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Thema: Nachhall im Klassenzimmer (http://autismus.ra.unen.de/topic.php?id=4318)


Geschrieben von: drvaust am: 02.11.10, 21:46:12
Zitat:
Nachhall im Klassenzimmer
In den meisten Berliner Klassenräumen ist die Akustik schlecht. Zu diesem Ergebnis kommt eine Untersuchung der Technischen Universität Ilmenau in Zusammenarbeit mit dem Berliner Akustikbüro Rahe-Kraft. Die Ingenieure ließen in über 200 leeren Klassenräumen von 52 Grund- und Oberschulen Luftballons platzen. Ziel war es, die Nachhallzeit zu bestimmen. Bei einer halben Sekunde sind gute Lern- und Lehrvoraussetzungen gegeben. Doch nur etwa 15 Prozent der untersuchten Räume genügten dieser Anforderung (DIN 18041). Einzelne Messungen ergaben sogar Werte von über drei Sekunden. Besonders Kinder mit Hörbeeinträchtigungen und Nicht-Muttersprachler werden durch Räume mit zu starkem Hall beim Lernen benachteiligt. Weitere Studien deuten darauf hin, dass die Lage in anderen Bundesländern ähnlich ist.
DER SPIEGEL 11/2010 - Das sehe ich als schlimm an.
Vielleicht kann diese DIN18041 genutzt werden, um diesbezüglich bessere Barrierefreiheit zu fordern.


Geschrieben von: haggard am: 02.11.10, 22:03:11
interessanter fund und entspricht voll meinem eindruck (musste in solch schlechten räumen lernen...).


Geschrieben von: Ozelot am: 02.11.10, 22:29:39
Mein Klassenraum an der damaligen Schule war auch nicht viel besser. Müsste mich eigentlich wundern, weil meine damalige Klasse mit Schränken, Regalen usw. eingerichtet war. Das hat doch Einfluss auf die Schallwirkung, wenn Räume gefüllt/geleert sind...


Geschrieben von: zoccoly am: 03.11.10, 00:10:54
Ich kann das nur bestätigen, selbst beim Neubau und staune, dass anscheinend kaum einer damit Probleme hat.


Geschrieben von: 55555 am: 03.11.10, 00:38:30
Ja, das ist interessant und könnte nützlich für Argumentationen sein. Daß Klassenräume oft eine baulich verheerende Klanglichkeit besitzen ist meines Wissens recht breit bekannt. Auch heute wird wohl erstaunlich selten darauf geachtet bei Neuplanungen.


Geschrieben von: Hans am: 03.11.10, 06:43:50
Der Nachhall ist ein wichtiges Kriterium in der Akustik,
das habe ich auch mal gelernt und beobachtet.
Die Schallwellen bilden zwischen zwei gegenüberliegenden Wänden stehende Wellen.
Diese können sich in großen Räumen gewaltig aufschaukeln und lange nachklingen.
Ich habe da mal im Kölner Dom experimentiert, da kommt das "Echo" aus vier Richtungen zurück,
das kann einen fast etwas schwindlig machen.

In einer meiner Schulen hatten wir im "Neubau"(1970) an einer Wand
sogenannte Akustik-Dämmplatten.
Das unterbricht die stehenden Wellen, die sich in der Akustikplatte "totlaufen".
Diese Räume sind mir angenehm in Erinnerung.
Möbel aus Pressspan sind nicht so gut um die stehenden Wellen zu bedämpfen.
Eine leicht nachträglich zu montierende Bedämpfung, die gut wirkt, wäre ein Wandteppich, oder Gobelin.
Ob so ein Teppich günstiger ist, als Akustik-Dämmplatten kann man ja feststellen.


Geschrieben von: Gabi am: 03.11.10, 07:46:51
Ob gewisse Tapeten evtl auch schon einen Einfluss darauf hätten z.B diese Fließtapeten ? L.G.Gabi


Geschrieben von: 55555 am: 03.11.10, 09:11:00
Es kann helfen Stoff lose nahe der Wände herunterhängen zu lassen. Bei fest angeklebten Tapeten bin ich eher skeptisch.


Geschrieben von: Fundevogel am: 03.11.10, 10:20:55
Konrad Adenauer hatte in seinem Haus in Rhöndorf raumumlaufende Gardinenleisten an der Decke angebracht und entlang aller Wände einfache bodenlange Linnenvorhänge (IKEA sehr preiswert) aufgehängt.
Sehr angenehme Akustik!


Geschrieben von: Balu am: 03.11.10, 11:59:56
ich finde das auch sehr interessant
ich hatte an der Uni leider einmal wärend eines Vortrages genau aus diesem Grund einen overload und habe den Vortrag damit schlecht gemacht bzw. abbrechen müssen und wurde nachher gefragt was los gewesen sei usw., hat mich dann auch überfordert, aber später konnte ich es dann sagen, das mich das "Echo" in dem Raum ganz durcheinander macht, war niemandem sonst aufgefallen..


Geschrieben von: wolke7? am: 03.11.10, 20:35:36
Vereinfacht kann man sagen, dass je härter, glatter und künstlicher die Bauweise ist, desto günstiger wirkt sich das auf den Hall aus.
Schon ein kleines Zimmer, zB. 3x4m ausgeräumt für Renovierungsmassnahmen, erzeugt ein deutlichen Nachhall.
Die Schallwellen pendeln zwischen den gegenüberliegenden Wänden hin und her mit geringen Energieverlust. Dies erhöht die Nachhallzeit.
Man spricht von einer stehenden Welle ( bereits erwähnt )
Um dagegen anzugehen, müsste zB. die Bauweise und oder die Baumaterialien geändert werden. Dies erhöht sehr wahrscheinlich die Baukosten,
die im öffentl. Bereich nicht üppig vorhanden sind.
Im nachhinein kann man noch einiges tun.
Die Struktur des Schul-Raumes muss geändert werden. D.h im Innenraum muss eine grössere unterschiedlich strukturierte Oberfläche mit unterschiedlichen, auch schallschluckenden, Materialien vorhanden sein.
Man merkt dies sofort, wenn das kleine Zimmer wieder mit Möbeln gefüllt wird. Die Akustik ist eine ganz andere.
Zu viele oder ausschliesslich Einrichtungsgegenstände aus harten glatten Materialien, zB. Giessharzboden, Laminat, keine Echtholzmöbel, dünne Tapeten, wirken sich nicht günstig auf die Akustik aus. Da die Schallwellen nicht genügend bedämpft und " aufgespalten und gebrochen " werden, kommt es oft zu Schallauslöschungen und Schallüberlagerungen. Der Klang hört sich zB. kalt, hart, überspitzt an. Für empfindliche Ohren, die hier reichlich vorhanden sind, hört sich das sehr unangenehm an.

Für den Schulgebrauch kämen zB. grosse Bilder, die auf dicken Leinwänden gedruckt wurden, in Frage. Bereits erwähnt, die dicken Vorhänge an den Fenstern. Die orientalische Variante ist, dass diese Soffe auch geschwungen an der Decke hängen.
Auch die Akustikplatte und die Anti-Schall(Flüssig)tapete sind denkbar. Entscheidend ist hier auch wie grossflächig agiert wird.
Die Akustik für den Standard-Schulgebrauch wird sich damit auf jeden Fall deutlich verbessern.