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Ob in der Politik, der Ökonomie oder der Medizin: Wer seine Ansichten auf Fakten stützt, beansprucht damit Wahrheit für das Gesagte. Allerdings sind Wahrheit und Fakten nicht miteinander identisch, sondern stehen in einem überaus komplizierten Verhältnis zueinander.
Dieses Verhältnis gilt es genauer zu verstehen, wenn wir begreifen wollen, warum die Digitalisierung die Fakten und damit das Expertenwissen zu entwerten scheint. Denn wenn die Faktenlage aufgrund digitaler Medien kontinuierlich aktualisiert wird, werden die Fakten zwar immer exakter, zugleich verlieren sie jedoch jene Dauerhaftigkeit, die einst Kennzeichen ihrer Wahrheit war (vgl. Hannah Arendt, "Wahrheit und Lüge in der Politik").
Das ändert sich nun mit der Digitalisierung: Damit unsere Kenntnis der Fakten akkurat bleibt, muss sie laufend aktualisiert werden - und es ist genau diese Veränderbarkeit, die uns mit einem Gefühl der Konfusion und Beunruhigung zurücklässt. Die sich permanent ändernden Fakten müssen falsch sein, schließlich verändert sich die Wahrheit nicht, sie ist zeitlos. Es scheint, dass wir hier immer noch nach den Regeln eines älteren Diskurses denken und uns an eine Logik halten, die uns zwar lange Zeit gute Dienste geleistet hat, die aber im Grunde im Zeitalter der Druckerpresse verhaftet geblieben ist. Denn während der neue Fakt niemals exakter gewesen ist, war er auch nie weniger dauerhaft.