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Abgrenzung "Behinderung" zu "Diskriminierung"

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17.09.08, 18:55:40

haggard

geändert von: haggard - 17.09.08, 20:41:36

Zitat:
Das sehe ich anders, denn die offizielle Definition ist bereits heute nicht mehr identisch mit diesem diskriminierenden Begriffsverständnis soweit ich weiß.

ja, die inhaltliche ausdehnung des begriffs ändert sich, aber ich schätze in der allgemeinheit wird vorrangig noch immer die bisherige version bekannt sein. von daher wäre vielleicht ein ganz anderer begriff besser, damit gleich erkannt würde, dass eine änderung erfolgt.

eine abgrenzung beider begriffe "behinderung" und diskriminierung" ist auch nur schlecht möglich, weil sie parallel zueinander auftreten.
hunde werden aufgrund der gesellschaftlichen belange in ihrer bewegungsfreiheit behindert und gleichzeitig werden die hundehalter diskriminiert, was auch wunderbar und immer wieder durch negative medienpropaganda geschürt wird.
ähnlich verhält es sich zum beispiel auch in anderen bereichen. man denke nur an rollstuhlfahrer, die bis vor einigen jahren (zumindest in meiner umgebung) nicht eigenständig öffentliche verkehrsmittel benutzen konnten, da z. b. der zugang in einen bus über stufen erfolgte. heute ist das anders. der rollstuhlfahrer kann den bus selbständig befahren, aber die anderen fahrgäste müssen aufgrund der umsetzung von barrierefreiheit in diesem beispiel den rollstuhlfahrer erzwungenermaßen akzeptieren, ihm platz machen usw. dabei fühlen sich viele menschen nicht gerade nicht behindert und äußern auch dieses verbal im sicheren abstand zum rollstuhlfahrer.
ich möchte nur darauf hinweisen, dass es nicht leicht ist, änderungen herbeizuführen und der staat oder wer auch immer, einrichtungen, eltern etc. parallel zu den gut gemeinten und notwendigen umsetzungen auch die bevölkerung dahingehend aufklären müssten, dass all dies nicht zu ihrer persönlichen schikane erfolgt. hatte oft in den u-bahnen gehört, wie die leute in ihre handys stöhnten, dass sie schon wieder zu spät kämen, weil es sich ein rollstuhlfahrer erlaubt hat genauso wie sie die u-bahn zu benutzen - nur benötigen sie dafür noch ein- und ausstiegshilfen durch den zugführer, weil es kein bahnhofspersonal mehr gibt, wodurch fahrpläne minimal nicht eingehalten werden können.

Zitat:
Wer will oder tut das denn?

menschen im o. g. beispiel, um eines zu nennen.

Zitat:
Wenn er diskriminiert wird kann er das schon mit Recht.

natürlich. nur ist dies, soweit ich das sehe, noch nicht in der bevölkerung angekommen. bei menschen, die sich mit dieser thematik befassen, ja. aber sonst eher nicht.

Zitat:
Etwas einfach oder? Wozu so nebulös, wenn man doch auch Dinge klären könnte?

sorry.
der begriff "behinderung" ist jetzt schon nebulös. einerseit sitzt in den köpfen der inhaltliche wert "persönliche körperliche defizite" fest und auf der anderen seite wird dieser begriff bereits weiter ausgedehnt, indem er auch gesellschaftsbedingte behinderungen umfasst. wie ist es denn mit der neuen deutschen rechtschreibung? wer, der sie nicht in der schule erlernen musste, kann sie jetzt gut beherrschen, ohne sich z. b. an alte werte zu klammern? ich vermute stark, dass es bei vielen ein mischmasch sein wird, wenn überhaupt. wobei sich das herausgepickt wird, das einem am angenehmsten erscheint.
wenn es angenehmer ist, nachteile bei anderen zu suchen, anstatt bei sich selbst (z. b. verhaltensweisen, die bei anderen zu nachteilen führen könnten), dann werden die menschen auch einen bestehenden begriff mit neuen inhalten dennoch nach alten werten verwenden.
"behinderung" ist häufig nicht wertfrei. ich kann zwar dieses wort so lesen, wie es dort geschrieben steht, dennoch besitzt dieser begriff verschiedene bedeutungen. so, wie auch ein lächelndes gesicht nicht unbedingt ausdruck von wohlgefallen sein muss, wenn es auch angst/furcht ausdrücken kann.

Zitat:
Nein, das bestreite ich. Wie kommst du darauf? Mit der Einstellung könnte man gleich jegliche politische Aktivität einstellen, die etwas ändern will.

vielleicht lebe ich in einer furchtbar ignoranten umgebung. politische aktivität darf auf keinen fall eingestellt werden. sie müsste so aktiv werden wie ein dauerbeschuss, damit die anderen menschen dauererleuchtet werden.:)
17.09.08, 20:45:07

55555

Zitat von azrael:
ich möchte nur darauf hinweisen, dass es nicht leicht ist, änderungen herbeizuführen

Das ist mir klar, sowas braucht Generationen. Ein Grund mehr jetzt anzufangen. Begriffen auszuweichen ist nach meinem Eindruck nicht erfolgversprechend, weil die neuen Begriffe erst recht nicht ernst genommen werden und man so einer offenen Konfrontation mit menschenverachtendem Gedankengut ausweicht.
18.09.08, 22:05:37

Hans

geändert von: Hans - 18.09.08, 22:08:41

Dauerbeschuß ist auch nicht gut,
weil dann schnell eine Ablehnung erwirkt wird.
Denk doch an Filme ,
die zu oft wiederholt werden,
die kann auch keiner mehr sehen.
Man Winkt ab.

oder
Neugierig machen,
aber wie das hinkriegen ohne den Rain-Man-Effekt:
Mich hat Einer dem ich es erzählt hab dann gefragt,
wann wir ins Casino gehen...
19.09.08, 08:39:22

haggard

"dauerbeschuss" - wenn nur alle jubeljahre mal ein autist seine hand hebt um zu zeigen, dass da wer ist, hat das auch keinen effekt.
wenn ich nicht selbst erkannt hätte, dass in der schule gewisse noten erbracht werden MÜSSEN, mich nicht selbst gegen die meinungen anderer aufgelehnt hätte, säße ich heute wohl in irgendeinem betreuten wohnen...
es geht auch um diese autisten, von denen die allgemeinheit wohl ausgeht, sie wären geistig extrem eingeschränkt. die allgemeinheit akzeptiert irgendwie, dass es sprechende autisten gibt - aber diese könnten auch "keine probleme" haben. ich weiß von einem, in einem betreuten wohnen, das auf gemeinschaft ausgelegt ist usw. sie waren mit ihm überfordert und steckten ihn in die psychiatrie. so etwas interessiert kaum jemanden, denn das, was über einen autisten hinweg bestimmt wird, "wird schon richtig sein". wenn der autist hinter friedlich verstört in einer ecke sitzt, haben maßnahmen geholfen.
es leben so viele menschen auf dieser erde. sie werden nicht erreicht, wenn nur ab und zu von autisten etwas "geistreiches" an die oberfläche dringt. das ist unterhaltung. mehr nicht. oder andere interessieren sich privat - dürften allerdings auch die wenigsten sein. ob diese aktiv werden für autisten?

wachrütteln funktioniert so wie es bisher allgemein "betrieben" wird nicht.
man muss sich nur mal die ärzte anschauen...
vor ein paar wochen hatte ich mich mit der nennung autismus in einer praxis vorgestellt. alles andere war erst einmal egal, weil ein autist benötigt zuerst verhaltenstherapie. selbst äußern darf er sich auch nicht, weil auch dass kann er ja nicht wirklich. was ein autist möchte, entscheidet seine umwelt... hätte ich nichts von autismus geäußert, wäre ich ein ganz normaler patient gewesen. dies zu behinderung (habe nicht erhalten, was ich wollte) und diskriminierung (in meiner person) und warum dauerbeschuss vielleicht doch ganz sinnvoll wäre. oder auch privatpatienten - ohne autismus ist alles möglich, mit ist es schon extrem schwierig. woran liegt das wohl?
19.09.08, 12:01:40

55555

Zitat von Hans:
Dauerbeschuß ist auch nicht gut,
weil dann schnell eine Ablehnung erwirkt wird.

Es kommt auf das wie an. Ohne Aufbegehren ändert sich in dieser Gesellschaft nichts, schau doch mal in die Geschichtsbücher.
19.09.08, 13:10:30

Hans

Ja stimmt,
das wie ist wichtig.
 
 
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