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Autor Nachricht
Hyperakusis
(Autistenbereich)

Zitat von Subbmkaschber:
Kennt ihr das auch?

Ich tue mich allgemein sehr schwer mit Lesen, es ist nicht so dass ich Probleme habe zu lesen sondnern vielmehr den Überblick verliere über Inhalt und Sinn, es strengt mich sehr an. Artikel lese ich in einem durch, wenn sie sehr lang sind und gegleidert sind eben auch schonmal absatzweise. Bücher, was eine Seltenheit ist immer nu einige Seiten und dann mache ich ne Pause, dann brauche ich ne Pause. Obwohl ich selebr manchmal lange Sätze mit Nebensätze formuliere fallen diese mir oft schwer zu verstehen, leider.

Allgemein bin ich ein sehr langsamer lese weil ich eben geistig folgen können muss. Sehr oft drifte ich beim Lesen gedanklich ab und stelle am Ende einer Seite fest dass ich gelesen habe ohne zu "speichern", ohne zu verstehen und ich kann dann die ganze Seite nochmals lesen.

~ fucked beyond repair ~
19.07.09, 17:31:47
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Subbmkaschber
(Standard)

Zitat von Hyperakusis:
Sehr oft drifte ich beim Lesen gedanklich ab und stelle am Ende einer Seite fest dass ich gelesen habe ohne zu "speichern", ohne zu verstehen und ich kann dann die ganze Seite nochmals lesen.

Das passiert mir auch gelegentlich wenn mich der Lesestoff nicht interessiert.
Niemals jedoch bei fesselnder Lektüre.

Grüße SuKa
20.07.09, 14:05:49
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Mas2012
(Gastzugang)

Meine Erfahrung ist, je schneller ich etwas lese, umso
besser verstehe ich den Inhalt.
Dann "flieg" ich fast über die Zeilen und Absätze.
Brauche je nach Thema und Anspruch 1-3 Minuten pro Seite.
Irgendwie weiss ich trotzdem worum es geht.

Wenn ich meine Rechtschreibung kontrolliere, lese ich Wort
für Wort. Einen Aufsatz in der Schule hab ich drei mal
kontrolliert. Inhald, Grammatik und zum Schluss die Rechtschreibung.
Da hab ich dann den ganzen Aufsatz abgedeckt und nur für ein Wort
frei gelassen. Dann Wort für Wort nachkontrolliert.
20.07.09, 17:02:40
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I.K.
(Standard)

geändert von: I.K. - 15.03.10, 08:44:55

EDIT: habe gerade gemerkt, dass dieser Thread nicht mehr so aktuell ist und ich mit meiner Antwort eine Leiche ausgegraben habe, sorry :-)

Ich bin auf eine Textstelle in Merleau-Pontys Phänomenologie der Wahrnehmung gestossen, in der beschrieben wird, wie Text normalerweise aufgenommen wird (bei NAs). Ich habe mir erlaubt, das Zitat auf Lesen hin abzändern (im Text ging es um das Hören einer Rede):

"Unser Denken geht nicht am Rande des Textes neben diesem her, sondern völlig ist unser Geist eingenommen von den gelesenen Worten, die genau unseren Erwartungen entsprechen, wir haben ein Gefühl der Notwendigkeit des Gelesenen. [...] Der Text wird verstanden ohne jeden Gedanken, der Sinn ist stets gegenwärtig."

Ich würde das so interpretieren, dass NAs nicht in Wörtern, nicht in Sätzen, sondern in Sinneinheiten lesen. NAs müssen den Text nicht entschlüsseln, sondern erfassen den Sinn unvermittelt und intuitiv so, wie er von den Worten verkörpert wird. Es scheint also für einen NA ein gar nicht so grosser Unterschied zu sein, eine Erfahrung an eigener Haut zu machen und einen Erfahrungsbericht zu lesen.

Mein Lesen unterscheidet sich davon in diesen Punkten:
1. mein Denken geht am Rande des Textes her: ich lege mir Gedankenschemas zurecht und projiziere diese gewissermassen auf den Text und versuche, Text und Gedanken einigermassen synchron zu halten.
2. mein Geist ist nicht eingenommen von den gelesenen Worten: meine Gedanken stossen sich ständig mit dem Text, fühlen sich in ihrer Freiheit eingeschränkt, und ich muss sie dazu zwingen, sich am Text auszurichten.
3. der Sinn ist nie als solcher gegenwärtig: ich muss meine Gedanken stets neu an den Text anpassen und auskorrigieren, ständig entstehen Unstimmigkeiten / Missverständnisse und so fühlt sich Lesen manchmal an wie ein Trial & Error Verfahren.

immer ist da diese Trennung zwischen dem Text (schwarze Zeichen auf weissem Papier) und meinen Gedanken. Es ist sehr schwierig, eine Brücke vom einen zum andern zu schlagen und ständig bricht diese Brücke wieder ein (etwa weil ich in die falsche Richtung gedacht habe und sich dann die Gedanken mit dem Text stossen; oder weil ich den Überblick verliere). Doch nie entsteht eine spontane Einheit zwischen Text und Gedanke (wie bei NAs).

Lesen ist also bei mir harte Gedankenarbeit, und nie eine "sinnliche Erfahrung". Mir fällt da nur folgendes ein: Lesen gleicht dem Bauen von Kartenhäusern nach Anleitung bei Wind.
15.03.10, 08:40:46
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feder
(Autistenbereich)

Interessant finde ich manchmal, welche inhaltlichen Sachen NAs in Texte hineinlesen, die gar nicht da stehen und in Bezug auf den Text mitunter auch weit hergeholt scheinen und dabei Anderes, das da steht, gar nicht bemerken.
15.03.10, 09:25:39
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haggard
(Autistenbereich)

lässt sich das hören so einfach auf sehen übertragen?

was bezüglich lesen in drei punkten beschrieben wird, verstehe ich nicht.

wenn NA einen text intuitiv erfassen würden, bräuchten sie nicht lesen. wenn das so wäre, könnten sie in allen möglichen strukturen irgendetwas lesen. das können sie meiner meinung nach jedoch offensichtlich nicht. ferner halte ich NA für weitaus unflexibler als autisten. sie scheinen sich vielmehr an gelernten ordnungspunkten zu orientieren und erscheinen unfähig diese ordnungspunkte in andere systeme zu verlagern. also wird nach hauptmerkmalen gesehen. einen text schnell lesen zu können stelle ich mir so vor, rastermäßig alle nomen herauszufiltern. wenn der text an sich aussagekräftig ist, genügen vielleicht auch nomen als schlagworte, insbesondere, wenn diese mit gehörtem abgeglichen werden.
ein indiz dafür könnte sein, dass viele menschen absolute probleme mit meinem kleinschreiben haben. wäre logisch, wenn sich nicht mehr an ordnungspunkte orientiert werden kann. eien absotlue katastophre kann das sein.;)

wenn eine menschenmasse an einer haltestelle steht und auf einen bus wartet und irgendwann eine person einen schritt in richtung haltestellenschild macht, setzt sich diese masse in bewegung - auch wenn gar kein bus kommt.

sie lesen noch nicht einmal, wenn ein bus vor ihnen hält, welches ziel dieser hat. selbst wenn sie bis zur endstation fahren wollen, lesen sie nicht das ziel dieses busses, das schriftlich angegeben ist, sondern nur die linienbezeichung. diese ist wohl markanter als sonstiger text.

selbst wenn leute im zug jeden tag mit dem gleichen zug fahren und jeden tag zur gleichen bahnsteigseite aussteigen, muss nur eine person sich an die falsche tür zur falschen seite stellen - und die leute orientieren sich an dieser person.

ein derartiges herdenverhalten bei eigentlich nicht herdentieren bei "intelligenten" wesen ist - ohne worte -.

vielleicht wird im allgemeinen intuition oft mit mehr oder weniger unbewussten entscheidungen verwechselt.

man könnte genauso gut auch nur von längeren begriffen anfänge schreiben - und die meisten menschen würden wahrscheinlich das nicht sichtbare sinnvoll je nach geläufigkeit ergänzen (was in einem satz nicht mehr sinnvoll sein muss).

NA teilen häufiger mit, dass schriftliche kommunikation für sie anstrengend ist - weil für sie all die informationen die sie bei gesprochener kommunikation im schriftbild nicht besitzen/sehen. aber das sprachmuster wird auf das schriftliche übertragen - warum?

ich kann schnell lesen, wenn ich mir schnell hintereinander weg die einzelnen worte anschaue. das führt bei mir jedoch zu fehlern. und den inhalt der mitteilung verstehe ich dadurch auch nicht. das ist wie zahlenreihen anschauen und bildlich widergeben können, was gesehen wurde - jedoch vollkommen sinnfrei. entweder ich "bearbeite" das geistig nach (gesehenes - bedeutung finden - verstehen) oder ich lese das gleich "richtig", versuche zusammenhänge zu erkennen, die bedeutung zu verstehen, prüfe auf mögliche missverständnisse, wenn das erste resultat keinen plausiblen sinn ergibt mit einem vorhergehenden oder nachfolgenden satz, wird das ganze noch einmal gelesen oder wie auch immer man das bezeichnen will.
15.03.10, 11:25:15
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55555
(Fettnäpfchendetektor)

geändert von: 55555 - 15.03.10, 13:59:52

Zitat von I.K.:
EDIT: habe gerade gemerkt, dass dieser Thread nicht mehr so aktuell ist und ich mit meiner Antwort eine Leiche ausgegraben habe, sorry

In diesem Forum ist das durchaus erwünscht, solange es bei einem theoretischen nichtpersonen/familienbezogenen Threadthema wie diesem bleibt sogar vorzuziehen. Personenbezogene Threads sollten jedoch nicht mit Fragen zu ganz anderen Personen verlängert werden.

>Unser Denken geht nicht am Rande der Rede neben dieser her, sondern völlig ist unser Geist eingenommen von den gehörten Worten, die genau unseren Erwartungen entsprechen, wir haben ein Gefühl der Notwendigkeit des Gesprochen. [...] Die Aussage wird verstanden ohne jeden Gedanken, der Sinn ist stets gegenwärtig.<

Bei mir kommt da spontan die Assoziation "gehirngewaschener Anhänger einer Psychogruppe". Soweit ich es erlebe nehmen NA so nur wahr, wenn eine gewisse Grundsympathie vorhanden ist.
Zitat:
Ich würde das so interpretieren, dass NAs nicht in Wörtern, nicht in Sätzen, sondern in Sinneinheiten lesen.

Das würde ich von mir auch behaupten. Sprache ist nur ein Mittel.
Zitat:
NAs müssen den Text nicht entschlüsseln, sondern erfassen den Sinn unvermittelt und intuitiv so, wie er von den Worten verkörpert wird.

Ich würde es eher so formulieren: NA nehmen ungenauer wahr, deuten eher ihre eigene Gedankenwelt und ihre Erwartungen in etwas hinein und sind so mehr in sich gefangen als Autisten. Ein Beispiel wäre das automatische Überlesen von Tippfehlern.

Edit:
Zitat von azrael:
ein indiz dafür könnte sein, dass viele menschen absolute probleme mit meinem kleinschreiben haben. wäre logisch, wenn sich nicht mehr an ordnungspunkte orientiert werden kann.

nachstudienistesjasodaßdiegroßbuchstabendentextetwasmehrstrukturierenundsodasles
enfürvieleleutevereinfachen

Mancherorts steckt man Eltern ins Gefängnis, die ihre Kinder aus ideellen Gründen nicht zum Arzt bringen. Anderswo schützt man fremde Kulturen mittels Strafen vor Kontakt und Einmischung.
15.03.10, 13:57:06
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haggard
(Autistenbereich)

@55555:
ist das mit dem lesen/hören bloß eine übungssache?
spanier sprechen so, als ob ein satz ein wort wäre.
manche völker besitzen einzelne worte, die ganze sätze sind (oder umständlich übersetzt werden)...

wenn du einen sinngehalt wahrnimmst - wie nimmst du deinen zusammengeschriebenen satz wahr?

wenn generell ein sinngehalt wahrgenommen würde, würden meines erachtens lediglich muster erkannt werden. puzzle erfolgen nach bestimmten stanzmustern. es ist unglaublich einfach puzzle auch ohne motiv zusammenzusetzen - was allgemein wohl als besondere herausforderung gelten soll, beispielsweise ein mehrtausendteiliges einfarbiges puzzle zusammenzusetzen.
wie soll das bei sprache funktionieren? bei in massenmedien immer wiederkehrenden "slogans" könnte ich das noch verstehen, dass der vordergründige optische eindruck, sehr schnell auf den sinn schließen lassen würde.

bemerke gerade, dass ich wohl von purer wahrnehmung 1:1 ausgehe.
15.03.10, 15:10:43
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55555
(Fettnäpfchendetektor)

Denke schon, daß es Übungssache ist, aber gelegentliche Großbuchstaben stellen halt ein zusätzliches Gestaltungselement dar. Ich würde nicht behaupten, daß ich selbst durchweg kleingeschriebene Texte schwieriger zu lesen finde und Texte ohne Leerzeichen finde ich auch nicht unüberwindlich, wobei andere Leute davor offenbar völlig kapitulieren.

Mancherorts steckt man Eltern ins Gefängnis, die ihre Kinder aus ideellen Gründen nicht zum Arzt bringen. Anderswo schützt man fremde Kulturen mittels Strafen vor Kontakt und Einmischung.
15.03.10, 15:46:07
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Fundevogel
(Angehörigenbereich)

Viele NA nehmen Schrift als Landschaft wahr, was durch die Großschreibung erleichtert wird.

4 Millionen Menschen lesen die BILD-Zeitung, die eine Überschrift in drei Worten formuliert und anschließend nur ganz wenig Information liefert.
Man muss sich das ungefähr so vorstellen: Gefällter Baum, frisch gemähte Wiese, Regen. Es erinnert an japanische Haiku. NA nehmen die Grobinformation auf und formen sie eher unbewußt "augenblicklich" zu einem Bild. Sind die Überschriften mehrdeutig, kann es zu den genannten Fehlinterpretationen kommen.

Zeitungsleute sagen: Die Abkürzung der Nachricht muss in die Überschrift, die gesamte Information in die erste Zeile.
Öffenlichkeitsarbeiter sagen: Bei Info-Blättern nicht mehr als eine DIN-A-4-Seite Text, mehr liest keiner.

Die Aufnahmekapazitäten bei NA sind begrenzt. Bilddateien beanspruchen mehr Speicherplatz als Textdateien.

Bei umgangssprachlichen Texten ist das Verständnis der Worte durch Erprobung gefestigt.
Bei alten Texten funktioniert das unbewußte Bildgestalten nicht mehr gut. Ich lese alte Texte laut und mache sie mir durch umgangssprachliche Betonung bildereingängig.

azrael: Bei den meisten NA ist diese Art zu lesen auch auf das Sehen und Hören allgemein zu übertragen. Fast nur die in die Landschaft hineinragenden Merkmale bilden das Bild. Kleine Feinheiten werden sehr oft nicht erkannt.
Haben NA entsprechende Veranlagungen und gute Lehrer (Training, Schulung), ist ihre sinnliche Aufnahmekapazität erheblich höher.
Nach gewolltem Ausbrechen aus dem Schwarmverhalten können aus ihnen recht aufmerksame Menschen werden;)

Forthebeautyoftheearth

Ihr seid das Licht der Welt. Es kann die Stadt, die auf einem Berge liegt, nicht verborgen sein. (Johannes 8.12).
Man zündet auch nicht ein Licht an und setzt es unter einen Scheffel, sondern auf einen Leuchter; so leuchtet es denn allen, die im Hause sind. (Markus 4.21) (Lukas 8.16)
15.03.10, 22:07:38
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haggard
(Autistenbereich)

@Fundevogel:
und wie ist das dann beim hören? wird sich dabei nur auf irgendwie abweichend betonte worte konzentriert?

wenn das so ist, verstehe ich nicht, warum die menschheit allgemein so viel aufwand z.b. auch mit höflichkeitsfloskeln und anderen umschreibungen betreibt. in der kommunikation.
16.03.10, 00:32:21
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55555
(Fettnäpfchendetektor)

Dabei fällt mir ein, daß in einer Geschichte mal ein Königshof geschildert wurde, an dem es unbedingt zu den guten Sitten gehörte in einem bestimmten Reimschema zu sprechen. Wer das nicht schaffte wurde ausgestoßen.

Mancherorts steckt man Eltern ins Gefängnis, die ihre Kinder aus ideellen Gründen nicht zum Arzt bringen. Anderswo schützt man fremde Kulturen mittels Strafen vor Kontakt und Einmischung.
16.03.10, 00:38:58
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