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Autor Nachricht
Alabama Man
(Autistenbereich)

Das sind sehr berechtigte Fragen, mit denen ich mich gerade überfordert fühle, sie rational zu beantworten. Ich würde diese Fragen gerne an erfahrene Eltern weiterleiten, da auch ich eine Antwort darauf sehr interessant finden würde. Ich habe zwar bisher den Kontakt mit der „Szene“ noch nicht aufgenommen, dies wäre aber ein guter Grund, dies endlich mal zu tun. Ich werde die mir gegebenen Antworten dann hier zitieren.
An die Herdplatte musste ich vorhin auch schon denken und fand da auch noch keine Antwort drauf.

Autisti ist lieb.
27.05.09, 22:12:59
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drvaust
(stillgelegt)

Ich bin der Meinung, daß ein Kind nicht ohne Erziehung aufwachsen kann und ein Erwachsener anfangs dem Kind weit überlegen ist.

Der Vergleich mit einem Baum funktioniert, was die Erziehung betrifft, nicht.
Vereinfacht gesagt, ein Baum verteilt Samen und hat danach mit dem neuen Baum höchstens als Konkurrent zu tun. Wenn der Samen nicht gefressen wird und gute Wachstumsbedingungen findet, entsteht völlig selbständig ein neuer Baum.
Wenn ein Neugeborenes abgelegt wird, nicht gefressen wird und gute Wachstumsbedingungen findet, verdurstet es zumindest, weil es nicht selbständig lebensfähig ist. Ein neugeborener Mensch kann nicht ohne viel Hilfe überleben und jede Hilfe beeinflußt das Kind.

Ein Neugeborenes hat kaum Wissen, kaum Erfahrung und versteht kaum etwas von seiner Umwelt. Die Fähigkeiten und Instinkte reichen nicht zum Überleben. Probleme kann man dem Neugeborenen nicht erklären und das Neugeborene kann sich kaum verständlich machen. Also ist das Neugeborene fast vollständig fremdbestimmt. Das Kind lernt zwar am Anfang extrem schnell, aber es braucht Jahre, um die Welt einigermaßen zu verstehen. Bis dahin wird es beeinflußt, erzogen.
Man könnte das Kind nur versorgen, ansonsten soll es alle Erfahrungen selber sammeln. Aber das wäre Körperverletzung. Wenn das Baby z.B. auf einen Abgrund zu kriecht, darf man es nicht die Erfahrung machen lassen, daß der Abgrund gefährlich ist, denn das könnte die letzte Erfahrung sein. Erklären kann man das nicht, weil ein Baby das noch nicht verstehen kann. Also bleibt nur ein direkter Eingriff, das Baby wird festgehalten und weggetragen. Das Baby in eine völlig ungefährliche sterile Gummizelle einzusperren, ist auch keine Lösung, denn dann lernt das Kind nie.
Also läßt man das Kind unter Aufsicht Erfahrungen sammeln, erklärt so weit wie möglich die Welt (Erziehung) und greift notfalls ein. Am Anfang kann man dem Baby kaum etwas erklären, es muß sich auf die Eltern und Beschützer verlassen. Danach wird das Kind immer selbständiger, bis es irgendwann auch den Erwachsenen etwas erklären kann, weil es Verschiedenes besser weiß. Aber zumindest bis dahin muß das Kind geleitet werden und notfalls darauf vertrauen, daß die Erzieher etwas besser wissen, was es noch nicht versteht. Das verstehe ich unter Erziehung.
Dabei muß die Persönlichkeit des Kindes geachtet werden, ihm muß so viel wie möglich Freiheit eingeräumt werden, ihm muß so viel wie möglich erklärt werden, das gehört zu guter Erziehung. Aber das Kind ist anfangs den Erwachsenen weit unterlegen. Ohne Erziehung würde das Kind hilflos der unverständlichen Welt gegenüberstehen, ohne sie richtig begreifen zu können.

Zitat von zoccoly:
Unter demokratischer Erziehung verstehe ich, dass ich z.B. am Freitag mit meinen Kindern das Wochenende plante. Jeder äußerte seine Wünsche und begründete diese. Also wusste jeder über jeden Bescheid. Nun ist es nun aber auch so, dass auch danach unterschiedliche Ansichten bestehen, also diskutierten wir und stimmten danach ab. Auf diese Weise wurde jeder Wunsch mal erfüllt, natürlich nicht gleichzeitig, da das nicht geht.
Reine Demokratie bedeutet, daß die Mehrheit bestimmt, die Minderheit überstimmt wird.
Nur wenn ein Teil der Mehrheit, aus Sympathie oder Mitleid heraus, die Minderheit mal unterstützt, kommt diese an ihr Ziel.
28.05.09, 01:35:21
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Löwenmama
(Autistenbereich)

geändert von: Löwenmama - 28.05.09, 08:59:36

Die Diskussion ist für mich äusserst interessant,auch wenn ich mich bisher kaum geäussert habe...Ich bin mir auch nicht sicher,welchen Erziehungsstil ich anwende,weil ich das nicht nach Regeln mache,sondern "aus dem Bauch heraus",also instinktiv.
Ich gebe schon bei meinem grossen Sohn gerade die Rahmenbedingungen vor (wann er zu Hause sein muss,Aufgaben,die er zu Hause erledigen muss,beim gemeinsamen Abendessen erscheinen) und manchmal fordere ich auch Dinge von ihm ein,die ihm keinen sonderlichen Spass machen (z.B.Besuch bei Verwandten,ein Familienausflug). Da er sehr impulsiv und kräfig ist,hatte er eine zeitlang öfter körperliche Auseinandersetzungen,Dinge,die er mittlerweile verbal regeln kann.Er hat also viele Freiheiten,aber auch Pflichten ...obwohl in dem Alter wohl die meistens Jungs glauben,alle anderen dürften mehr.
Ich lasse mich aber von guten Argumenten auch gerne überzeugen,wenn ich merke es ist ihm etwas wichtig und er hat sich Gedanken gemacht,finde ich es auch wichtig,dass er angehört und ernstgenommen wird.Wie soll er sonst jemals lernen,zu argumentieren,sein Bedürfnisse und Wünsche durchzusetzen und dass er ein Recht darauf hat,dass seine Bedürfnisse auch in einem gewissen Maass erfüllt werden...
Meinen Kleinen lasse ich durch eigene Erfahrungen lernen,ich schütze ich ihn allerdings sehr wohl vor Gefahren,wie Herdplatten oder Steckdosen...auch lasse ich ihn nicht nach Herzenslust die Mülltonne ausräumen (das macht er im Moment hobbymässig),weil er die Sauerei nicht nur einmal sondern mehrmals täglich versucht...
ansonsten muss sich ein Kind doch ausprobieren,seine körperlichen Grenzen suchen um zu lernen,was sie können und eben auch was sie nicht können->das ist für mich so eine Art natürliche Grenze...


Die Hoffnung ist der Regenbogen
über den herabstürzenden Bach
des Lebens.
Friedrich Wilhelm Nietzsche
28.05.09, 08:56:04
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Bluna
(stillgelegt)

Ich glaube das Kinder mit einem natürlichen Gefühl für gut und böse auf die Welt kommem und das man dies einfach nur zum Anklingen bringen muß.Man muß es ihnen nicht erklären.
Im Falle des Stehlens hätte ich wahscheinlich gesagt:
Kannst du dich noch an das Gefühl erinnern,das du davor hattest?
Ich bin sicher ,dass dann als Antwort kommt,ja war schlecht oder etwas derartiges.Eine Art Unwohlsein.Davon kann sich das Kind leiten lassen.
Manchmal kommt es vor,dass ich meinen Kindern die möglichen Gefühle anderer Menschen, anhand ihrer eigenen Gefühle erkläre.Da treten dann unter Umständen schon Aspekte auf,die sie nicht mitbedacht haben.
Das was dann zu tun ist,das bekommen sie dann schon selbst raus.
Mit einem kleinen kind läuft es im Prinzip genauso.
Wenn es mit dem Bauklötzchen schlägt und man es fragt,ob es jemandem weh tun möchte,wird es sehr wahrscheinlich nicht antworten,ja.
Wenn es um die eigene Interessensvertretung geht,Beispiel Freizeitgestaltung,zeigt sich was beim Einzelnen überwiegt,das Interesse an Rücksichtnahme oder sich durchzusetzen.
Demokratie,im Sinne wie es drVaust beschrieben hat, ist da bei uns nicht nötig.Jeder kommt schon zu dem,was er braucht.

[Gesperrt wegen mutmaßlicher übler Nachrede im Forum, die auf Widerspruch auch noch [url="topic.php?id=3174"] bekräftigt[/url] wurde. In diesem Forum kann kein Raum für mutmaßliche Straftaten sein. Daher erfolgt die Sperrung bis versichert wird, daß die gemachte Behauptung und üble Nachrede allgemein im Forum künftig unterlassen werden wird oder dem Admin per Email bewiesen wird, daß die gemachte Aussage richtig war, mfg [55555]]
28.05.09, 11:54:49
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Alabama Man
(Autistenbereich)

@ drvaust

Mir scheint es, als würdest Du Antipädagogik mit Laissez-Faire und außerdem Beeinflussung mit Erziehung gleichsetzen. Da es in diesem Fred keine Einleitung mit Erklärung zu dem Thema gibt, sondern nur ein Gespräch fortgesetzt wurde, ist das auch nicht weiter verwunderlich. Als Einleitung empfehle ich folgenden Text: http://kraetzae.de/erziehung/erziehen_ist_gemein/
Auf diesen werde ich auch in den ersten Beitrag verweisen, damit das Thema nicht mehr so unklar bleibt.

Zitat:
Der Vergleich mit einem Baum funktioniert, was die Erziehung betrifft, nicht.
Vereinfacht gesagt, ein Baum verteilt Samen und hat danach mit dem neuen Baum höchstens als Konkurrent zu tun. Wenn der Samen nicht gefressen wird und gute Wachstumsbedingungen findet, entsteht völlig selbständig ein neuer Baum.

Deswegen funktionierte der Vergleich für mich auch irgenwann nicht mehr.
In welcher Beziehung Bäume zueinander stehen, weiß man nicht. Es gibt Forschungen darüber, dass Pflanzen über die Wurzeln miteinander kommunizieren, aber ich denke das soziale Miteinander von Pflanzen ist für den Menschen noch schwerer zu Erfassen als die Art eines Autisten für einen Nichtautisten zu erfassen ist.

Zitat:
Reine Demokratie bedeutet, daß die Mehrheit bestimmt, die Minderheit überstimmt wird.
Nur wenn ein Teil der Mehrheit, aus Sympathie oder Mitleid heraus, die Minderheit mal unterstützt, kommt diese an ihr Ziel.


Anders gesagt: „Demokratie ist, wenn zwei Wölfe und ein Schaf über die nächste Mahlzeit abstimmen.“
Über Demokratie würde ich hier auch gerne eine Unterhaltung führen, schlage aber vor, dafür ein neues Thema zu eröffnen.

@ connySL

Verschiedene Erziehungsstile zu besprechen war auch nicht unbedingt Sinn des Themas, es geht ja nicht um eine Alternativerziehung sondern um den Verzicht auf Erziehung.
Für Dich gilt aber das gleiche wie ich an drvaust schrieb wegen der fehlenden Einleitung, was ich gleich korrigieren werde.

Autisti ist lieb.
28.05.09, 13:42:18
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drvaust
(stillgelegt)

Zitat von Alabama Man:
Mir scheint es, als würdest Du ... Beeinflussung mit Erziehung gleichsetzen.
Ja. Vereinfacht, jede Beeinflussung sehe ich als Erziehung. Z.B. Erziehung durch Vorbildwirkung, Erziehung durch Wissensvermittlung usw..

Zitat von Alabama Man:
Als Einleitung empfehle ich folgenden Text: http://kraetzae.de/erziehung/erziehen_ist_gemein/
Der Text sieht Erziehung einseitig negativ, allgemein wird Erziehung umfangreicher definiert.
Außerdem wird antiautoritäre Erziehung teilweise falsch dargestellt, gemäß dem üblichen Klischee. (Ich hatte mich mal theoretisch mit antiautoritärer Erziehung befaßt, besonders den Schriften von A.S.Neill, ausgehend von seinem Wirken in Dresden.)
Das, was dort als Antipädagogik dargestellt wird, kommt der antiautoritären Erziehung nahe.

Ein Kleinkind kann man nicht ohne Leitung alles selber bestimmen lassen, weil es die Zusammenhänge noch nicht kennt und begreift.
Außerdem scheinen Kinder ihre natürlichen Grenzen noch nicht richtig erkennen zu können. Ich habe oft beobachtet, daß Kinder, um so müder sie werden, immer aufgeregter werden und nicht an Schlafen denken, bis sie 'umfallen' oder zum Schlafen gebracht werden. Auch können Kinder vermutlich ihre Bedürfnisse noch nicht richtig einschätzen. Mein Neffe, 4 Jahre, wollte jetzt mal unbedingt drei verschiedene Eis am Stiel, zwei hat er bekommen, geschafft hat er nicht einmal ein Eis (das zerfiel in seiner Hand).
Außerdem haben Erwachsene gegenüber den Kindern eine Machtposition, weil sie das Geld haben. Ich würde einem Kleinkind kein Geld als Unterhalt geben, damit es selber bestimmen kann, was es sich kauft (Kleidung, Spielzeug, Nahrung usw.). Oder dem Kind alles bezahlen, was es gerade will, weil es überzeugt ist, daß es das unbedingt braucht.
29.05.09, 04:55:43
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Bluna
(stillgelegt)

Ich glaube,dass man bei Kindern viel damit erreichen kann,wenn man nicht direkt beeinflußt durch Lob oder Strafe,sondern versucht die Freude am richtigen Tun, zu bestärken.Jedenfalls war das immer meine Methode,meißt am Beipiel dessen was Kinder so erleben und was sie beschäftigt,ihnen meine Ansichten aufzuzeigen.Damit konnte ich erreichen,dass sie eine Orientierungshilfe hatten,wenn sie sich selbst in bestimmten Situationen befanden.Das hat hervorragend funktioniert,weil es keine Einflußnahme auf den Willen des Kindes darstellt und so keinen Trotz hervorruft.
Man kann schon bestimmte Dinge von einem Kind fordern.Das Einschlafen zum Beipiel nicht.Man kann ja selbst manchmal nicht einschlafen.Je mehr man sich Mühe gibt,desto weniger kann man einschlafen.
Aber man kann von einem Kind verlangen,dass es liegenbleibt oder zumindest im Bett.Dann schläft es schon ein.

[Gesperrt wegen mutmaßlicher übler Nachrede im Forum, die auf Widerspruch auch noch [url="topic.php?id=3174"] bekräftigt[/url] wurde. In diesem Forum kann kein Raum für mutmaßliche Straftaten sein. Daher erfolgt die Sperrung bis versichert wird, daß die gemachte Behauptung und üble Nachrede allgemein im Forum künftig unterlassen werden wird oder dem Admin per Email bewiesen wird, daß die gemachte Aussage richtig war, mfg [55555]]
29.05.09, 20:17:11
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