Angeregt von diesem Beitrag habe ich mich selbst mal im Internet umgeschaut und komme zu dem Schluß, daß dieses Thema eine nähere Beachtung verdienen würde und sei es um eine Statistik zu erstellen, welche Geräte wir bedenkenlos kaufen und nutzen dürfen und welche nicht. Denn es sind beileibe nicht alle Hersteller, die sich auf seltsame Klauseln zurückziehen. Und letztenendes kann man bei den unternstehenden Formulierungen auch streiten, ob sie überhaupt auf Autisten zu beziehen sind (andererseits: welcher Mensch verfügt nicht nur über eingeschränkte geistige Fähigkeiten?).
Zunächst schaute ich bei Wasserkochern:
Dieses Gerät ist nicht dafür bestimmt durch
Personen (einschließlich Kindern) mit einge-
schränkten physischen, sensorischen oder
geistigen Fähigkeiten oder mangels Erfahrung
und/oder mangels Wissen benutzt zu werden,
es sei denn sie werden durch eine für ihre Si-
cherheit zuständige Person beaufsichtigt oder
erhielten von ihr Anweisungen wie das Gerät
zu benutzen ist.
Vergleichbare Klauseln finden sich in Anleitungen dieser Firma, sowie der Firma Cloer ("Mit Herz gemacht - Cloer") z.B. von Toastern, Sandwichmakern und Kaffeemaschinen (hier ein Beispiel).
Diese Geräte können von Kindern ab 8 Jahren und darüber und von Personen mit reduzierten physischen, sensorischen oder mentalen Fähigkeiten oder Mangel an Erfahrung und / oder Wissen benutzt werden, wenn sie beaufsichtigt oder bezüglich des sicheren Gebrauchs des Gerätes unterwiesen wurden und die daraus resultierenden Gefahren verstanden haben.
Interessanterweise residieren beide Firmen in Arnsberg, aber nicht nur dort verwendet man solche Klauseln:
Zitat:
Kinder oder Personen, denen es an Wissen oder Erfahrung im Umgang mit dem Gerät man-
gelt, oder die in ihren körperlichen, sensorischen oder geistigen Fähigkeiten eingeschränkt
sind, dürfen das Gerät nicht ohne Aufsicht oder Anleitung durch eine für ihre Sicherheit
verantwortliche Person benutzen.
Anleitung Sandwichmaker Rommelsbacher ST 710 / ST 1410
Varianten:
Zitat:
Kinder und gebrechliche Personen müssen Sie bei der Handhabung von Elektrogeräten stets besonders beaufsichtigen.
Quelle
Zitat:
Personen, die aufgrund ihrer körperlichen, geistigen oder
motorischen Fähigkeiten nicht in der Lage sind, das Gerät
sicher zu bedienen, dürfen das Gerät nur unter Aufsicht oder
Anweisung durch eine verantwortliche Person benutzen.
Beem Pita King
Mein Liebling bisher:
Zitat:
Dieses Gerät ist nicht dafür bestimmt, durch Personen (einschließlich Kinder) mit eingeschränkten
physischen, sensorischen oder geistigen Fähigkeiten oder mangels Erfahrung und/oder mangels
Wissen benutzt zu werden, es sei denn, sie werden durch eine für Ihre Sicherheit zuständige Person
beaufsichtigt oder erhielten von ihr Anweisungen, wie das Gerät zu benutzen ist.
Kinder sollten beaufsichtigt werden, damit sie nicht mit dem Gerät spielen.
Massagematte der Firma Beurer
Findet jemand noch eine bessere Version? Auffällig finde ich auch, daß ich in keiner Anleitung für Heimwerkergeräte solche Klauseln fand. Wahrscheinlich rechnen die gar nicht damit, daß wir die benutzen?
Fazit: Wenn ich schon die Massagematte vielleicht nicht benutzen darf, so bleibt mir noch die (vermutlich ungefährlichere) Motorsäge.
Ich halte das für so etwas ähnliches wie die Sicherheitserklärungen in den USA, um Millionenklagen abzuwehren. Dort muß z.B. angegeben werden, daß Haustiere nicht in der Mikrowelle getrocknet werden dürfen.
Oder wie die Beipackzettel bei Medikamenten, die mit vielen Worten erklären, daß man die Einnahme des Medikamentes überleben könnte.
Wobei sich dort oftmals hinter dem sehr häufig vorkommenden "Warning" ein Gerichtsverfahren vorausgegangenes Gerichtsverfahren verbirgt. Die amerikanische Rechtslage bzgl. Schadenersatz und Schmerzensgeld scheint sich in manchen Punkten signifikant von dem unseren zu unterscheiden. In manchen Fällen wird es für Unternehmen sehr teuer, während Deutsche Gerichte vergleichsweise zurückhaltend sind und größere Geldbeträge (etwa bei Medikamenten) eventuell mehr aus Angst vor Verschlechterung des eigenen Rufes denn gewährter Schmerzensgeld- bzw. Schadensersatzansprüche zurückzuführen ist. Weiß hier jemand etwas genaueres?
Man kann sich bei einem Unfall darauf berufen, daß man das ja angegeben hatte.
Ich gehe ebenfalls davon aus, dass das so gedacht ist.
Allerdings erscheinen auch mir die Formulierungen, wenn ich folgendes lese, zu schwammig. Wovon soll beispielsweise die Gefahr ausgehen?
Der BGH hat hierzu den Grundsatz aufgestellt, dass der Hersteller immer dann, wenn bei der Anwendung oder Verwendung des von ihm hergestellten Produktes mit einer Schädigung der Verwender zu rechnen ist, dafür sorgen muss, dass eine ausreichende Belehrung der Benutzer über die mögliche Gefahrenquellen und die Grenzen der Produktanwendung vorgenommen wird. Der Hersteller kann ein bekanntes oder erkennbares Produktrisiko nur dann auf den Verwender verschieben, wenn er seine Instruktionspflichten erfüllt.
Achtung:
Instruktionspflichten hat der BGH auch in Fällen angenommen, die nicht geradezu offenkundig waren. Er hat z.B. verlangt, dass die Hersteller von Kindertee deutlich darauf hinweisen, dass beim Dauernuckeln des Tees aus Saugerflaschen die Gefahr der Kariesentstehung besteht, weil das Zusammentreffen mehrerer Umstände hier zu einem besonderen Schädigungsmechanismus führt.
Wer glaubt, eine Warn- und Hinweispflicht sei nur dann nötig, wenn das Produkt eine gewisse Gefährlichkeit habe, befindet sich im Irrtum. Diese Pflichten bestehen schon dann, wenn ein Benutzer im Vertrauen auf die Wirksamkeit des Produkts von der Verwendung eines anderen wirksamen Produkts absieht (vgl. den "Apfel-Schorf I" - Fall, BGHZ 80, 186 - der BGH hat sich in diesem Zusammenhang (BGHZ 80, 199) auch ausführlich mit der Frage beschäftigt, von welchem Verdachtsgrad hinsichtlich der Schädlichkeit des Produktes an eine Instruktion bzw. Warnung an erfolgen muss (BGHZ 80, 199)).
Wenn eine Warnung erforderlich ist, muss sie deutlich und plausibel sein. Die Art der drohenden Gefahr muss deutlich gemacht werden. Wenn erhebliche Körper- oder Gesundheitsschäden drohen, müssen auch die Funktionszusammenhänge erläutert werden. Der Benutzer muss erkennen können, warum das Produkt gefährlich ist. In jedem Fall müssen die Instruktionen so deutlich, ausreichend und vollständig sein, dass der Benutzer diesen Instruktionen entnehmen kann, wie er das Produkt gefahrlos verwenden kann bzw. welche Vorsorgemaßnahmen er treffen muss oder welche Verwendungsart er zu unterlassen hat. Reine Verwendungsverbote reichen deshalb nicht aus.
Zur Thematik mit den Konstruktionsfehlern: Im Fall das z.B. ein Familienmitglied oder, abstrakter, eine Schule oder Firma z.B. eine Kaffeemaschine kauft ... inwieweit ist davon auszugehen, dass diese (was durchaus im Rahmen des Wahrscheinlichen liegt) nicht auch von Autisten (ja, die Formulierungen lassen sich, wie bereits gesagt, mühelos auf Autisten ausweiten) mitgenutzt werden? Wenn unter die Fälle von vorhersebarem Umgang (u.U. demnach auch bestimmungswidrigem Gebrauch) wie der Stuhl, der neben dem Sitzen in der Küche auch als behelfsmäßige Leiter verwendet werden kann, fällt, inwieweit kann dies dann bei einem Toaster/einer Kaffeemaschine/etc. (Geräte, die gemeinhin kein Fachpersonal zur Bedindung erfordern, sondern die für den alltäglichen Gebrauch bestimmt sind) nicht der Fall sein? Die Rechtslage hier verwirrt mich. Und - sofern das zutrifft - wie sieht es aus, wenn die Person, die diesen Toaster erwirbt, z.B. Autist ist und diesen Toaster/Kaffeemaschine/etc. nutzt (was nicht auszuschließen ist)? Ist das dann ebenfalls nicht der Fall?
Im Allgemeinen genügt es, dass Produkte bei bestimmungsgemäßem Gebrauch nicht zu einer Gefahrenquelle werden. Dies gilt vor allem dann, wenn die bei unsachgemäßem Gebrauch entstehenden Gefahren ohne Weiteres erkannt werden können. Dann sind weder besondere Sicherheitsvorkehrungen des Herstellers noch eine Warnung vor unsachgemäßem Gebrauch erforderlich.
Die Produktsicherheit muss aber anderseits auch in bestimmten Fällen bestimmungswidrigen Gebrauchs noch gegeben sein. Laut BGH müssen Produkte bei jedem "vorhersehbaren üblichen Umgang" sicher sein. Dies gilt z.B. für die Überbeanspruchung von Produktteilen.
Mit der Überlastung eines Personenaufzuges muss man rechnen und deshalb sind die Stahlseile, an denen die Aufzugskabinen hängen, entsprechend stark zu bemessen.
e)
Die Beschaffenheit des Produktes muss sich nach den Kenntnissen und Erfahrungen richten, die bei den Verbrauchern anzunehmen sind, die das Produkt benutzen sollen. Bei unterschiedlichen Verbrauchergruppen muss sich der Produzent auf die am meisten gefährdete Gruppe einstellen. Auch ungeschulte und ungeschickte Verbraucher müssen vor Schäden geschützt werden.
3. Sicherungspflichten nach dem Inverkehrbringen
Die Sicherungspflichten des Herstellers nach Inverkehrbringen seines Produkts sind nicht notwendig auf die Warnung vor etwaigen Gefahren beschränkt. Sie können etwa dann weiter gehen, wenn Grund zu der Annahme besteht, dass die Warnung, selbst wenn sie hinreichend deutlich und detailliert erfolgt, den Benutzern des Produkts nicht ausreichend ermöglicht, die Gefahren einzuschätzen und ihr Verhalten darauf einzurichten.
Ferner kommen weitergehende Sicherungspflichten dann in Betracht, wenn die Warnung zwar ausreichende Gefahrkenntnis bei den Benutzern eines Produkts herstellt, aber Grund zu der Annahme besteht, diese würden sich - auch bewusst - über die Warnung hinwegsetzen und dadurch Dritte gefährden.
In solchen Fällen kann der Hersteller aufgrund seiner Sicherungspflichten aus § 823 BGB verpflichtet sein, dafür Sorge zu tragen, dass bereits ausgelieferte gefährliche Produkte möglichst effektiv aus dem Verkehr gezogen oder nicht mehr benutzt werden (BGH 16.12.2008 - VI ZR 170/07).
Entschuldigung für die langen Zitate aus der Quelle. Sofern es erforderlich ist, bitte kürzen - danke.
Edit:
Dieses Gerät ist nicht dafür bestimmt durch
Personen (einschließlich Kindern) mit einge-
schränkten physischen, sensorischen oder
geistigen Fähigkeiten oder mangels Erfahrung
und/oder mangels Wissen benutzt zu werden,
es sei denn sie werden durch eine für ihre Si-
cherheit zuständige Person beaufsichtigt oder
erhielten von ihr Anweisungen wie das Gerät
zu benutzen ist.
Interessant ist hier außerdem, dass suggeriert wird,
dass "Personen (einschließlich Kindern) mit einge-
schränkten physischen, sensorischen oder
geistigen Fähigkeiten oder mangels Erfahrung
und/oder mangels Wissen" Personen "zur Beaufsichtigung"
benötigen (was auch immer damit ausgedrückt wird).
Ist das so diskriminierend gemeint, wie es klingt oder ist das vielmehr eine unglücklich gewählte rechtliche Formulierung?
Weiter unten wird z.B. von "für ihre Sicherheit verantwortliche Personen" gesprochen.