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Gast
(Gastzugang)

Hallo,
ich versuche, much kurz zu halten. Aufgrund pränataler Gewalt und das Ungeborene, später den Säugling und vieler anderer traumatischer Erfahrungen wurde bei mir eine DIS (Dissoziative Identitätsstörung, früher Multiplr Persönlichkeit) diagnostiziert.

Durch Kontakt mit einem Menschen mit frühkindlichem Autismus + Gutem Kontakz, Verständnis & nonverbalen Kommunikation begann ich, mein Verhalten früher & heute, soweit mir bekannt, zu reflektieren u. Habe mich in diversen Verhaltensweisen oder Mustern wieder erkannt. Zusatzinfo bevor meine Frage kommt: ich war vom 3. oder 5. Lebensjahr (hier scheiden sich die Geister) in einem Internt, in dem der Großtei schwer "Mehrfachbehindert" (blind/sehbehindert + geistig behindert + größtenteils im Rolli + teilweise Epilepsie), was zu einer gewissen Isolation und daraus resultierenden Defiziten im sozialen, zwischenmenschlichem Bereich führte, als ich auf ein "normales" Internat für Blinde/Sehbehinderte wechselte.

Wie bei der Bewältiung meines stressbedingten Tinnitus (ich war gerade 3 Jahre), hatte ich keine Hilfe. Um zu überleben , damit Hänseleien & Wutausbrüche zu vermeiden, musste ich mir selbst helfen.
Als ich in der7. Klas auf ein Gymnasium wechselte, musste ich schmerzlich lernen, dass ich teilweise blauäugig war. Außerdem missdeuteten männliche Wesen meine Hilfsbereitschaft als "sie liebt mich" - dabei waren mir manche einfach zu lahmarschig beim Laufen. Resultat: Mobbing durch gekränkte Verehrer & Mitläufer. Zu der Zeit legte ich übrigens nicht viel Wert auf mein Äußeres - gepflegt und sauber angezogen ja, aber sonst keine Schminke oder aufwändige Frisuren. (Heute auch noch so, nur, dass ich jetzt Wimperntusche nutze).
Notgedrungen wiedervAnpassung.
Mit jedem Jahr imitierte/lernte(?) ich mehr von der Gesellschaft.

Heute wirke ich nicht autistisch. Das, was ich noch tue, verrichte ich im "stillen Kämmerlein" und achtete auch darauf, dass mein Mann nichts merkt. Obsessives Lesen z. B. kann ich nicht unterdrücken.

Nun meine Frage: Kann man (sofern man jemals autistisch war) sich selbst so stark anpassen, dass sich keiner vorstellen kann, dass man auch nur ins Spektrum passen KÖNNTE?

Ich habe davon nur in Erfahrungsberichten (D. Williams "ich könnte verschwinden, wenn du mich berührst" & "ein richtiger Mensch werden") gelesen - aber diese Menschen sind weit weg und haben mit ihren Werken Berühmtheit erreicht (soll heißen: wievielt Wahrheitsgehalt haben diese Berichte?).

Ich bitte euch, mir eure Erfahrungen und/oder Einschätzungen mitzuteilen.

Danke.
29.04.17, 00:21:29
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HansWaldmeister
(Standard)

Aus meiner persönlichen Erfahrung (ich habe mit dem Thema seit Anfang 2016 intensiv zu tun und meine Diagnose seit Dezember 2016) kann ich sagen: Ja.
Einige Leute haben sich nicht vorstellen können, dass ich Autist bin, als ich mich mit ihnen darüber unterhalten habe. Das war noch bevor ich meine Diagnose bekommen habe. Und diese kennen mich zum Teil seit meiner Geburt. Zu einem großen Teil lag das an falschen 'Vorbildern' wie etwa Rain Man (den Film habe ich nicht gesehen, aber ich kenne die Handlung und glaube, dass diese Leute angenommen haben, dass alle Autisten so wären wie dieser Herr).
Dabei weiß ich gar nicht sicher, ob ich nicht früher auch Verhalten hatte, woran man den Autismus eher gemerkt hätte. Vielleicht habe ich mir dieses unbewusst antrainiert. Entweder, weil ich merkte: Das machen alle so, dann kann es nicht schaden, dass ich es auch mache oder, weil ich gemerkt habe, dass ich sonst Schwierigkeiten bekomme.
29.04.17, 09:47:05
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Antares
(White Unicorn)

Ich finde RainMan gar kein so falsches Vorbild, da sehr gut die Folgen von Überlastung dargestellt werden. Nur weil Autisten nicht so tief im Spektrum sind und / oder so stark Barrieren gegenüber reagieren, wie dieser im Film dargestellte Autist, sind diese Mechanismen dennoch vorhanden. Jetzt abgesehen vom Savant-Dasein, welches hier (auch) gezeigt wird, gibt es dennoch einen großen Teil Autisten, welche so tief im Spektrum sind. Dargestellt wird eigentlich wunderbar, was passiert, wenn ein Autist nicht er selbst sein kann und darf, als ein Negativbeispiel, wie es besser nicht laufen sollte. Diese Botschaft ist denke ich viel eher problematisch, weil sie nicht gut vermittelt wird.

Meist ist es nach meiner Erfahrung zumindest sogar so, dass je mehr sich Autisten "verstellen" und Neurotypisch sein wollen, sie auf die ein oder andere Weise Leid erfahren, psychischer und körperlicher Natur.

Es stellt letztendlich ein Schauspiel dar, so zu tun als wäre man Neurobiologisch nicht unterschiedlich - und es geht dann an die eigene Substanz, denn man ist es ja nicht. Autisten die sich verstellen, so ist es zumindest meine Beobachtung, haben oft große Schwierigkeiten im Leben, weil sie gar nicht wissen wie es sich gut lebt, wer sie sind etc.
29.04.17, 09:55:41
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Kaleidoskop
(in einer Seifenblase zwischen den Welten (DIS & AS & ...)

wie ich unter dem Gasthund schon gesagt hab, habe ich das T-Shirt hat es erzählt TV Identitätsstörung.

Unteres, du hast mir etwas gesagt, was ich sehr interessant finde und was mich irgendwie berührt, aber ich kann noch nicht genau verstehen warum. Du sagtest, dass wenn man sich dauernd verstellen muss, dann irgendwann nicht mehr weiß, wer man ist etc. - Das beschreibt genau mein Empfinden.
Ich weiß, dass ich nicht alleine in meinem Körper bin, aber ich spüre, dass da noch irgendwas fehlt. Irgend eine Antwort fehlt mir noch, und mich vollständig zu führen. Ich habe jahrelang so vieles vorgespielt, ich habe jahrelang so vieles nachdenken, nur um in keinster Weise aufzufallen und jetzt fühle ich mich Identitätslos. Der Körper hat einen Namen, auf den man hört. Mein arbeitete an seinen Traumata, und versucht, im Alltag zu funktionieren. Das funktioniert frisst unheimlich viel Energie, aber es muss weitergehen.

Ich bin mir jetzt gerade nicht sicher, was es in Rain Man geht, beziehungsweise ob ich nicht vielleicht sogar teilweise gesehen habe. Ist das nicht der Film, wo du ein autistischer Junge Erwachsene von deinem Bruder aus irgendwelchen Gründen aus dem Heim geholt wird, ich glaube wegen eines färben und dann quer durch die Weltgeschichte gezerrt wird, ohne Rücksicht auf dessen Gefühle?

So nebenbei bemerkt: ich bin kein Fan von 4:30 Uhr oder ähnlichem. Ich versuche, mich genau zu informieren und zu recherchieren. Ich will nicht irgendwelchen Vorteilen unterlegen. Wenn ich aber zum Beispiel die Chance habe, einen Betroffenen zu fragen, dann lösche ich ihn. Das ist die beste Möglichkeit um zu verstehen.
29.04.17, 17:32:18
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hjqsra
(Standard)

Zitat von Gast:
Nun meine Frage: Kann man (sofern man jemals autistisch war) sich selbst so stark anpassen, dass sich keiner vorstellen kann, dass man auch nur ins Spektrum passen KÖNNTE?


Kommt meines Erachtens a) auf die Wahrnehmung, Werte und Menschenerlebnisvielfalt des Umfeldes an und auf die eigene Ausstrahlung / Beobachtungsgabe / Ausdruck / Resilienz. Hab letztens irgendwo einen Artikel gelesen, wo ein Autist beschrieben wurde, den man als solchen gar nicht erkennt. Auch bei mir kommt keiner so wirklich darauf, - erst wenn ich über den anfänglichen Smalltalk spreche, werden die ersten irritiert und lächeln dann jedoch noch verunischert. Sehr tolerante + zufriedene Menschen nehmen das dann eher an oder fragen auch schon mal direkter nach dann, was in einem vorgeht, weil sie merken, dass man etwas anders ist. Andere gehen mir dann schon Mal aus dem Weg oder nervös.
In meiner Pubertät war meine Tarnung dann die Zurückgezogenheit. Irgendwann hatte ich das satt und konnte auch nicht mehr, - weder das ständige Unterdrücken oder Aufgeben von Wünschen oder das ständige Anpassen. Ich ging mir selbst auf den Keks, vermisste meine Authenzität. So dass ich nach und nach mir erlaubt habe, etwas behindert auf andere zu wirken. Hinterhältige Menschen versuchen einen dann nur leider schnell auszunutzen / für blöd zu verkaufen. Aber es ist widerum auch dann hilfreich zu sehen, wie die Menschen ticken.

Aber einhergehend mit meiner Unlust mich zu verstellen kamen mir auch viele Überforderungen, die mir zunächst nicht so bewusst waren. Abgespalten, derealisiert, Burn-Outs usw.

Ich weiß nicht, ob es überhaupt einen Menschen gibt, der sich dauerhaft verstellen oder sich ohne Schaden brechen kann. Vielleicht kann ein Autist durch Zufall eher verkannt sein, ohne sich dabei groß verstellen zu müssen. Dass die Anpassung gerade noch so vereinbar ist mit sich und dem Umfeld. Also irgendwo die Umstände dann nur wenig Anpassung erfordern. Ich frage mich gerade, ob Autisten Autisten-untypische Resilienz aneignen können, - also zu einem Teil von sich. Vielleicht war das auch die Augsangsfrage. - Wenn sie bestärkend / mit Selbstzufriedenheit aufwachsen und dabei viele Erfolgserlebnisse haben, bestimmt. Also je besser es einem geht IN KOMBINATION mit Selbstliebe / Selbstachtung, egal was man hat, desto besser kann man nach außen hin ankommen, insofern keine Saborteure durch z. B. Neid oder innerer Gegenwehr (man präsentiert etwas, was jemand an sich selbst / anderen nicht leiden kann) in der Nähe sind. Ergo; hängt von vielen Faktoren ab.

Ab und zu gab es auch bei mir Zeiten, da dachte ich, ich funktioniere ziemlich gut. Aber ich habe noch darüber nachgedacht. Was man nicht für selbstverständlich nimmt, stellt man automatisch in Frage. Was einem auffällt. Und wenn man sich selbst in Frage stellt, trägt man das auch irgendwie nach außen. Wobei sich jeder vermutlich irgendwo in Frage stellt und Autismus nun auch nicht all zu bekannt ist. Zudem viele "Störungen" komorbid. Die wenigsten Menschen können sich an den Maßstab anpassen. Wenn man genau hinsieht, begegnen einem täglich viele verschiedene Menschen, wo einige darunter sind, die z. B. antisozial dreinschauen, stinken, aggressiv sind oder besorgt klingen oder theatralisch. Viele ruhige Menschen beobachte ich. Meistens fällt denen am meisten auf, die am wenigsten kennen. Hinterwäldler-mäßig. Die tratschen dann vermutlich auch nicht nur über eine Person.
06.09.19, 22:01:53
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