Dass die Gäste manchmal sabbern, sich über ein Rutschbrett ins Bett ziehen oder Körper haben, die durch Muskel- oder Knochenschäden deformiert sind, ist ihr egal. "Bei den Behinderten, da hab' ich das Gefühl, ich hab' was Gutes getan, jemanden glücklich gemacht, da bin ich mit mir im Reinen." Da ginge es zwar auch um Sex, meist müssten die Frauen aktiver sein, weil die Männer bewegungseingeschränkt seien, aber die Ebene der Begegnung sei eine andere: "Freier mit Behinderung sind oft Stammgäste, wie Familie. Die nehmen uns ernst, sind interessiert betrachten auch uns als Menschen", sagt Marlene. Und irgendwie, sagt Kerstin Berghäuser, sind wir doch beides Randgruppen, die Prostituierten und die
Menschen mit Behinderung [Laut Forenregeln diskriminierender Begriff]. Das verbindet.
Wer zu Marlene, Sofia oder Celine ins Liberty kommen kann, der ist entweder selbst noch einigermaßen mobil, oder hat unterstützende Betreuer, die dann in einem kleinen Räumchen bei Cola und Zeitschriften warten. Doch die Realität vieler
Menschen mit Behinderung [Laut Forenregeln diskriminierender Begriff] ist auch heute noch fast immer ein zäher Kampf um winzige Schritte zu Selbstständigkeit und Akzeptanz. Noch heute wagt es die Gesellschaft nicht wirklich, über die sexuellen Bedürfnisse der "Perfekt Imperfekten", wie Rasso Bruckert sie in seinem Fotobildband genannt hat, ernsthaft nachzudenken. Zwar hat sich Deutschland mit der Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention 2009 verpflichtet, die geforderte Inklusion umzusetzen, also ein Zusammenleben aller, in dem jeder die gleichen Rechte hat - ein Recht auf Sexualität ist darin zwar nicht verankert, kann aber indirekt aus dem Recht auf Reproduktion abgeleitet werden. Das Tabu aber ist dadurch nicht verschwunden.