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In der Union mehren sich die Stimmen für ein schnelles Verbot von Gentests an Embryonen. Angeheizt wurde die seit Jahren geführte Diskussion durch das überraschende Urteil des 5. Strafsenats des Bundesgerichtshofs am 6. Juli: Er hat entschieden, dass genetische Voruntersuchungen zur Erkennung von Gendefekten bei Embryonen in Deutschland erlaubt sind. Mediziner nahmen dies mit Zustimmung auf. In den Unionsparteien hingegen mehren sich nun die Forderungen nach einem gesetzlichen Verbot.
"Wir brauchen rasch eine Gesetzesänderung, um klarzustellen, dass die Präimplantationsdiagnostik (PID) nicht zur Selektion führt", sagt der bayerische Gesundheitsminister Markus Söder (CSU) dem SPIEGEL. Er habe Verständnis für betroffene Eltern, doch sei es nicht akzeptabel, dass durch PID Embryonen zerstört würden.
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Auch die Staatsministerin im Kanzleramt, Maria Böhmer (CDU), fordert ein schnelles PID-Verbot: "Es darf keine Selektion zwischen behinderten und nicht-behinderten Leben geben", sagt Böhmer. Eine Grenzziehung, wo die Auswahl von Merkmalen aufhöre, sei nicht möglich, sobald die PID einmal praktiziert werden dürfe. Dahinter steht bei Kritikern die Befürchtung, dass PID nicht nur zur Vermeidung negativer Eigenschaften eingesetzt werden könnte, sondern auch zur Optimierung gewünschter Attribute - eine Zuchtauswahl, wenn man es negativ sagen will.
Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) will nach SPIEGEL-Informationen Anfang September bei einer Klausur über ein PID-Verbot beraten. Die Ablehnung der PID wird allerdings nicht überall in CDU und CSU geteilt. Bundesforschungsministerin Annette Schavan (CDU) hält es noch für zu früh, um über eine mögliche Gesetzesänderung zu reden. Schavan will den Deutschen Ethikrat damit beauftragen, das Urteil der BGH-Richter zu bewerten und Konsequenzen für den Gesetzgeber darzulegen. Man müsse in der Bioethik "dem Rechnung tragen, wozu uns Embryonenschutzgesetz und Grundgesetz verpflichten".