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Thema: Textinterpretation (http://autismus.ra.unen.de/topic.php?id=2454)


Geschrieben von: Miezekatze am: 08.11.08, 13:18:16
Ich beobachte, wie einige von euch immer mal wieder in diesem speziellen Bereich weiter unten Lyrik einstellen.

Das bringt mich zu der Frage, wie es euch mit dem Verständnis von Lyrik und mit Textinterpretationen geht.

Bei manchen Gedichten spüre/sehe ich richtig die Stimmung, die damit transportiert werden soll,
aber ich habe und hatte immer große Schwierigkeiten mit Textinterpretationen.
"Zwischen den Zeilen zu lesen" gehört nicht zu meinen Stärken.

Gelingt euch das gut?


Geschrieben von: akurei am: 08.11.08, 14:10:08
Hm, ich denke das Hauptproblem bei uns ist, dass wir nicht wirklich einschätzen können, ob wir einen lyrischen Text richtig eingeschätzt haben. Das müsste uns jemand konkret sagen. Ich glaube jedenfalls von mir, dass einigermaßen gut zu können. Ich war immer recht gut in Deutsch auf der Schule. Wo ich mir ganz sicher bin, ist meine Interpretation von Sachtexten.


Geschrieben von: Miezekatze am: 08.11.08, 14:40:23
kann man das denn immer konkret sagen?
bei mir enstand oft der eindruck, man könnte einen text verschiedenartig interpretieren, und das kam mir dann immer total willkürlich vor.

mit sachtexten habe ich bei der interpretation auch keine probleme.


Geschrieben von: haggard am: 08.11.08, 15:04:41
wenn ich meine eigene bildsprache ausformulieren würde, würde niemand sie interpretieren können, da niemand außer mir wüsste, welches bild für was steht. die worte, die die meisten verwenden und kennen, würden keinen sinn mehr im zusammenhang ergeben.

bei interpretationen zu schulzeiten war ich sechserkandidat und legte es regelmäßig auf diskussionen mit den lehrern an. beispielsweise bei fragen, warum ein autor dieses oder jenes ende für seine erzählung gewählt hatte und nicht ein anderes. was er sich wohl dabei gedacht hatte. wer mag so etwas wissen (warum jemand anderes denkt wie er denkt...)?!


Geschrieben von: 55555 am: 09.11.08, 17:39:40
Zitat von akurei:
Hm, ich denke das Hauptproblem bei uns ist, dass wir nicht wirklich einschätzen können, ob wir einen lyrischen Text richtig eingeschätzt haben. Das müsste uns jemand konkret sagen.

Kann das denn überhaupt jemand einschätzen?
Zitat von Miezekatze:
bei mir enstand oft der eindruck, man könnte einen text verschiedenartig interpretieren, und das kam mir dann immer total willkürlich vor.

Da liegst du wohl ganz richtig, vielleicht tun sich Autisten auch besonders mit dieser Unklarheit schwer?


Geschrieben von: akurei am: 10.11.08, 00:54:23
Zitat von 55555:

Kann das denn überhaupt jemand einschätzen?


Es gibt einen von der Allgemeinheit validierten Bereich von Gültikgeit diesbezüglich, dessen Züge sich Interessierte in einem Studium aneignen können. Also ja.


Geschrieben von: 55555 am: 10.11.08, 11:23:25
Dann können sich den auch Autisten aneignen. Du meinst übliche Symbolbedeutungen?


Geschrieben von: Miezekatze am: 10.11.08, 17:44:35
Ich glaube nicht, dass ich es erlernen könnte. Ein paar Symbole deuten ja, aber mehr nicht.
Obwohl mir immer wieder Interpretationen schlüssig erscheinen, wenn ich sie lese - aber selbst wäre ich in der Regel nicht drauf gekommen.


Geschrieben von: drvaust am: 11.11.08, 00:20:17
Bei solchen Interpretationen bin ich immer misstrauisch.
Keiner weiß, was der Autor wirklich dachte, auch wenn er der offiziellen Interpretation zustimmte. In der Schule hatten mich die offiziellen Interpretationen, die wir vorgesetzt bekamen, immer gestört, ich kann selber denken.
Das erinnert mich an eine Anekdote über den Künstler Pablo Picasso, ich weiß nicht, ob die stimmt. Er soll in Ausstellungen amüsiert zugehört haben, was die Besucher in seinen Bildern sahen.


Geschrieben von: 55555 am: 11.11.08, 13:49:31
Ich denke nicht wenige Künstler amüsieren sich über diese Unterrichtsinterpretationen oder drehen sich wahlweise auch im Grab herum.


Geschrieben von: Miezekatze am: 11.11.08, 18:01:50
und wozu gibt es diese textinterpretationen im unterricht dann überhaupt?


Geschrieben von: Hans am: 11.11.08, 18:10:01
Das ist wie bei den Zeugen Jahwes, da wird deine Interpretation
so lange korrigiert bis Du auf deren Linie bist.
So funktioniert auch die "Gleichschaltung" in der Deutsch-Stunde.
Über die vorgeschriebene Interpretationen lernen die Menschen was sie wie verstehen sollen.