Bewußtseinsunterschiede zwischen Autisten und NA
05.03.11, 15:24:53
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Kann es sein, daß Autisten eher auf einer kollektiven Ebene empfinden?
NA fühlen sich offenbar meist von Grund her isoliert und empfinden es als nötig sich darin ständig zu vergewissern und zu versichern zu irgendwelchen Rudeln zu gehören oder Rückhalt durch andere Personen zu besitzen.
Da Autisten dies nicht tun nehmen NA aus ihrer Welt heraus dies so wahr, als wenn die Autisten schlichtweg kein Interesse an der Außenwelt hätten. Tatsache scheint mir aber eher zu sein, daß bereits von Grund her Autisten sich viel weitgehender auf einer kollektiven Ebene bewegen. Das autistische Gerechtigkeitsempfinden dürfte dazuzählen.
Wenn Autisten nun tatsächlich oft ziemlich isoliert sind, liegt es an den Unterschieden zur Lebenswelt der mehrheitlich vorhandenen NA und deren Folgen. Autisten fühlen sich dann von NA abgestoßen, weil diese das eigene mehr kollektiv orientierte Empfinden durch ihr Verhalten in nicht nachvollziehbarer Weise verletzen. Da diese NA-Eigenart dann mit "den Menschen" gleichgesetzt wird, wird dann tatsächlich so etwas wie Rückzug vieler Autisten aus dieser Gesellschaft bewirkt.
Was meint ihr dazu?
05.03.11, 19:59:55
Fundevogel
Heißt das, dass A Gruppenmethoden wie brainstorming, Nachbereitung, Erfolgskontrolle...nicht mehr benötigen, weil sie Idee und Fazit bereits gedacht haben und der gruppendynamischen Ergebnisse, wie sie von NA erarbeitet werden, nicht mehr bedürfen im Sinne von "habe fertig";)?
05.03.11, 20:10:30
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Nach meinem Eindruck gibt es Sozialstrukturen die Autisten entsprechen. Diese genannten Elemente an sich sind darin soweit ich erkenne auf eine andere Weise durchaus enthalten.
05.03.11, 20:11:56
mockingbird
Wenn ich vor einer Entscheidung stehe, frage ich mich als Erstes: Was ist im
Gesamtzusammenhang sinnvoll? oder: Was sind die längerfristigen Konsequenzen?
Dabei erscheinen mir auch Aspekte wichtig, die die meisten Menschen in keinerlei
Verbindung zueinander bringen. Ob ich das "kollektives Empfinden" nennen würde,
weiß ich nicht so genau. Vielleicht eher "vernetztes Denken" oder, in Zeiten, da ich
mich gern selbst überhöhe, "übergeordnetes Denken".
Das Verrudelungsverhalten ist natürlich eine komplexe Angelegenheit. Daß sich
NA gegenseitig ihrer selbst versichern müssen um sich selbst wahr zu nehmen,
sehe ich auch so. Allerdings denke ich nicht, daß das unbedingt mit dem Empfinden
von Isoliertheit zu tun hat, sondern eher mit einem anderen Umgang mit Schmerz,
vor allem auf der psychisch-emotionalen Ebene. Da Autisten für gewöhnlich
besser in der Lage zu sein scheinen zu rationalisieren, sind sie auch besser darin,
einen Schmerz als das anzunehmen, was er ist: nur ein Schmerz. Daher fällt es leichter,
sich eigene unerwünschte Seiten anzukucken und zu akzeptieren, kurz den
Schmerz wahrzunehmen und zu sehen: "OK, bringt mich nicht um" und auf einer
neuen Ebene weiter zu machen. Daher sind Autisten emotional unabhängiger
von positivem Feedback und suchen es nur bei den wenigen Leuten, auf deren
Meinung sie tatsächlich Wert legen, und nicht bei einer ganzen Heerschar flüchtiger
Bekannter, wie NA das gerne tun. Wenn man also böse sein möchte, könnte man
behaupten, das Rudelverhalten der NA diene in erster Linie der Selbsttäuschung
bzw. der Vermeidung der Selbstwahrnehmung/-reflexion.
Eieiei, gröbste Verallgemeinerungen, Sorry. Der Text sollte aber nicht zu lang werden.
Mea culpa, mea maxima ;)
Daß Autisten kein Verlangen nach Rudelverhalten haben, sehe ich nicht so. Lediglich
das Rudelverhalten unterscheidet sich grundlegend von NA-Rudeln.
Fundevogel:
Ich bin der Meinung, daß Autisten ebenfalls großen Nutzen aus
Gruppendynamischen Methoden ziehen können - meistens allerdings
nur, wenn sie unter ihresgleichen sind, da sie ein fundamental anderes Rollenverständnis haben.
05.03.11, 20:49:23
Fundevogel
Ich versuche zu übersetzen: In einer Runde von A und NA arbeiten A und NA an Sachfragen und suchen Ergebnisse während NA ganz nebenbei auch noch einander versichern, dass sie sich alle nett finden, dass sie sich als Gemeinschaft verstehen und "immer zusammen bleiben wollen;)", während A das nicht müssen, weil es klar ist, dass sie eine Gemeinschaft sind?
05.03.11, 21:05:19
mockingbird
Ich meinte es eigentlich eher so, daß NA neben den zu erarbeitenden Aufgaben
sich gegenseitig bestätigen, daß sie so, wie sie sind, voll OK sind, also eher das Bestätigen
des Individuums als das der Gruppenzugehörigkeit, die als selbstverständlich
vorausgesetzt wird. Beides - das Bestätigen des Individuums und die
Selbstverständlichkeit der Zugehörigkeit - nehme ich bei Autisten anders wahr.
Darüber hinaus wird in NA-Gruppen auch kontinuierlich die jeweilige Rangordnung
bestätigt, die auch in wir-sind-doch-alle-gleich-Rudeln besteht. Auch da nehme
ich Autisten anders wahr, bei denen z.B. die Alpha-Stellung fließend sein kann.
Huch! Ist das jetzt autistisch-kryptisch? Krieg´s grad nicht besser in Worte gefasst ...
05.03.11, 22:42:53
drvaust
Kann es sein, daß Autisten eher auf einer kollektiven Ebene empfinden?
Bei mir ist das nicht so.
Ich empfinde als ich, nicht als Gruppe. Ich kann oft auch erkennen, was die Leute empfinden, aber das gehört nicht zu meinem Empfinden.
Wenn ich zu einer Gruppe gehöre und die Gruppe zusammenarbeiten muß, denke ich über die beste Lösung für die Gruppe nach. Aber das ist aus vernünftigen Gründen, nicht aus meinem Empfinden heraus.
Dieses Getue, 'wir haben uns alle gerne', 'wir halten zusammen' usw. ist mir fremd. Das kenne ich zwar und kann mich entsprechend verhalten, kann es aber nicht nachempfinden, verstehe das nicht richtig. Ich fühle mich einer Gruppe zugehörig, weil ich praktisch dazugehöre, weniger aufgrund von Emotionen. Ich bin gegenüber meiner Gruppe sehr loyal, auf mich kann man sich grundsätzlich verlassen, aber das ist für mich eine Frage der Ordnung und der Notwendigkeit.
Das gilt bei mir auch für Gruppen von Autisten.
06.03.11, 00:19:17
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Was mit Empfinden als Gruppe gemeint ist, weiß ich nicht genau. Ich schätze, Gruppengefühle meinte ich weniger mit Empfinden auf einer kollektiven Ebene. Mir scheint das ist ein ganz anderes Konzept, vielleicht sehnen sich NA so nach ihren Gruppenversicherungen, weil sie diese universellere kollektive Ebene nicht erleben. NA-Gruppenstrukturen sind oft tatsächlicher Eignung entgegengerichtet (ich denke, das reißt auch mockingbird mit der "fließenden Alpha-Stellung" aus). NA scheinen zu großen Teilen durch und durch korrupt zu sein, was auch von einer Störung des Bezugs zu der kollektiven Ebene gehört, die ich meine. Worauf geht dein Gerechtigkeiterleben denn z.B. zurück, drvaust?
06.03.11, 01:43:06
drvaust
Worauf geht dein Gerechtigkeiterleben denn z.B. zurück, drvaust?
Wie meinst Du das? Schrieb ich etwas dazu?
Gerechtigkeit ist für mich eine Form von Ordnung und Sicherheit. Es gibt klare eindeutige Regeln, alle halten sich an die Regeln und niemand wird benachteiligt. Außerdem versuche ich gerecht zu sein, damit ich im Gegenzug auch gerecht behandelt werde.
Ich bin gerne in einer vertrauten Gruppe, aber ich definiere mich nicht über die Gruppe, ich bin auch in der Gruppe immer ich.
Diese Erscheinung, daß jemand in der Gruppe eine Gruppenidentität annimmt, die 'Persönlichkeit' der Gruppe annimmt, obwohl er alleine oder in einer anderen Gruppe eine andere Persönlichkeit hat, ist für mich fremd.
Wenn die Gruppe nicht mehr zu mir paßt, verlasse ich die Gruppe (ordentlich).
06.03.11, 11:15:41
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Ich leitete meine Überlegungen u.a. vom Gerechtigkeitsempfinden ab, das bei Autisten wohl oft besonders ausgeprägt ist. Oben klang auch an, daß Autisten eventuell eher dazu neigen das Wohl anderer mitzubedenken, nach Win-Win-Ergebnissen zu streben. Ich habe bisher den Eindruck, daß du auch ein ausgeprägtes Gerechtigkeitsempfinden hast, daher schrieb ich davon. NA schauen wohl oft vor allem, was sie selbst wollen. Autisten achten auf ein heiles Ganzes, wohl auch weil ihnen an Stabilität in ihrem Umfeld gelegen ist. Stabilität erreicht man nicht gut durch Benachteiligung anderer. Dieses Stabilitätsbedürfnis könnte u.a. das kollektive Empfinden bedingen, das ich meine. Dieses Empfinden geht eher davon aus, ein Teil eines Systems zu sein. Unschön ist dann, wenn NA kein solches kollektives Gespür aufweisen. Dann ist ein Bezug schwer möglich.
06.03.11, 11:48:25
mor
Was sind Win-Win Ergebnisse?
06.03.11, 12:11:01
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Win = englisch für gewinnen. Es ist eine Situation zwischen verschiedenen Parteien (z.B. Menschen), aufgrund derer beide profitieren. Bei einer Win-Loss-Situation profitiert nur eine Seite und die andere verliert, NA scheinen mir oft so vorzugehen.