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Geschrieben von: Siiri am: 05.02.17, 11:28:32
Möchte das ergänzen.
Also je nachdem, wie ernst Dir eine richtige Diagnostik ist, kannst Du nach einem Diagnostiker suchen, der/die mehr Eigenerfahrung mitbringt, als ein Arzt, der sich nur theoretisch mit Autismus befasst. Ich habe damals viel Zeit darauf verwendet, im Internet nach Spuren zu suchen. Das heißt, nach Jemandem, der von Autist/inn/nen nachgesagt bekommt, sich auszukennen. Das bedeutet Listen durchforsten und Erfahrungsberichte lesen.

Bei einem richtigen Fachmenschen, bekommst Du eine lange Wartezeit. Einfach aus dem Grund, weil Du einen Anamnesekatalog ausfüllen musst, den Du beim Erstkontakt zugesandt bekommst oder abholen musst. Diese Anamnesebögen sind so umfangreich, dass Du locker Wochen/Monate brauchst, sie auszufüllen.
Stell Dir vor, Du schreibst eine Klausur über Dein Leben.

Diese Bögen verwendet der Diagnostiker nicht etwa, um sie alle durchzulesen (er wird Teile lesen), sondern sie dienen einer rechnerischen Auswertung, die über viele Jahre in den Kriterien bezüglich Autismusdiagnostik ausgearbeitet wurde. Das System ist weit entfent von perfekt, aber es liefert eben gewisse Zahlen in einem Vergleichs-Spektrum für nichtautistische Diagnostiker. Autisten selbst würden die Kriterien wahrscheinlich komplett überarbeiten, aber es geht ja erstmal um das, was NA in ihrem Verständnis umsetzen können.

Im Ergebnis kann man also nicht sagen, dass eine Diagnose rein Subjektiv ist. Das wäre der Fall bei Jemandem, der reine Gesprächsdiagnostik betreibt und das kann man auch anstreben, wenn man das möchte. Es soll auch Autist/inn/en geben, die auf Zahlen nichts geben und der Ratio auf Kommunikation gerichtet ist.

Es kommt eben darauf an, worauf Du wert legst und wieviel Arbeit Du investieren möchtest.

Anhaltender Kontakt zu Autist/inn/en lässt sich nur mit viel Geduld aufbauen. Wenn Du hier schon Schreibkontakt hast, würde ich versuchen, diese über die Zeit zu vertiefen.

Bei mir kann es mitunter mal größere Zeitlücken geben, bis ich antworte, aber wenn Du willst, kannst Du mir gerne PNen.


Geschrieben von: 55555 am: 05.02.17, 13:50:43
Ich glaube nicht, daß NA so gut Autisten erkennen können wie Autisten.

In einem Themenforum von Autisten könnte es zum Abgleich Sinn machen etwas über sich zu erzählen und darüber ins Gespräch zu kommen.
Zitat von Siiri:
Anhaltender Kontakt zu Autist/inn/en lässt sich nur mit viel Geduld aufbauen.

Wie kommst du darauf?


Geschrieben von: Siiri am: 05.02.17, 18:28:11
Weil sich anhaltende zwischenmenschliche Kontakte generell nur mit Geduld und gegenseitiger Rücksichtsnahme über einen gewissen Zeitraum aufbauen und aufrecht erhalten lassen.

Meine Erfahrung (natürlich subjektiv) ist, dass Autist/inn/en mit Kontakten vorsichtiger umgehen / es länger dauert eine Vertrauensbasis aufzubauen, es dafür dann aber richtiges Vertrauen ist.

Während ich mit NA die Erfahrung gemacht habe, dass schnell eine Vertrauensbasis einfach dazu erklärt wird, auch wenn es keine echte ist und der Kontakt zu wahrheitsliebenden Menschen dann einfach irgendwann zerbricht.

Damit meine ich, dass forcierte Kontakte eine kürzere Lebensdauer haben, weniger echt und unter Autist/inn/en potenziell seltener sind.


Geschrieben von: 55555 am: 06.02.17, 21:14:48
Ich glaube das hängt mehr vom Typ Mensch ab als von der Eigenschaft Autismus. Es gibt ja auch sehr kontaktfreudige Autisten.


Geschrieben von: Antares am: 06.02.17, 21:29:26
Ich teile Siiris subjektive Erfahrung und habe aber keine Ahnung ob das irgendwie im Ansatz einer objektiven Betrachtung stand halten würde.


Geschrieben von: Siiri am: 07.02.17, 10:21:32
Ist die Frage, ob man zwischenmenschliche "Funktionsweisen" überhaupt objektiv beurteilen kann. Da jeder Mensch anders tickt, stelle ich mir einen solchen Beurteilungsversuch utopisch vor.

Letztendlich kann nur Jeder versuchen sich selbst und den Menschen einzuschätzen, den er vor sich hat. Und das ist meistens schon schwer genug - auch ohne autistische Eigenschaften.

Meine subjektive Bewertung potenziell seltener kurzlebiger Kontakte beruht auf einer Mischung aus Spekulation und Erfahrung. So gut wie sicher, dass es auch Autist/inn/en gibt, die weniger tiefgreifende Kurzkontakte mögen.

Sehe das ähnlich wie mit dem Körperkontakt. Manche können es nicht aushalten, Manche brauchen es regelrecht. Hatte eine Aspie Kollegin, die sich so dicht an ihre Gesprächspartner/innen ranstellt, dass sich die Schultern berühren. Wenn man zurückweicht, kommt sie hinterher, wie ein Magnet. War mitunter mal schwierig für mich. :-D

Habe dann herausgefunden, dass es aus der Erfahrung resultiert, dass man ihr nicht zuhört, was bei ihr Zuhause der Fall zu sein scheint.

Versuchte ihr dann zu erklären, dass ich sie besser verstehe, wenn sie mir nicht so dicht aufrückt, weil ich sie dann sehen kann und nicht davon abgelenkt bin Abstand zu suchen. Leider ist das bei ihr aber schon automatisiert; so wie ich automatisch zurückweiche.

Soviel zu "autistische Körpersprache"...auch die ist sowas von subjektiv und verschieden.