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Thema: Warum fällt es vielen Nichtautisten schwer offen zu kommunizieren? (http://autismus.ra.unen.de/topic.php?id=5773)


Geschrieben von: Fundevogel am: 05.11.12, 01:49:29
NA sind vielleicht oft nur vergesslich und erst bei einem Denkanstoß kommt (wenn überhaupt) eine diffuse Erinnerung, die schon in den Tiefen des Gehirns verschütt gegangen war?

Sie heben bei ihrem Erleben oft für sie wichtige Dinge in den Vordergrund, während andere, die für Autisten relevant wären, für sie nebensächlich sind?

Ich stelle bei mir hier immer mal wieder fest, dass ich z.B. für verschiedene Verfahren nicht die erforderliche Geduld oder Konzentration aufbringen kann oder mich und meine Arbeitsbereiche anders organisiere, als es hier üblich ist.


Geschrieben von: wolfskind am: 05.11.12, 11:36:11
ich denke es könnte eine erlernte schutzfunktion sein.
NA ertragen oft nicht viel offenheit.
dann kommen sätze wie "ich will das gar nicht wissen"
im englischen gibt es ein sprichwort "too much information"
ich denke wenn man für sich selbst offenheit nicht erträgt
dann ist man selbst auch nicht offen weil man die anderen schützen will
vor dem was einem selbst nicht gut tut.


Geschrieben von: PvdL am: 05.11.12, 18:14:59
Ich bilde mir ein, daß die offene Kommunikation (im Sinne dieses Threads) am meisten an den Hänseleien in Kindergarten und Schule zu Schaden kömmt.


Geschrieben von: drvaust am: 05.11.12, 20:32:00
Ich habe den Eindruck, daß auch (erwachsene) Autisten nicht sehr offen kommunizieren, nur daß das anders wirkt.
Autisten werden dann schweigsam und ziehen sich in sich zurück, NA schauspielern und ziehen sich in formale Kommunikation zurück.
Die Ursache ist Verletzbarkeit und Unsicherheit. Kinder, und auch Ältere, erleben, daß sie aufgrund ihrer Äußerungen verletzt werden und diese gegen sie benutzt werden. Deshalb ist es besser, nicht so offen zu kommunizieren. Für Autisten ist das besonders schwierig, weil NA anders sind und deshalb schwerer einzuschätzen. (Andersherum genauso, aber die Mehrheit gibt Sicherheit.)
Ich würde gerne offener kommunizieren und weiß auch von NA, daß diese gerne offener kommunizieren würden. Aber dagegen steht die Angst vor Verletzbarkeit. Manchmal kommuniziere ich zu offen, nerve damit oder mache mich verletzbar, weil ich die NA-Kommunikation nicht so gut beherrsche. Meistens, besonders in der Vergangenheit, vermeide ich aber Kommunikation und antworte nur knapp.


Geschrieben von: Fundevogel am: 06.11.12, 00:59:05
Ausschluss von Zugriffsberechtigungen in Foren ist vielleicht ein Ausdruck von Angst vor Verletzung?


Geschrieben von: 55555 am: 06.11.12, 11:33:36
Mir scheint, daß da oft eine aktivere Abwehrheltung zugrundliegt und der Eindruck angegriffen zu sein.


Geschrieben von: Hundertwasser am: 27.01.13, 08:01:21
Bei NA ist es so, dass eine Aussage
nicht nur auf der Sachebene wahrgenommen wird, sondern auf verschiedenen Ebenen: siehe "4-Ohren-Modell von Schulz von Thun".

Ein NA befürchtet eventuell durch eine kritische Aussage, die Beziehung zu der anderen Person zu gefährden, wobei es darauf ankommt, wie tiefgründig diese Beziehung gestaltet ist.






Geschrieben von: R2D2 am: 20.03.13, 23:16:53
Ich erkläre mir eigentlich das meiste solcher Verhaltensweisen mit Instinkten. Ich verstehe auch nicht wieso NA Männer in Gruppen oft schlecht über Frauen reden, wenn sie dabei sind aber ganz normal und nett sind.
Wirkt auf mich eigentlich alles so als hätte es hauptsächlich mit keine Schwäche zeigen oder dem zeigen angeblicher Stärke, wie toll sie sind zu tun.

Mir ist in letzter Zeit aber sehr aufgefallen, dass es beim Thema Tod z.b. nicht so ist.
Wenn jemand krank oder gestorben ist wundert es mich immer wie offen NAs auf einmal sind und wie schlecht sie damit umgehen können.


Geschrieben von: Fundevogel am: 21.03.13, 00:35:31
Ja, angesichts des Todes kann man sie erkennen und lassen sie sich erkennen. Das kann aber auch eine schmerzliche Überraschung werden, wenn ihre Masken abgelegt sind und "der Kaiser als nackt erkannt wird".


Geschrieben von: LilithDreams am: 01.04.13, 09:03:56
Hallo 55555,

ich hoffe jetzt kann ich dir auch ein wenig helfen. Eigentlich ist es ganz einfach, wir wachsen auf und sagen "schau mal Mama, die Frau da drüber ist aber wirklich Dick!" und was sagt die Mama? Sie sagt "Soetwas sagt man nicht". Weil es unhöflich ist, weil "man es einfach nicht macht". Also lernen schon die kleinen Kinder das man nicht alles aussprechen darf was man denkt. Ähnlich verhält sich das mit Gefühlen. Eltern versuchen immer die Gefühle ihrer Kinder in der öffentlichkeit auf ein minimum zu reduzieren. Wutattacken in der öffentlichkeit sind nicht willkommen.
Oft muss ich mir von irgendwelchen Super-Omis im Bus anhören ich soll doch einfach meinem Kind geben was er will, damit er schön brav da sitzt und ja keinen mucks mehr macht.

So wachsen dann diese Kinder auf und lernen, dass man keinesfalls einfach alles sagen darf was uns in den Sinn kommt, weil das unhöflich ist. Wenn dann ein A kommt und eben genau das macht, hören wir unterbewusst unsere Mutter sagen "Das darf man nicht sagen, das ist unhöflich!!". Darauf reagieren wir unterbewusst und empfinden dieses Verhalten als unhöflich....


Geschrieben von: LilithDreams am: 01.04.13, 09:18:08
Ich zum Beispiel wurder noch auf die alte russische Art erzogen, wo die "Höflichkeit" noch eingeprügelt wurde. Da gab es jede Menge solcher Regeln.
z.B. als Kind redet man nicht dazwischen wenn zwei erwachse sich unterhalten, man lässt andere immer ausreden, man hört drauf wenn ein Erwachsener was sagt, man gibt keine Widerworte (auch wenn man anderer Meinung ist muss man es einfach hinnehmen), man zeigt keine Gefühle in der Öffentlichkeit, man ist nicht laut in der Öffentlichkeit, man macht keine Kommentare über andere Personen in der Öffentlichkeit ect.

Das alles hat meine Mutter mit "guter Erziehnung" und "Höflichkeit" begründet und es mir wenn nötig auch eingeprügelt... warum genau das "Höflich" ist konnte sie mir nie erklären. Heute weiß ich das es Rücksicht auf andere Personen bedeutet. Man geht durch die Öffentlichkeit darauf bedacht bloß nicht jemanden auf die Füße zu treten (jemanden zu nahe zu kommen oder ihn zu verärgern, zu stören ect.)


Geschrieben von: R2D2 am: 01.04.13, 16:56:47
Ich denke sie wissen es selbst nicht, sonst wären sie offen.
Hat für mich den selben Grund wieso jeder immer zeigen will, dass er besser ist als jemand anders oder überhaupt das er gut ist.
Inzwischen habe ich leider gemerkt dieser Fehler ist vermutlich das größte Problem der Menschen und hat vielleicht alles die selbe Ursache?
Bloß keine Schwäche zeigen, immer schön lügen und betrügen und alles falsch machen und nicht um Hilfe bitten oder ähnliches. Denn Schwäche zeigen geht ja nicht.
Kann ich mir nur mit Instinkten erklären und wie alles was die Menschen falsch machen mit Unwissenheit begründen. Vor kurzem habe ich das wegen NTs selbst als Schwäche gesehen und mich schwach gefühlt. Dank der Hilfe hier im Forum ist Offenheit für mich nun keine Schwäche sondern eine meiner Stärken. freuen
Genau so sehe ich es als Schwäche der NTs, obwohl sie es machen um nicht schwach zu wirken.

„Zwei Dinge sind unendlich, das Universum und die menschliche Dummheit, aber bei dem Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher.“

Ich würde das Wort Dummheit nicht (mehr) benutzen, weil ich mir nicht mehr sicher bin was es überhaupt bedeuten soll. Oder welchen Sinn es hat? Unwissenheit oder so fände ich passender, mag das Wort dumm aber halt auch nicht mehr weil ich niemanden als dumm sehe es leider früher aber immer gesagt habe wenn ich mir das Verhalten anderer menschen einfach nicht erklären konnte.