Schulische Inklusion in Paderborn
14.12.14, 11:30:20
Fundevogel
Inklusion ist nicht nur ein schulisches sondern ein gesellschaftliches Ziel.
Zur Zeit kasernieren wir gerade in Schulen konsequent fast ausschließlich danach, ob ein Schüler ein künstlich festgesetztes Lernziel erreichen kann. Man muss in diesem Zusammenhang erwähnen, dass Kinder, die weit intelligenter als durchschnittliche Gymnasiasten sind, von Schulen ausgesondert werden, weil sie die Lehrer überanstrengen oder diese sich in ihrer "mangelhaften" Intelligenz vorgeführt fühlen können (einige Fälle im Bekanntenkreis).
Ähnliche Strukturen haben sich beim Wohnen heraus kristallisiert: Wer es sich leisten kann, wohnt im Reichenghetto, wer arm ist hat nur noch den sozialen Brennpunkt als Wahl.
Wegen eines Ausländeranteils von sage und schreibe 2 % demonstrieren Menschen angst- und hassbeladen auf der Straße.
Eine Frauenquote in Politik und Führungspositionen musste eingeführt werden, weil männliche Machtstrukturen das Eindringen in ihre Domäne zu verhindern wussten etc.
Mir wird viel zu wenig darüber diskutiert, dass Menschen (in Deutschland vielleicht mehr als anderswo?) eine große Tendenz haben, mit ihresgleichen zusammen sein zu wollen und deshalb ständig irgendwelche Ghettos gründen, in denen sie keiner Fremdberührung ausgesetzt sind.
Woher kommt diese große Angst vor dem winzigen Anteil derer, die eben anders sind?
Aus Tierversuchen weiß man seit Jahrzehnten, dass Stress zu Kanibalismus an der eigenen Spezies führt. Wem also dient es, die Menschen im Stress zu halten, sie könnten nicht dazu gehören, sie könnten sich zu wenig leisten, sie könnten in der falschen sozialen Gruppe landen, sie könnten Lernziele nicht erreichen...
An dem Maß, mit dem sich gegen Inklusion gewehrt wird, also dagegen aufgelehnt wird, Menschen die anders sind um uns "zu ertragen", kann man sehr gut ablesen, wie wirkungsvoll unser Verstand schon lahmgelegt oder zerstört wurde, wie wir trotz oder gerade wegen eines vermeintlich hohen Schul- und Ausbildungsniveaus ohne Herzensbildung bleiben und
wie ABARTIG und VERKOMMEN wir bereits sind.
14.12.14, 15:17:50
Tarantula
Mir wird viel zu wenig darüber diskutiert, dass Menschen (in Deutschland vielleicht mehr als anderswo?) eine große Tendenz haben, mit ihresgleichen zusammen sein zu wollen und deshalb ständig irgendwelche Ghettos gründen, in denen sie keiner Fremdberührung ausgesetzt sind.
Die Revolution frisst ihre Kinder, würde so mancher sagen... Und vermuten, dass es der Befriedung dient, wenn Gruppen aufeinander rumhacken, statt sich zusammenzuschließen. Und es dient dem Wettbewerbsgedanken sehr, wenn man am Beispiel Anderer sieht, wie tief man selbst fallen kann. Das lässt einen kräftiger in die Pedale treten...
Wem also dient es, die Menschen im Stress zu halten, sie könnten nicht dazu gehören, sie könnten sich zu wenig leisten, sie könnten in der falschen sozialen Gruppe landen, sie könnten Lernziele nicht erreichen...
Das dient jedenfalls der Wirtschaft. Das macht auch genügsamer. Man arbeitet zu schlechteren Bedingungen, weil man Angst hat, auch das noch zu verlieren. Die Konkurrenz von unten wird ja immer zahlreicher...
Und eigentlich ist es auch die Wirtschaft die bestimmt, wer 'arbeitsfähig' ist. Erträgt man die bestehenden Bedingungen 6-8 Stunden lang, ist alles ok. Bei 3 bis unter 6 Stunden ist es teilweise ok, bei unter 3 Stunden nicht mehr.
Dabei werden nicht individuell die Bedürfnisse des Arbeitenden berücksichtigt, alle müssen dieselben Bedingungen ertragen.
Kann jemand zum Beispiel im Einzelbüro deutlich effizienter und stabiler arbeiten und so auf 6-8 oder mehr Stunden kommen, kostet es aber Geld, ihm diesen Arbeitsplatz einzurichten. Es scheint viel zu oft, eigentlich immer, nur um Geld zu gehen. Bei der Santander-Bank zum Beispiel gibt es bei uns gar keine persönlichen Arbeitsplätze mehr. Es gibt einen großen Raum mit vielen Schreibtischen. Morgens kommt der Arbeitnehmer zur Arbeit und holt sich seinen Rollcontainer, mit dem er zu irgendeinem Schreibtisch geht, der gerade frei ist. Das spart die Büros für die Mitarbeiter ein, die gerade krank, in Urlaub oder im Außendienst sind. So könnte ich niemals arbeiten... Hier werden Barrieren geschaffen, statt sie zu beseitigen. Um Geld geht es... Immer nur um Geld. Das scheint auch irgendwie in dem Artikel durch...
wie ABARTIG und VERKOMMEN wir bereits sind
Ja...
14.12.14, 15:32:08
55555
Je länger ich einer Berührungsangst nachgebe, desto größer wird sie... Wie soll ein Schüler mit einem Behinderten in selbstverständlichen Kontakt kommen, wenn der Kontakt unterbunden wird? Warum muss man daraus überhaupt so eine große Nummer machen?
Die "Fachkräfte", die einen selbstverständlichen Umgang verhindern, müssen ja erst noch ausgebildet werden und solange muß man halt alle möglichen Scheingründe vorschieben, die einem so einfallen und wenn sie noch so abstrus sind (Beispiel Renovierung des Schulgebäudes als Ausrede - man kann sich ja fast schon fragen, ob die dann nach der Renovierung vorschieben, daß man leider bauliche Barrierefreiheit vergessen hatte, da man Anforderungen nicht kannte und jetzt ja gerade renoviert habe). Zumindest aufschlußreich, daß sich Schulleiter auch nicht unbedingt auf Grundlage ihrer rassistischen Einstellungen eleganter rauszureden versuchen als Schüler.
Zitat:
Da ich oft misstrauisch oder vielleicht auch paranoid bin, würde ich da vermuten, dass Behinderte nicht recht in den neoliberalen Kontext passen.
Ich denke, daß es eher mit einer Einstellung zu tun hat, die ausgrenzt und dadurch erst selbst eine anscheinende Ineffizienz der unerwünschten Vielfalt erzeugt. So wie eben in vielen Schulen mitwillig schlecht inkludiert wird um dann eben sagen zu können: Inklusion funktiniert nicht, können wir jetzt wieder aufhören? Die ökonomischen Schäden durch diese rassistische Ausgrenzung gehen ja weit in die Milliarden.
Zitat:
dass Behinderte von ihren Mitschülern gemobbt werden, weil ihre Lehrer sie so 'erzogen' haben.
Da wird wohl was dran sein.
Zitat:
Unsere Gesellschaft verachtet Menschen, die Hilfe benötigen
Aber die vermeintliche Hilfsbedürftigkeit Behinderter ist oft etwas, das aus Diskriminierung erst künstlich erzeugt wird, so wie die dann entstehenden Kosten ebenfalls eigentlich Folgekosten der menschenrechtswidrigen gesellschaftlichen Diskriminierung sind.
Wegen eines Ausländeranteils von sage und schreibe 2 % demonstrieren Menschen angst- und hassbeladen auf der Straße.
Ich habe seit einer Weile eher den Eindruck, daß es da gewisse Phrasen gibt, die über alles ausgeschüttet werden, was z.B. politische Machtzirkel nicht mögen. "Hass" ist eine davon. Das heißt nicht, daß es auch Hass gibt, aber mir macht teilweise mehr Angst, wie da öffentliche Kampagnen konstruiert werden, weniger wegen dem gegen das diese Kampagnen sich eben gerade richten. Am Grad der Einfallslosigkeit und der Flachheit solcher Kampagnen kann man vielleicht auch ablesen wie abgewirtschaftet diese Kreise sind. Aber wieso sollte man sich auch ernsthaft auseinandersetzen, wenn es funktioniert und dann verbreitet brav nachgeplappert wird.
Zitat:
Eine Frauenquote in Politik und Führungspositionen musste eingeführt werden, weil männliche Machtstrukturen das Eindringen in ihre Domäne zu verhindern wussten etc.
;)
Zitat:
Mir wird viel zu wenig darüber diskutiert, dass Menschen (in Deutschland vielleicht mehr als anderswo?) eine große Tendenz haben, mit ihresgleichen zusammen sein zu wollen und deshalb ständig irgendwelche Ghettos gründen, in denen sie keiner Fremdberührung ausgesetzt sind.
Was Durchmischung der Siedlungsräume oder gar Gated Communities angeht, finde ich Deutschland noch relativ unberührt von Auswüchsen, wie man sie anderswo vorfinden kann.
Zitat:
An dem Maß, mit dem sich gegen Inklusion gewehrt wird, also dagegen aufgelehnt wird, Menschen die anders sind um uns "zu ertragen", kann man sehr gut ablesen, wie wirkungsvoll unser Verstand schon lahmgelegt oder zerstört wurde, wie wir trotz oder gerade wegen eines vermeintlich hohen Schul- und Ausbildungsniveaus ohne Herzensbildung bleiben und
wie ABARTIG und VERKOMMEN wir bereits sind.
Für mich in der Tat gravierende Alarmsignale betreffs des aktuell auch hierzulande laufenden Völkermords, der vermutlich erst begonnen hat.
15.12.14, 00:35:53
drvaust
... Es gibt Schüler, die weder Abitur, noch die mittlere Reife oder einen Hauptschulabschluß schaffen und dennoch ein Recht besitzen, wohnortnah mit allen Kindern die Schule zu besuchen.
Es ist absolut falsch, dass Inklusion nur bis zur Grundschule geht ...
Es gibt hier eine 10-jährige Schulpflicht, also muß nach 4 Jahren Grundschule noch 6 Jahre lang eine Schule besucht werden. Das bedeutet, mindestens eine Hauptschule, auch wenn der Hauptschulabschluß nicht zu schaffen ist. Hauptschulen sind fast immer wohnortnah. Leider ist das soziale Niveau an Hauptschulen teilweise schlecht (restliche Schüler), aber das ist ein anderes Problem.
Wahrscheinlich ist unser gegliedertes Schulsystem veraltet und nicht richtig inklusionskonform?
In anderen Ländern ... Wobei man an unserer Gesamtschule ebenfalls das Abitur machen kann. ...
Ja, das sehe ich auch so.
Ich bin für Gesamtschulen. Da lernen die Gymnasiasten, daß Hauptschüler auch vernünftige Leute sind. Und Hauptschüler lernen, daß Gymnasiasten genauso normal sind. Außerdem könnten dann Schüler einfacher wechseln. Das wäre eine richtige Inklusion, alle Schüler zusammen in einer Schule, nur etwas unterschiedliche Kurse. Leider erfordert das viele Schüler (ein Gymnasialzug), so daß das nur in großen Städten oder mit langen Schulwegen möglich ist.
Inklusion ist nicht nur ein schulisches sondern ein gesellschaftliches Ziel.
Ja, aber das wird nicht so verstanden. In den Schulen soll die Inklusion symbolisch durchgesetzt werden. Aber danach, im Erwachsenenleben, geht es nur noch um Leistung. Keine Rede mehr von Inklusion, wer nicht paßt, HartzIV oder ab ins Heim.
15.12.14, 07:47:30
MadActress
Ja, das ist so. Und auf mir als Arbeitgeberin lastet wiederum der Druck, es genauso zu machen, wenn ich überleben will.
Das System funktioniert so. Langfristig gesehen macht das nichts, es war bei den Inkas und den Römern nicht anders. Irgendwann geht halt alles wieder von vorne los, notfalls auch ohne Menschen.
16.12.14, 00:13:30
Fundevogel
Wie waren noch die Vorhersagen, als die Waldorfschulen eingeführt wurden? Waldorfschüler mit ihrem "geringen Lernniveau" würden niemals erfolgreich in einem Gymnasium weiterbeschult werden können?
Erst wird doch mal alles abgesägt im Klub der toten Bedenkenträger.
In der Praxis gehörten die Waldorfschüler in meinem Umkreis dann schließlich zu den "besten" Schülern am Gymnasium.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass Schüler, die z.B. in der Grundschule Pannesheide beschult wurden www.gs-pannesheide.de/index.php/de/, als Erwachsene das Etikett dulden würden was anderenorts als Gymnasiumseignung mitgegeben wird... dass der Schüler gut geeignet weil nicht oppositionell sei.
Das System schwankt doch schon gewaltig und ein paar hundert Jahre anders kämen mir gerade recht.