Problemen für einzelne Autisten oder die Schilderung von konkreten nicht optimalen Einzelerlebnissen. Hierbei interessieren mich auch besonders die allgemeinen Vorsorgungsbereiche Hausarzt, Fachärzte, Krankenhäuser, Zahnärzte, etc.

Jeder Beitrag hilft dabei ein detaillierteres Bild zu erhalten, das dann Grundlage für strategische Planungen der E-SH sein wird.

Es ist ausdrücklich erwünscht von einem hohen Anspruch auszugehen.

Mancherorts steckt man Eltern ins Gefängnis, die ihre Kinder aus ideellen Gründen nicht zum Arzt bringen. Anderswo schützt man fremde Kulturen mittels Strafen vor Kontakt und Einmischung.
20.03.08, 11:17:02
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drvaust
(stillgelegt)

Bei Ärzten ist das unterschiedlich, aber meistens von rationeller Massenabfertigung geprägt.

Bei meinem vorigen Allgemeinarzt war das besonders deutlich.
Erst die Verhandlung mit einem unfreundlichen (mir gegenüber, konnte mich scheinbar nicht leiden) Vorzimmerdrachen. Da bekam ich einen Termin früh um 8 Uhr, weil nicht berufstätig, andere Termine gab es nicht.
Als ich um 8 Uhr kam, war das Wartezimmer voll (unangenehm). Scheinbar wurden alle Patienten für den Vormittag (drei Ärzte) um 8 Uhr bestellt. Nach 1,5 bis 3 Stunden war ich dran, dann war das Wartezimmer schon fast leer.
Zwischendurch kam manchmal plötzlich irgendeine Schwester, um schnell eine Untersuchung oder Blutabnahme durchzuführen.
Den Arzt sah ich nur wenige Minuten, 10 min. war schon viel. Ehe ich da die richtigen Worte fand, um mein Problem zu erklären, war ich schon wieder drausen. Ich hatte dann meine Anliegen schriftlich abgegeben.
Das Warten in dem überfüllten Wartezimmer, dicht an dicht sitzend, stickig, herummtobende und schreiende Kinder, war das Schlimmste. Ich durfte nicht drausen warten, obwohl ich noch lange nicht dran kam.
Bei meinem jetzigen Allgemeinarzt ist das besser, da sind die Termine abgestimmt, so daß selten überfüllt ist, und ich kenne das Personal.

In Krankenhäusern hatte ich besonders das Problem, das da irgendwann plötzlich eine Schwester oder anderes Personal kam, schnell irgendeine Untersuchung durchführte oder mich zu einer Untersuchung brachte, ohne zu wissen um was es geht, also keine Erklärung. Die arbeiteten nur Listen ab, ohne die Patienten und Zusammenhänge zu kennen. Die Patienten und teilweise die Zusammenhänge kannten nur die Stationsschwestern, aber die waren selten zu finden. Außerdem Mehrbettzimmer, in die jederzeit jemand hereinstürmen konnte. Ich fühlte mich, als würde ich in der Öffentlichkeit liegen, kein Privatbereich. Manchmal hatte ich mich zum Ausruhen in der Toilette eingeschlossen.

Es wäre gut, wenn die Wartezimmer nicht so voll und ruhig wären, Untersuchungen angekündigt würden und durch bekanntes Personal erfolgen, alles planbar und vorhersehbar wäre. In Krankenhäusern wäre eine bekannte Planung und sichere Ruhezeiten gut.
20.03.08, 16:52:41
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arlette
(Autistenbereich)

geändert von: arlette - 21.03.08, 16:18:40

genaue und detaillierte erklärung, wie lange man warten muss, was einen nun dann erwarten wird, wieso das gemacht wird etc. ich habe eine hausärztin, die mir jeweils alles sehr detailliert und ruhig erklärt und mich auch schon mal nach hause schickt, um mir zu überlegen, wie ich nun weiter vorgehen will.

edit: und was ich auch schätze, sind literaturangaben über krankheitsbilder etc., damit ich mich selber informieren kann.
21.03.08, 16:17:12
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bianka018
(stillgelegt)

Mich stöhrt, dass ich bei jedem Arztbesuch mit Manuel(egal ob wir dort bereits bekannt sind oder nicht)erneut um kurze Wartezeiten bitten muss und dass ich dazu die Erklärung abgeben muss dass er sonst Aggressionen bekommen könnte, finde ich nicht gut.

Kann man soetwas nicht im Programm hinterlegen, dass ein entsprechender Vermerk erscheint sobald der Patient im System angeklickt wurde?

Schöe Worte sind nicht wahr - Wahre Worte sind nicht schön

---

[Gesperrt wegen mutmaßlicher übler Nachrede im Forum, die auf Widerspruch auch noch [url="topic.php?id=2610"]mehrfach bekräftigt[/url] wurde. In diesem Forum kann kein Raum für mutmaßliche Straftaten sein. Daher erfolgt die Sperrung bis versichert wird, daß üble Nachrede im Forum künftig unterlassen werden wird oder dem Admin per Email bewiesen wird, daß die gemachte Aussage richtig war, mfg [55555]]
21.03.08, 20:10:42
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cony
(Angehörigenbereich)

Mich stört,das ich, wenn ich für Kilie eine unterstützung möchte,sei es logo autismusambulanz oder beschulung,
jedesmal mit dem jungen aufs neue einen ärztemaraton veranstalten muß.
schließlich ist die diagnose bekannt,warum kann da nicht einfach der hausarzt angeschrieben werden,statt das sich 10 leute kilie wie im zoo nochmal anschauen.
21.03.08, 20:22:03
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arlette
(Autistenbereich)

eine ruhige wartezone für autisten (und andere überreizte). wie oft waren ich und mein sohn ausgeknockt, nur weil wir in der notfallstation im getümmel warten mussten. katastrophal.
21.03.08, 23:30:00
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55555
(Fettnäpfchendetektor)

Ein Entwurf:
Zitat:
Zertifizierungsbedingungen der Enthinderungsselbsthilfe von Autisten für Autisten (ESH), Zertifizierungsprojekt für Hausärzte und allgemeine Fachärzte

Die selbstbestimmte medizinische Versorgung von Autisten ist derzeit aufgrund verbreiteten Unwissens bezüglich eines im Sinne des Patienten optimierten Vorgehens in der Regel noch sehr schlecht. Dies umfasst mangelnde Grundkenntnis im Umgang mit Autisten bei medizinischem Personal in der ganzen Bandbreite. Autisten nehmen ihre Umgebung anders wahr, darauf muß Rücksicht genommen werden, soll eine medizinische Versorgung menschenwürdig gestaltet sein. Autisten reagieren paradox auch verschiedene Arzneien, hier ist Spezialwissen erforderlich. Autisten äußern sich anders als Nichtautisten, was zu tragischen Irrtümern kommen kann, z.B. wenn ein Autist im Krankenhaus sagt er habe sehr starke Schmerzen, dabei aber keinerlei Mimik zeigt und infolge dessen vom ärztlichen Personal nicht ernst genommen wird, worauf dann drei Tage später der Darm durchbricht.

Unser Ansatz ist die Schaffung von zertifizierten Anlaufstellen, die ein gewisses Mindestniveau im Umgang mit und Wissen über Autisten aufweisen und eine laufende Weiterentwicklung dieses Wissens aus Sicht der Autisten selbst als beste Experten in eigener Sache. Kein nichtautistischer Autismusexperte kann lernen wie ein Autist zu fühlen, daher ist sein Fachwissen immer dem praktischen Wissen von Autisten unterlegen, wenn es darum geht konkrete lebenspraktische Situationen zu bewerten. Selbstverständlich ist eine wissenschaftliche Würdigung von Seiten nichtautistischer Experten sinnvoll, sollte jedoch nicht überschätzt werden. Wir wollen diese Würdigung auch generell kritisch begleiten und haben dazu auch ausreichende Intelligenz samt Reflexionsvermögen.

Von uns zertifizierte Ärzte dürfen von uns zur Verfügung gestellte spezielle Erkennungszeichen verwenden, werden in einer Liste genannt, die von uns auf verschiedenem Weg publiziert wird und erkennen an, daß

1. Autismus einen gesunden Teil menschlicher Normalität darstellt, weswegen Autisten in keinem Fall mit pathologischem Vokabular beschrieben werden dürfen. Es wird versichert, daß dies in der zertifizierten Praxis von Seiten des gesamten Personals stets praktiziert wird. Autisten führen ein an sich lebenswertes Leben, wenn sie daran selbst zweifeln liegt das an Schwierigkeiten mit der nichtautistischen Bevölkerungsmehrheit und daran, daß ihnen ständig eingeredet wird sie seien nicht richtig, nur weil sie einer kleinen Bevölkerungsminderheit angehören. Es ist diskriminierend eine Minderheit nur anhand ihrer vermeintlichen oder tatsächlichen Schwächen beschreiben zu wollen.

2. Autisten wie alle anderen Menschen psychische Probleme haben können, ja als Minderheit wie andere Minderheiten auch besonders gefährdet sind. Daher haben Autisten ein Recht darauf psychologisch begleitet zu werden und dürfen nicht abgewiesen werden. Hierbei ist nicht der Autismus zu therapieren, sondern das tatsächliche psychische Problem, auch wenn es darin besteht sich selbst anzunehmen. Es gibt Autisten, die sich selbst wegen autistischer Eigenschaften krank finden, dies ist üblicherweise ein Abbild dessen, was diesen Menschen von ihrem Umfeld vermittelt wurde. Ein solches falsches Selbstbild noch weiter zu unterstützen verbietet sich ebenso wie im Falle ähnlichen Verhaltens bei Angehörigen anderer ausgegrenzter Minderheiten.

3. Autisten eine natürliche Emphatie für ihre Mitmenschen besitzen, jedoch nicht immer die Artikulation aller Ebenen bei Nichtautisten und deren Aussagen erkennen. Weil Nichtautisten Autisten schlecht verstehen spricht ihnen auch niemand die menschliche Emphatie ab, dies anderherum zu tun ist ein Ausdruck einer Arroganz der herrschenden Mehrheit.

4. Hospitalistische Verhaltenselemente, selbstverletzendes Verhalten, Aggression, Depression, etc. keinen Teil des Autismus darstellen, sondern wie bei Nichtautisten auch Folge verschiedener ungünstiger äußerer Voraussetzungen sind. Dieses Verhalten sollte nie als vermeintlich autistisches Verhalten unhinterfragt hingenommen werden, sondern es werden dessen leidverursachende Ursachen unter Berücksichtigung individueller autistischer Eigenschaften gesucht. Im Zweifelsfall werden andere Autisten in jeder im Einzelfall als sinnvoll denkbaren Weise im Rahmen der allgemeinen ärztlichen Schweigepflicht als Experten hinzugezogen, die die Ursachen des Leidensdrucks mit ihrer natürlichen autistischen Emphatie aufzuspüren versuchen. Hierfür ist die ESH eine bevorzugte Anlaufstelle um ein angemessenes Niveau dieser Teilnahme sicherzustellen.

Auch nichtsprechende Autisten haben ein naturgegebenes Recht darauf von anderen Autisten besucht zu werden, um im Rahmen der autistischen Emphatie von Problemen befreit zu werden, die Nichtautisten nicht erkennen. Solche Probleme treten in einer großen Vielfalt auf, z.B. in einem einfacheren Fall, daß ein in einem Heim wohnender nichtsprechender Autist über Jahre autoaggressive Verhaltensweisen zeigt, weil in einer Zimmerwand ein hochfrequent summender Sicherungskasten vorzufinden ist.

5. jeder Autist ein Recht darauf hat mit medizinisch behandelnden Personen aus einer gewohnten Umgebung heraus fernschriftlich zu kommunizieren, da er sich nur unter diesen Bedingungen optimal und als mündiger Bürger an der Behandlung beteiligen kann. Eine Rolle von Autisten als bloßes Objekt einer Behandlung verstößt gegen die Menschenwürde. Autisten können sich in der unbekannten und belastenden Situation einer Praxis oder eines Krankenhauses meist nicht entscheiden was sie wollen, weil solche Entscheidungen bei Autisten in ganz besonderem Maße eine weitestgehend streßfreie und kalkulierbare Umgebung voraussetzen. Ohne Nachfrage ist bei der fernschriftlichen Vorbereitung von Terminen detailliert darzustellen, was den Autisten in der Praxis erwartet und möglichst genaue allgemeinverständliche Erklärungen, besonders genaue Beschreibungen jedes geplanten Körperkontakts. Die Planung des Aufenthalts in der Praxis ist so vorzunehmen, daß dort keine Kommunikation nötig ist.

Wünscht ein Autist vor einer Behandlungssituation jedoch ausdrücklich fernschriftlich (Aussagen dieser Art per gestütztem Schreiben (FC) gelten nur, wenn per Kopfhörertest oder einem anderen von der ESH allgemein anerkannten Nachweisverfahren bewiesen wurde, daß im vorliegenden Einzelfall die Methode des FC funktioniert), daß die Behandlung vor Ort ohne weitere Nachfragen nach Ermessen des Behandlers zur Vermeidung von sonst nötigen weiteren an sich ebenfalls belastenden Terminen nach Bedenkpausen vorgenommen werden soll, dann ist diesem Wunsch unbedingt nachzukommen. Eine Bevorzugung von Kunden, welche diese Ausnahmeregelung in Anspruch nehmen ist streng untersagt und kann zum sofortigen und völligen Entzug der Zertifizierung durch die ESH ohne Entschädigungsansprüche führen.

Jeder Behandler hat ein Recht auf Bezahlung von Mehraufwand im Sinne dieser Barrierefreiheit durch die jeweiligen Kassen. Kommt es zu Problemen dabei mit den Kassen kann er die ESH zwecks Unterstützung kontaktieren und die Klärung von derartigen Sachverhalten ganz an diese übergeben. Die ESH garantiert in keiner Weise für den Erfolg ihrer Bemühungen, hat jedoch ein natürliches systemisches Interesse an diesem. Die ESH erstattet keinerlei Aufwendungen der Behandler aus eigener Kasse und haftet in keinem Fall für Aktivitäten und Informationen jeder Art.

6. es für Autisten meist eine grobe Zumutung darstellt in einem Wartezimmer zusammen mit anderen Personen warten zu müssen. Daher wird die Terminplanung für Autisten so gestaltet, daß ein Termin pünktlich stattfindet oder ein leerer möglichst reizarmer Warteraum geboten wird.

Hat jemand Ergänzungen?

Ich weiß noch nicht, ob es so, ganz anders oder überhaupt von mir aus umgesetzt wird. Zudem sollte klar sein, daß das System auch ausreichend von euch da draußen angenommen wird, weil die teilnehmenden Mediziner sonst enttäuscht sein könnten.

Mancherorts steckt man Eltern ins Gefängnis, die ihre Kinder aus ideellen Gründen nicht zum Arzt bringen. Anderswo schützt man fremde Kulturen mittels Strafen vor Kontakt und Einmischung.
09.05.08, 11:59:29
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55555
(Fettnäpfchendetektor)

Ich ergänze den Entwurf nochmal untermauernd mit folgenden Ausschnitten aus einem Bundesverfassungsgerichtsurteil:
Zitat:
Ein Anspruch auf Mitteilung des Untersuchungsergebnisses kann sich aus einem zwischen Arzt und Patienten geschlossenen Behandlungsvertrag ergeben. Nach dem Vortrag der Beschwerdeführerin ist davon auszugehen, dass zwischen ihr und dem Antragsgegner (konkludent) ein ärztlicher Behandlungsvertrag gemäß § 611 BGB abgeschlossen wurde. Für das Zustandekommen des Behandlungsvertrags ist es grundsätzlich ohne Belang, ob es sich bei dem Patienten um einen Privat- oder Kassenpatienten handelt, denn auch der Kassenpatient schließt mit dem Vertragsarzt einen privatrechtlichen Behandlungsvertrag ab (vgl. Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, 5. Aufl., 2003, Rn. 67).

Aus dem Behandlungsvertrag ergibt sich für den Arzt die Pflicht zur Untersuchung und Behandlung des Patienten. Außerdem ist der Arzt grundsätzlich verpflichtet, den Patienten über dessen Leiden und den Verlauf bei behandelter und unbehandelter Form zu unterrichten (vgl. BGH, Urteil vom 23. November 1982 – VI ZR 222/79 -, NJW 1983, S. 328; Deutsch/ Spickhoff, Medizinrecht, 5. Aufl., 2003, Rn. 89; Richardi, in: Staudinger, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch mit Einführungsgesetz und Nebengesetzen, §§ 611-615, 13. Bearbeitung, 1999, Vorbem zu §§ 611 ff. Rn. 1268; Uhlenbruck, in: Laufs/Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts, 2. Aufl., 1999, § 50 Rn. 18).

Der Anspruch des Patienten auf Unterrichtung über Befunde und Prognosen ist Ausdruck des durch grundrechtliche Wertungen geprägten Selbstbestimmungsrechts und der personalen Würde des Patienten (Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 GG), die es verbieten, ihm im Rahmen der Behandlung die Rolle eines bloßen Objekts zuzuweisen (vgl. zum Anspruch auf Einsicht in Krankenunterlagen BVerfG, 1. Kammer des Ersten Senats, Beschluss vom 16. September 1998 – 1 BvR 1130/98 -, NJW 1999, S. 1777; BGH, Urteil vom 23. November 1982 – VI ZR 222/79 -, NJW 1983, S. 328 <329>).

Zur Erfüllung dieses Anspruchs reicht es üblicherweise aus, dass der behandelnde Arzt dem Patienten die Diagnose mündlich erläutert. Im vorliegenden Fall war es aufgrund der Schwerhörigkeit der Beschwerdeführerin (und ihrer Tochter) dem Antragsgegner ausnahmsweise nicht beziehungsweise nur erschwert möglich, die Diagnose mündlich mitzuteilen. Dies konnte aber nicht dazu führen, dass er von seiner Pflicht, die Patientin über die Diagnose in Kenntnis zu setzen, entbunden war. Vielmehr gehört es in diesem besonderen Fall zu den vertraglich geschuldeten Pflichten eines Arztes, die Ergebnisse der Untersuchung der Beschwerdeführerin schriftlich zugänglich zu machen.

Quelle

Mancherorts steckt man Eltern ins Gefängnis, die ihre Kinder aus ideellen Gründen nicht zum Arzt bringen. Anderswo schützt man fremde Kulturen mittels Strafen vor Kontakt und Einmischung.
10.05.08, 09:55:47
Link
cave
(Standard)

Jeder hat das Recht seine Krankensachen anzusehen
Zitat:
Einsichtsrecht

Jeder Patient hat ein Recht auf Einsicht in diese Dokumentation, ohne daß er ein besonderes Interesse erklären muß. Das Einsichtsrecht erstreckt sich nach der Rechtsprechung und dem ärztlichen Berufsrecht nicht auf den Teil der Dokumentation, der subjektive Eindrücke und Wahrnehmungen des Arztes enthält. Aus datenschutzrechtlicher Sicht wird die Auffassung vertreten, daß nach dem Bundesdatenschutzgesetz auch dieser Teil der ärztlichen Aufzeichnungen zu offenbaren ist. Um sein Einsichtsrecht wahrzunehmen, kann der Patient einen Arzt oder eine sonstige Person seines Vertrauens mit der Einsicht beauftragen. Patienten können Kopien der Dokumentation von dem behandelnden Arzt oder Krankenhaus anfordern, die in angemessener Zeit erstellt werden müssen.
In der Regel hat der Patient die Kopierkosten zu tragen.
Das Einsichtsrecht bezieht sich auch auf Befunde und Röntgenbilder. Der Patient kann sich Röntgenbilder ausleihen, muß sie aber zurückgeben. Bei einem Arztwechsel lassen sich dadurch Doppeluntersuchungen und damit verbundene Belastungen und Kosten vermeiden.
Das Einsichtsrecht kann in Ausnahmefällen eingeschränkt sein, unter anderem, wenn Rechte anderer in die Behandlung einbezogener Personen (z.B. Angehörige, Freunde) berührt werden. Diese Einschränkung ist vom Arzt zu begründen. Nach einer Behandlung im Krankenhaus wird in der Regel ein ”Arztbrief” an den weiterbe-handelnden (Vertrags-)Arzt ausgestellt. Patienten haben das Recht, auch diesen Arztbrief einzusehen und zu bestimmen, wer ihn erhält.


Quelle: http://www.kbv.de/patienteninformation/408.html
10.05.08, 13:23:00
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haggard
(Autistenbereich)

markierungen auf der akte/im pc sind kein problem - es muss dem personal nur ebenso wichtig sein an die besonderen bedürfnisse von autisten zu denken (sofern sie ihnen überhaupt bekannt sind), wie sie bei alkoholikern, kleptomanen, patienten mit unstillbarem rededrang, süchtigen/drogenabhängigen an die selbstgefährdung dieser patienten sowie an die gefährdung der praxis/des praxisablaufs denken.

dafür müsste in den allgemeinen abfragen bereits bei neuen patienten auch die nach autismus aufgenommen werden. dies gilt insbesondere für die patientenakte mit den unveränderlichen informationen über einen patienten. ein autist wird sich u. U. nie als solcher zu erkennen geben, wenn es die situation nicht erfordert.

gesprächs-/untersuchungssituationen sollten möglichst ohne störungen durch anderes personal erfolgen. wenn weiteres personal erforderlich ist, muss darüber vorher informiert werden.

der arzt sollte sich nach der jeweiligen situation (vor allem bei bekannter krankengeschichte) erkundigen, um so die möglichkeit zu bieten, untergegangenes/nicht erwähntes anzubringen.

untersuchungen sind genau zu beschreiben und zwar bevor sie stattfinden, nicht erst währenddessen. dies gilt insbesondere für untersuchungen, die der patient nicht einsehen/mitverfolgen kann.

möchte ein autist die untersuchungs- oder gesprächssituation abbrechen, sollte dies respektiert werden, wenn dadurch nicht seine körperliche gesundheit gefährdet wird. im falle der gefährdung muss ausdrücklich darauf hingewiesen werden und ggf. die möglichkeit geboten werden nach beruhigung erneut in die untersuchungs- oder gesprächssituation zu treten um diese abschließen zu können.

da autisten teilweise über ein von der norm abweichendes schmerzempfinden verfügen, sollten ihre beschreibungen nicht in frage gestellt werden, wenn sie während der exploration keine eindeutigen angaben machen können oder reaktionen zeigen. es kann durchaus sein, dass der körperkontakt das akute schmerzempfinden in der wahrnehmung überlagert.

die verweigerung des händeschüttelns zur begrüßung und/oder verabschiedung ist nicht als persönliche aversion gegen den arzt zu deuten. direkter körperkontakt stellt für viele autisten ein großes problem dar, dem verständnis entgegengebracht werden sollte. dies ermöglicht es den ärzten im nächsten kontakt möglichst unvoreingenommen dem autistischen patienten zu begegnen und ihm gegenüber somit nicht aufgrund falscher interpretationen des verhaltens mit ablehnung zu reagieren.
10.05.08, 22:25:48
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KleinAdlerauge
(Autistenbereich)

ärzte müssen sich mehr zeit nehmen.
wenn sie was erklärt haben, merke ich oft erst tage später, dass ich es nicht richtig verstanden habe und dann komen mir erst die fragen.
ein arzt sollte sicherstellen, dass man seine erklärungen verstanden hat.
vielleicht indem er das von ihm gesagte vom patienten wiederholen lässt.
einfach nur fragen, ob man das verstanden hat, funktioniert bei mir nicht.
dann sage ich immer ja.

ärzte sollten bei einer behandlung mehr auf die reaktionen achten, die man hat, weil man nicht sagen kann, dass etwas unangenehm oder sogar sehr schlimm für einen ist.

der arzt sollte sich grundsätzlich fragen: habe ich das richtige getan? - war der patient zufrieden? habe ich alles berücksichtigt? habe ich etwas übersehen? wird dem patienten wirklich mit der diagnose und behandlung geholfen?

mehr zeit nehmen!!!

Musik ist der Klang ungesagter Worte
13.05.08, 19:35:01
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55555
(Fettnäpfchendetektor)

Ein interessanter Artikel von 2005 zu einer themenrelevanten Studie:
Zitat:
Kooperationswillen von Ärzten und Selbsthilfe wächst

Welches Potenzial beispielsweise die Zusammenarbeit von Ärzten mit Selbsthilfegruppen (SHG) birgt, belegt eine (Fortsetzungs-)Studie von Claudia Kretzschmar und Wolfgang Slesina von der Universität in Halle-Wittenberg: 140 niedergelassene Ärzte und 167 SHG aus Ostwestfalen-Lippe wurden gefragt, ob sie miteinander kooperieren, wie sie die eventuelle Zusammenarbeit bewerten und wo sie Verbesserungsbedarf sehen. Ergebnis: Gegenüber 1989 nahm der Anteil derjenigen Ärzte, die mit SHG zusammenarbeiten, um fast 15 Prozent von 43,8 auf 58,6 Prozent zu; für die letzten zwölf Monate gaben sogar 65,3 Prozent der SHG an, Kontakt zu Ärzten gehabt zu haben. Den Nutzen einer Kooperation bewerteten Ärzte mit SHG-Kontakt noch etwas günstiger als Ärzte ohne SHG-Kontakt. Zusammenzuarbeiten schärfe nicht nur den Blick für die Probleme chronisch Kranker und Behinderter (88 Prozent versus 70 Prozent). Auch die ärztliche Beratung von Patienten mit chronischen Krankheiten und Behinderung verbessere sich (86 Prozent versus 60 Prozent). Als mit Abstand bedeutsamstes Hindernis für eine künftige Zusammenarbeit mit Selbsthilfegruppen führten 74,3 Prozent der Ärzte den eigenen Zeitmangel an, knapp 27 Prozent der Ärzte ohne Selbsthilfekontakt begründeten die Zurückhaltung mit einem fehlenden finanziellen Anreiz.
Einen ebenso großen Nutzen ziehen die Gruppen aus der Zusammenarbeit mit Ärzten: Beinahe 60 Prozent werteten die ärztliche Information über Medikamente, Nachsorge oder Ko-stenübernahme als Informationsgewinn
für die Gruppe. Als Haupthindernis, zusammenzuarbeiten, sahen hingegen knapp 35 Prozent den Zeitmangel, etwa 17 Prozent ein Desinteresse und zehn Prozent die mangelnde Anerkennung als gleichberechtigter Partner.

Quelle

Bei Autisten scheint mir die Hemmschwelle noch besonders groß zu sein, wegen dem Gaga-Image von Autisten.

Mancherorts steckt man Eltern ins Gefängnis, die ihre Kinder aus ideellen Gründen nicht zum Arzt bringen. Anderswo schützt man fremde Kulturen mittels Strafen vor Kontakt und Einmischung.
18.05.08, 17:19:19
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