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Gerhard Polt: Wenn man heute Kommunikation sagt, dann meint man das Handy. Das Ganze hat aber auch eine wirtschaftliche Dimension. Früher saßen Leute unterschiedlichster sozialer Herkunft oft stundenlang im Wirtshaus und haben geredet, Witze erzählt oder Karten gespielt. Aber das geht heute nicht mehr, auch in München nicht, weil der Druck der Brauereien so groß und die Mieten so hoch sind, dass ein normaler Wirt nicht zuschauen kann, wenn die Leute wenig konsumieren. Er braucht zahlungskräftiges Publikum, das isst und dann schnell wieder geht. So wurde das Wirtshaus zur Gaststätte. Und für die, die sich das nicht leisten können, wurde die Wärmestube eingeführt. Ich habe da nichts dagegen, aber es hat halt schon einen sozialen Touch. Bei vielen führt das dazu, dass sie gleich in ihrer Einzimmerwohnung bleiben und dort alleine ihre Biere trinken.
FAZ: Da also sind die Originale abgeblieben?
Polt: Die sind heute im Heim und werden gewindelt. Die gesamte Gesellschaft wird ja immer abgerundeter und aufgeräumter. Vieles ist verschwunden. Es gibt zwar Dokumentationen und Archive, aber den Duft und den Dunst von Dingen, den kannst du nicht konservieren. Schwund gab es schon immer. Nur dass der Schwund heute weniger bemerkt wird.