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Q9FOB
(Standard)

Erst vor einigen Tagen schaute ich den Film Hanne von Dominik Graf, in dem Iris Berben die Hauptrolle spielte. Eine "Powerfrau" wird durch einen Krebsverdacht aus der Bahn geworfen und kurz am "wahren Leben" vorbeigespült. Bei der Umsetzung hätte es noch einige Luft nach oben gegeben, aber vielleicht war eine gewisse "Leere", "Grobheit" in diesem Film auch beabsichtigt. Aber diesem Film merkte ich nicht an, daß er von Menschenverächtern hergestellt wurde. Ich würde ihn in nicht gar zu aufdringlicher Weise als gesellschaftskritisch bezeichnen. Aber gesellschaftskritisch kann viel bedeuten, auch daß jemand Eigenschaften einer Gesellschaft kritisch gegenübersteht, die ich ganz gut finde.

http://autisten.enthinderung.de/unterzeichner-der-erklaerung-von-50-filmschaffenden

In dieser Liste tauchen Schauspielerin und Regisseur auf, letzterer sogar als Erstunterzeichner.

Wenn ich den Text der Erklärung lese, die beide unterzeichneten, bekomme ich auch den Eindruck, daß diese Leute sozusagen Krieg führen, kämpfen. Unzweifelhaft ergreifen sie Partei und das aus einem recht harmlosen Anlaß. Da haben Menschen bloß miteinander geredet, gegessen. Die Unterzeichner meinen anscheinend, daß das sehr verwerflich ist. Indem sie auf solche Art Partei ergreifen, schaffen sie für sich selbst eine enorme Fallhöhe. Sie entziehen sich Gesprächen mit anderen, erklären, daß gegen die anderen irgendwie nur Kampf stattfinden darf. Dabei setzen sie voraus selbst gewissermaßen im Besitz der Wahrheit zu sein. So ein Anspruch sollte wenn überhaupt nur jemand erheben, der sich sehr sicher ist. Sollte er etwas übersehen, etwas das vielleicht auch noch sehr schwerwiegend ist, fällt dies mit Wucht auf ihn zurück. Er trägt dann Verantwortung für einen Kampf mit bedenklicher Zielsetzung.

Eigentlich wollte ich hier die Frage stellen, ob Leute wie Iris Berben gegenüber Autisten wirklich eine böswillige Einstellung aufweisen. Was wäre, wenn Heinz Rühmann zur Nazizeit eine solche Erklärung unterschrieben hätte, die sich gegen Oppositionelle richtete? Oder hat er soetwas damals gar getan, in einer vergleichbaren Weise Position bezogen? Ich weiß es nicht. Was wäre, wenn er dann von Widerstandskämpfern angegriffen worden wäre? Vorstellen kann ich mir gut, daß soetwas heute als legitim betrachtet würde. Bereits etablierte Prominente wurden auch von den Nazis besonders vorsichtig angefasst. Daher haben solche Leute einen Spielraum sich zu distanzieren, vielleicht sogar in gewisser Dosis kritisch zu äußern. Tun sie das nicht, haben sie ihren Spielraum nicht ausgeschöpft. Taten sie es aus Bequemlichkeit? Weil sie gerade stattfindende Verbrechen zwar kannten, diese Themen aber nicht auf der in dieser Zeit üblichen Stichwortliste waren, um die sich Medien in der Masse drehten?

Jetzt ist bei diesem Text etwas anderes rausgekommen, als ich ursprünglich dachte. freuen
03.10.19, 09:52:11
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Gast
(Gastzugang)

Zitat:
Nach der Machtübernahme der NSDAP 1933 äußerte sich Rühmann nicht öffentlich zur Politik in Deutschland, die neben der Ausschaltung des Rechtsstaates und verbrecherischer Willkür die Ausgrenzung und Verfolgung der Juden beinhaltete. Rühmann war gut mit Joseph Goebbels bekannt und gehörte zu „einem kleinen Kreis um den Propagandaminister“.

[...]

Seine Kontakte zu Goebbels und auch Göring zahlten sich aus. 1940 übernahm Rühmann die Regie eines „Geburtstagsfilms“, den die UFA jedes Jahr als Geschenk für den Propagandaminister drehte. Rühmann zeigte darin den Tagesablauf der Goebbelsschen Kinder.[20] Goebbels war laut Tagebucheintrag sehr gerührt über den Film.

[...]

Rühmann wurde vom Filmpublikum nicht als Aushängeschild des nationalsozialistischen Regimes wahrgenommen. Das lag voll auf der Linie von Goebbels, der eine subtile Propaganda bevorzugte.

[...]

Heinz Rühmann wurde als Staatsschauspieler nicht zur Wehrmacht eingezogen. Er musste nur eine Grundausbildung als Abwehrflieger auf dem militärischen Flugübungsplatz Quarmbeck südlich von Quedlinburg absolvieren.[26] Für das Regime war er als Schauspieler wichtiger, als er es als Soldat hätte sein können. Von der Teilnahme am Kriegseinsatz wurde er verschont. Im August 1944 wurde er in die Gottbegnadeten-Liste des Regimes aufgenommen.

Quelle
Zitat:
Iris Berben unterstützte bei mehreren Wahlen öffentlich die SPD.[10][11] Beim Festakt zum 150-jährigen Geburtstag der SPD im Mai 2013 präsentierte Berben die Geschichte der deutschen Sozialdemokratie.[12][13] Sie unterstützt die 2016 von der SPD initiierte Kampagne „Meine Stimme für Vernunft“.[14] Am 12. Februar 2017 war sie Mitglied der Bundesversammlung.

Quelle
03.10.19, 11:09:06
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Q9FOB
(Standard)

Es handelt sich also um zwei Schauspieler, die klar Nähe zu politischer Macht such(t)en. Wobei Frau Berben mir dabei offener Position zu beziehen scheint. Vielleicht ist das auch der Zeit geschuldet.
Zitat:
Während sich dieser Anschlag ereignet hat, sitzt eine Partei als größte Oppositionsfraktion im Bundestag, die zum politischen Zuhause des Hasses geworden ist. Wenn jeder vierte bei einer Landtagswahl zuletzt den Hass gewählt hat, dann können wir auch heute nach all dem, was wir wissen, nach so viel offener Brandstiftung nicht mehr sagen, dass es sich um Protestwähler handelt. Sie wussten, was sie wählen und können ihre Hände nicht in Unschuld waschen. Das ist ein grundsätzliches Demokratiethema und geht bei der politischen Debatte weit über die Sicherheit der jüdischen Gemeinden hinaus.

[...]

An wie viele Anfänge von Gewalt will man sich gewöhnen? Und je mehr wir das tolerieren, desto weiter verschiebt sich das eigene Koordinatensystem. Wie oft machen wir Erfahrungen im Job und in der eigenen Familie, wo diskriminierende, hasserfüllte Bemerkungen ausgesprochen werden – das muss ja nicht nur gegen das Judentum gehen. Nur wenn man nicht verlernt, immer wieder auf den Hass zu reagieren, bekommt man keinen Muskelkater, wenn man es dann tut.

Im Sinne von Konstantin Wecker also: Sage nein!

Ja, ich lasse das nicht einfach stehen. Meine Ohren funktionieren, ich habe gehört, was einer über andere Menschen sagt. Ich schweige nicht, ich handele, ich zeige Gesicht. Und übrigens dafür braucht es in unserem Land keinen Mut. Ich engagiere mich nicht, weil es die Gruppe A oder B ist, sondern weil wir über Menschen reden und das bin ich auch.

Quelle

Können uns diese Zitate, dieses kurze Interview mit Michel Friedman aus der Tagespresse weiterhelfen? Friedman behauptet, er würde sich quasi für jede Gruppe engagieren. Habe nur ich das Gefühl, daß auch er, konfrontiert mit der ESH-Seite, plötzlich ganz andere Töne anschlagen dürfte? Würde das dann bedeuten, daß Friedman aufgrund seiner wahrscheinlich gegenüber Autisten wie verbreitet höchst unsolidarischen Parteinahme Mitverantwortung an heutigen Genoziden trägt? Natürlich, ich habe darauf keine andere Antwort. Zumindest im Moment nicht.

Wie geht man mit einer Situation um, in der man mit Millionen von aktiven Tätern zu tun hat? Also einer Situation wie während der Naziherrschaft oder dem Genozid in Ruanda, der allerdings viel schneller ablief, weswegen wohl nur bedingt vergleichende Überlegungen betroffen werden können?
12.10.19, 12:12:59
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Gast
(Gastzugang)

Zitat:
Chesterton war der einzige Schriftsteller von Rang, die einzige öffentliche Stimme, die sich gegen die von Francis Galton, dem Cousin von Darwin, begründete Eugenik erhob (sein Essay »Eugenik und andere Übel« erschien übrigens erst vor wenigen Jahren zum ersten Mal auf Deutsch). Winston Churchill war Eugeniker. Er befürwortete die Sterilisation von geistig Behinderten. Auch Chestertons Debattengegner wie Georg Bernard Shaw und H.G. Wells waren Eugeniker, die New York Times – so viel zur zeitgebundenen Weisheit von Redakteuren dieser Zeitung – unterstützte Eugenik genauso wie die Rockefellers und die Carnegies, es gab eine Gesetzgebung in England und den USA, nach der »minderwertige Menschen« (solche mit besonders niedrigem IQ) sterilisiert und in speziellen Heimen untergebracht werden durften.

Heute ist die Eugenik nicht mehr von oben angeordneter Züchtungsirrsinn, wie noch bis vor Kurzem die Geburtenkontrollen in Singapur und in China, sondern sie ist im individuellen Selbstoptimierungsbereich angekommen: Sie ist über Geburtenkontrolle, Pränataldiagnostik, Abtreibungen des Geschlechtes wegen, durch Erbgutvergleiche, aber auch durch die erneute Sterbehilfediskussion längst nicht erledigt. Chesterton müsste Kultlektüre sein, gerade heute. Und ich bin bereit, mitzumischen, mitzudenken, mitzubeten, denn ich bin Chesterton-gläubig – Chesterton: auf alle Fälle eine Epochenfigur. Geboren wurde er 1886, als das wissenschaftliche Zeitalter Triumphe einfuhr und der Atheismus als philosophische Frage wirkte. Gestorben ist er 1936, als der Atheismus politisch ernst machte und Massengräber vorbereitete.

Und Chesterton heute? Wahrscheinlich würde er als Reaktionär aussortiert! Heute würde man, statt ihn zu lesen, zunächst überprüfen, ob er Facebook-Freunde hat, die in der AfD sind oder Ähnliches. Und selbstverständlich würde man sich über seine von einigen behaupteten »antisemitischen« Ausrutscher beugen, dabei war er der Erste, der seine Stimme erhob, als in Deutschland die Hetzjagd begann und das Morden vorbereitet wurde. Nun, er war ein Liberaler und ein Star. Dass ihn heute kaum einer kennt, jenseits der Autorenschaft der Father-Brown-Krimis, ist eine Schande.

Quelle
17.12.19, 03:44:17
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