Zitat:
Der Soziologe Alain Ehrenberg schreibt, dass Freiheit Depressionen verursacht. Seit dem Zweiten Weltkrieg, deutlicher noch seit den 1960ern, sei die Depression geradezu ein Massenphänomen geworden. Der Stimmungsaufheller Prozac sei deshalb nicht nur einer der größten Hits in der Geschichte der Pharmaindustrie, sondern ein Sinnbild unserer Zeit. Was Aspirin für den Kopf ist, das ist Prozac für die schmerzende moderne Seele.
Aber wie kann denn etwas so Gutes und Richtiges wie die Freiheit unsere Seele traurig machen? Jede freie Entscheidung, erklärt mir Ehrenberg, bedeutet Verzicht. Noch vor wenigen Generationen war, durch unsere soziale Herkunft, durch Normen und Traditionen vieles geregelt. Der Lebenspartner wurde von der Familie zumindest mitbestimmt, der Berufsweg ebenfalls. Unsere Großeltern blieben meist dort wohnen, wo sie geboren waren. Ihren Tagesablauf schrieben die Verhältnisse vor. Die Menschen standen unter Zwängen. Aber sie waren nicht verantwortlich. Schuld am Glück oder Unglück ihres Lebens waren im Wesentlichen andere.