Nachdem ich hier einige Beiträge zum Thema Christentum/Religion gelesen habe und auch auf einige Hinweise gestoßen bin, dass es tatsächlich christliche Autismusforen gibt, haben sich bei mir einige Fragen angehäuft.
Ich selbst bin Atheistin. Meine Eltern sind religiös, meine Großeltern noch viel mehr und sie alle konnten überhaupt nicht verstehen, wieso ich aus der Kirche ausgetreten bin.
Der Grund war schlicht und einfach, dass ich das Ganze nicht nachvollziehen kann. Es scheint mir so unlogisch und ich kann nicht verstehen, warum Menschen fest von etwas überzeugt sind, das sie nicht sicher wissen können, weil es ja nicht bewiesen ist. Viel logischer erschien mir die Vorstellung, dass Menschen an der Ungeklärtheit so mancher Frage verzweifeln und sich deshalb geistige Konstrukte, also Religionen, schaffen, einfach, weil das Leben so für viele schöner ist, Rückschläge leichter zu ertragen sind und dem ganzen Dasein ein Sinn gegeben wird.
Dieses Problem ergab sich bei mir schon in der Grundschule, weil ich ständig Fragen stellte, die niemand beantworten konnte. Ich fand das alles immer so unlogisch und vieles widersprach sich.
Mit vier habe ich meiner Mutter so lange Vorträge darüber gehalten, wie unlogisch ich den Weihnachtsmann finde und was alles dagegen spricht, dass es ihn gibt, bis sie es zugegeben hat. Das gleiche Schicksal blühte dem Osterhasen und als ich dann etwa 8 war, war eben Gott "an der Reihe". Letzteren fügte ich in meinem kindlichen Denken einfach einer Reihe von "Märchengestalten" hinzu, von denen ich mich zunehmend verabschiedete, je mehr ich über die Welt lernte. Ich hatte automatisch angenommen, dass jetzt, wo ich es wusste, auch alle Erwachsenen zugeben würden, dass es nur eine erfundene Geschichte war, und war sehr verwundert darüber, dass alle so stur daran festhielten und richtig wütend wurden, wenn ich bestritt, dass es ihn gibt.
Es ist nicht so, dass ich irgendwie gegen Glaube und Religion wäre, oder mich aus irgendeinem Grund dagegen entschieden hätte. Mein immer nach Logik suchender Verstand würde es mir nicht erlauben, zu glauben, selbst wenn ich wollte, genausowenig wie man sich bewusst aussuchen könnte, in wen man sich verliebt.
Ich weiß nicht, ob es mit meinem autistischen Denken zu tun hat - aber ich bin zumindest bisher davon ausgegangen. Ich brauche für jede Frage ein klares Ja oder Nein, ich muss alles ganz genau wissen. Wenn eine Frage nicht klärbar ist, höre ich mir mögliche Theorien gerne an, aber dieses Thema würde bei mir stets in der "Antwort unklar"-Schublade rangieren, bis für eine dieser Theorien ein sicherer Beweis vorhanden ist. Natürlich würde ich das eine oder das andere favorisieren - je nachdem, was für mich logischer scheint - jedoch könnte ich niemals mit voller Überzeugung für eine solche Sache eintreten, wie es eben viele religiöse Menschen tun. Wenn man es so sieht, bin ich vielleicht auch kein "richtiger Atheist", da ich es nach meinem heutigen Denken zwar für sehr unwahrscheinlich, aber doch nicht ausgeschlossen halte, dass gläubige Menschen mit ihren Überzeugungen im Recht sein könnten.
Leider haben die wenigsten im Normalfall Verständnis für solche Fragen oder Diskussionen, auch, wenn ich ihnen nicht im entferntesten absprechen möchte, dass ihre Überzeugungen vielleicht richtig sind. Nur leider empfinden es viele als eine Beleidigung, jene überhaupt zu hinterfragen.
Meine Großeltern sind der Meinung, ohne Glaube hätte ich kein Gewissen, keine Moral und könnte nicht wissen, was richtig ist. "Da kannst du ja gleich auf die Straße gehen und jemanden erschießen" meinte mein Großvater vor Kurzem.
Das verstehe ich jetzt schon gleich dreimal nicht - ist der einzige Grund für solche Christen wie ihn, Leuten nichts schlechtes zu tun der, dass sie sich vor der Bestrafung durch eine höhere Macht fürchten?
Ich zumindest würde deswegen nicht einfach jemanden verletzen, weil es demjenigen weh tut und er und seine Angehörigen darunter leiden. Außerdem wären diese Leute dann wütend auf mich.
Mich würde interessieren: Wie kommt ihr zu eurem Glauben und wie schafft ihr es, euch so sicher zu sein? Zweifelt ihr nie? Gibt es einen Grund, habt ihr euch das ausgesucht, oder war es einfach so da?
Und kann man als streng gläubiger Mensch andere Meinungen überhaupt akzeptieren?
Habt ihr keine Denkweise ähnlich der meinen, die euch dabei im Weg steht?
Warum und wozu gibt es religiös orientierte Autismusforen (ich kann keinen Zusammenhang zwischen beidem herstellen)?
Und was sagt ihr zu dem Thema Religion und Moral?
Ich habe einfach so viele Fragen und ich möchte niemanden kritisieren oder verärgern. Ich möchte einfach besser verstehen, warum andere Menschen anders denken als ich. Und da man mit meiner Familie darüber wie gesagt nicht diskutieren kann... ich würde mich freuen, wenn sich jemand findet