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Autor Nachricht
Jessi
(Standard)

geändert von: Jessi - 23.09.10, 14:02:54

Ich habe hier viel gelesen, das hat mir für vieles die Augen geöffnet. Nun interessiert mich Eure Meinung, zu meiner speziellen Situation.

Ich habe über ein Internetforum einen Mann kennengelernt. Das ging ganz langsam los, bis er dann irgendwann spontan vorschlug, man könne sich man nächsten Tag treffen. Also bin ich hin, war ein bisschen aufgeregt, wie man es eben ist, wenn man einen mehr oder minder Fremden das erste Mal trifft. Ich habe ihn im Ziel dann angesprochen, wo er mit einem Bekannten stand, er gab mir die Hand und begrüßte mich sehr freundlich, aber danach war die Situation ganz eigenartig. Er war sehr einsilbig, hat zwar auf meine Fragen geantwortet, wirkte aber ziemlich desinteressiert an dem Gespräch. Also habe ich mich irgendwann verabschiedet und dachte 'Okay, dann eben nicht.'.

Dann bin ich selbst zum Spaß noch gegangen. Irgendwann war er dann hinter mir und sprach mich an. Das Gespräch beim Laufen war sehr nett und entspannt - ganz anders, als vorher.

Dann habe ich ihn bei einer anderen Veranstaltung getroffen. Es war extrem nett und ich habe ihn leicht am Arm berührt, und er ist merklich zusammen gezuckt. Ich hatte das zunächst darauf zurückgeführt, dass es ihm zu intim war oder er sich erschrocken hat. Beim Abschied hat er mich dann aber an der Schulter geknufft, das habe ich als Erwiderung interpretiert.

Was immer komisch war, dass er im Forum ganz schnell antwortet, aber für die Antwort auf meine Mails immer lange braucht (am nächsten Tag, wenn er sie denn überhaupt beantwortet), obwohl die ganz kurz ausfallen (keine Nebensätze, wenig Text), anders, als er sonst schreibt.

Was mir noch an ihm aufgefallen ist, ist, dass sein Lachen auf Fotos meist verkniffen und unnatürlich wirkt und dass er beim Sprechen sehr ungewöhnlich betont - teils eher monton, teilweise eher überbetont.

Ich mag ihn sehr, und würde den Kontakt gern vertiefen - in welche Richtung auch immer wird sich ggf. zeigen. Ich bin aber sehr unsicher, ob ich aktiv auf ihn zugehen sollte und z.B. fragen, ob er mal mit mir essen will, oder ob ihn das vielleicht überfordern würde. Schüchtern ist er nicht, er spricht auch fremde Leute an, und ich habe auch immer das Gefühl, er freut sich sehr, mich zu sehen. Ich habe aber auch das Gefühl, dass er irgendwie froh ist, wieder von mir wegzukommen.

Das ist alles etwas kompliziert für mich, weil neben der üblichen Frau - Mann Problematik hier offenbar noch seine besondere Persönlichkeit die Sache noch undurchschaubarer als ohnehin macht.

Darum würde mich Eure Meinung, wie ich mich am besten verhalten soll, sehr interessieren.

Viele Grüße fröhlich


Edit: Ich musste einige Passagen ändern, um die Identität zu schützen. Hoffe, das ist okay.
12.09.10, 14:23:08
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55555
(Fettnäpfchendetektor)

Es könnte schon sein, daß er Autist ist, muß aber nicht. Wenn er Autist wäre heißt es noch lange nicht, daß er mit dem Begriff etwas anfangen kann.

Bisher macht es auf mich erstmal keinen schlechten Eindruck, was willst du also genauer wissen? Ob Essengehen sein Ding ist weiß ich nicht, es kann sein, daß er damit wenig anfangen kann, auch wenn es nicht in einem Lokal stattfände. Du kannst es ja ausprobieren.
Zitat von Jessi:
Ich habe aber auch das Gefühl, dass er irgendwie froh ist, wieder von mir wegzukommen.

Das könnte sogar in gewisser Hinsicht sein, muß aber nicht bedeuten, daß er die Situation mit dir oder gar dich persönlich nicht mögen würde.

Mancherorts steckt man Eltern ins Gefängnis, die ihre Kinder aus ideellen Gründen nicht zum Arzt bringen. Anderswo schützt man fremde Kulturen mittels Strafen vor Kontakt und Einmischung.
12.09.10, 14:33:33
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Jessi
(Standard)

Was mich speziell interessiert: Wer sollte den nächsten Schritt mache? Ich? Oder soll ich warten, bis von ihm was kommt? Sind Autisten zurückhaltender bei so etwas als der Durchschnittsmensch? Oder wollen sie die Situation in der Hand haben und wenn ich aktiv würde, wäre es zuviel?

Und die andere Frage: Warum ist es für ihn offenbar einfacher, mit mir auf einer öffentlichen Internetplattform zu kommunizieren als per Mail?
12.09.10, 14:56:47
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haggard
(Autistenbereich)

ist bei allen menschen wahrscheinlich unterschiedlich - ganz gleich ob autist oder nicht?

verstehe immer nicht, warum "ihr" so viel darüber nachdenkt, welcher schritt oder wer zuerst etc.

über diese person ist doch gar nichts bekannt eigentlich, außer dass er sportlich zu sein scheint.

mails finde ich persönlich sind intensiver vom kontakt her als "für alle augen" im internet worüber sonst geschrieben wird.
manche leute scheinen sich allerdings auch für foren andere "identitäten" zuzulegen und leben etwas aus, was sie "in der realität" nicht sind oder sich nicht auszuleben getrauen.
andere menschen könnten von mir das gleiche denken, wenn sie mich "real" erleben und im gegensatz dazu schriftliches von mir lesen. als autist kann ich persönlich nicht so sprechen (auch nicht so umfangreich hintereinander oder geordneter erscheinend) wie ich mich schriftlich äußern kann. da wäre der eindruck wie oben falsch. woher sollen außenstehende den unterschied erkennen können, wenn sie sonst nichts von mir wüssten? also nicht wüssten, dass ich autistisch bin? dann wäre ich wahrscheinlich auch nur jemand, mit dem schriftlich irgendwie besser kommuniziert werden könnte und "real" gegenüber wäre das wahrscheinlich ziemlich anders (kann mich selbst nicht beurteilen diesbezüglich).
12.09.10, 15:09:38
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Jessi
(Standard)

geändert von: [feder] - 12.09.10, 17:37:03

[Kettenbeiträge zusammengefasst, mfg [feder]]

Ich mache mir gerade in diesem Fall sehr viel Gedanken, weil ich Angst habe, aus Unwissenheit etwas falsch zu machen oder bei ihm das Gefühl zu erzeugen, ihn zu bedrängen. Wie gesagt, mir liegt viel an ihm.

@5555: das läuft aber alles so ganz anders ab, als ich es bisher in meinem doch schon relativ langen Leben sonst erlebt habe (ich bin 39).

@azrael: Die Erklärung von dir mit den Mails leuchtet mir ein, auch wenn ich es genau umgekehrt empfinde - für mich erfordert es mehr Mut, jemandem 'öffentlich' im Forum meine Zuneigung zu zeigen.

So viel über ihn weiß ich ja auch nicht. er wirkt beim schreiben tough und cool, in real eher sanft, ich dachte erst schüchtern, aber das ist er nicht. Ansonsten: witzig, intelligent, authentisch, sehr direkt, freundlich. Ach ja, er bewegt sich, obwohl sportlich, auffallend "eckig" und steif.




Eine Sache sollte ich der Vollständigkeit halber vielleicht noch erwähnen: Ich bin mir inzwischen relativ sicher, dass er Asperger oder Autist ist, wenn auch in keiner schwachen Form, weil mein Ex-Freund und einer meiner besten Freunde diagnostizierte ADSler bzw. Asperger sind und ich viele Parallelen sehe.
12.09.10, 16:28:53
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haggard
(Autistenbereich)

was bedeutet "keine schwache form"?
12.09.10, 17:16:26
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Jessi
(Standard)

in "einer" sollte das natürlich heißen! Sorry.
12.09.10, 17:57:09
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55555
(Fettnäpfchendetektor)

Es wird oft angenommen es gäbe "schwere" und "schwache" Formen. Der Unterschied kann aber auch einfach an verschiedenen Lebensbedingungen liegen.

Mancherorts steckt man Eltern ins Gefängnis, die ihre Kinder aus ideellen Gründen nicht zum Arzt bringen. Anderswo schützt man fremde Kulturen mittels Strafen vor Kontakt und Einmischung.
12.09.10, 18:28:54
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Jessi
(Standard)

Ja, gut möglich.

Habt Ihr denn vielleicht irgendwelche Tipps für mich, was ich unbedingt vermeiden muss? Ich versuche, in der Sprache möglichst eindeutig und klar zu sein und Ironie zu vermeiden oder sie deutlich zu machen, indem ich hinzufüge, dass es Ironie war. Nicht zu viel anfassen ist auch klar.

Ich rede aus Unsicherheit manchmal wie ein Wasserfall (obwohl ich eigentlich ein ruhiger Mensch bin), um Gesprächspausen zu vermeiden. Wahrscheinlich nicht der richtige Weg, oder? Aber was soll ich machen, wenn der andere so wenig sagt? Empfinden Autisten Gesprächspausen unter relativ Fremden nicht als peinlich? Fragen über Fragen.
12.09.10, 19:08:57
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zoccoly
(Autistenbereich)

Ich kann nur von mir ausgehen. Vermeiden muss man:
Lügen, Spontanität (kann nur von mir kommen), mich unter Druck setzen, den Rückzug nicht gewähren, mir sagen, was ich machen muss, Freizeitaktivitäten planen mit Beschallung, in meine Worte etwas interpretieren....
Ich kann dir nur empfehlen, lies weiter und versuche halbwegs zu verstehen, was Autismus bedeutet.

stillgelegt
12.09.10, 19:19:04
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Primel
(Autistenbereich)

Gesprächspausen mag ich. Ich empfinde sie nicht als peinlich sondern als erholsam.
Schlimm ist für mich wenn mir gleich viele Fragen gestellt werden. Wenn der andere viel redet mag ich es manchmal einfach nur zuzuhören und manchmal (wenn mich das Thema nicht interessiert) verundeutlichen sich meine Umgebung und das Gesprochene des anderen oder ich muss weglaufen.

Findest du es wichtig viel zu reden wenn der andere wenig sagt?
12.09.10, 19:21:20
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akinoM
(Autist)

Zitat von zoccoly:
Ich kann nur von mir ausgehen. Vermeiden muss man:
Lügen, Spontanität (kann nur von mir kommen), mich unter Druck setzen, den Rückzug nicht gewähren, mir sagen, was ich machen muss, Freizeitaktivitäten planen mit Beschallung, in meine Worte etwas interpretieren....


dito
12.09.10, 19:23:10
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