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Thema: Wieviele Autisten bevorzugen wirklich Schriftlichkeit? (http://autismus.ra.unen.de/topic.php?id=8518)


Geschrieben von: Lebensblume am: 18.10.21, 22:52:03
Zitat von feder:
Mein Körper ist für mich bestenfalls eine Hülle, die mich von A nach B bringen kann.

Interessant. Bei mir ist es ganz anders. Mein Körper hat wie ein eigenes Leben, das aber wenig mit "mir" zu tun hat. Ich beobachte ihn, nehme wahr, wie es ihm geht, denn er ist wie ein Barometer, nimmt jede Schwankung um ihn herum wahr. Er reagiert auch mit Schmerzen, wenn es jemandem, dem ich begegne, nicht gut geht.
Aber trotzdem ist er etwas "Eigenes", etwas Getrenntes von mir.


Geschrieben von: feder am: 18.10.21, 23:09:31
Zitat:
Er reagiert auch mit Schmerzen, wenn es jemandem, dem ich begegne, nicht gut geht.
Solche Dinge nehme ich nicht auf Ebene meines Körpers wahr.

Und damit schlage ich vor, dass wir zum Threadthema zurückkehren. zwinkern


Geschrieben von: 55555 am: 19.10.21, 14:47:31
Zitat von Lebensblume:
Könnte ganz grob definiert mündlicher Kontakt eher die körperlich-seelische, schriftlicher Kontakt eher die seelisch-geistige Ebene stimulieren?

Das wäre so gemeint wie, daß je nachdem wie jemand ganz praktisch kommuniziert "geistiges" oder "körperliches" stimuliert würde? Die Entscheidung so oder so zu kommunizieren wäre dann eine Art eigene Entscheidung für "Körperliches" oder "Geistiges"?

Es ist aber z.B. bei mir nicht so, daß ich plötzlich mündlich agiler würde in einem Sinne wie "da bin ich jetzt zuhause", wenn aufgrund irgendwelcher äußerer Umstände irgendetwas zu regeln wäre, das sich auf Körperliches bezieht.


Geschrieben von: Lebensblume am: 19.10.21, 15:18:42
Zitat von 55555:
Das wäre so gemeint wie, daß je nachdem wie jemand ganz praktisch kommuniziert "geistiges" oder "körperliches" stimuliert würde?

Ich dachte es eher umgekehrt. Wenn sich jemand auf einer der beiden Ebenen (Körper/Seele, Seele/Geist) mehr zu Hause fühlt, dann fühlt er sich möglicherweise der ihr eher entsprechenden Kommunikationsart näher, weil sie ihn an sein Zuhause erinnert - und/oder seine dieser Ebene entsprechenden Fähigkeiten besser eingebracht werden können.


Geschrieben von: 55555 am: 19.10.21, 16:04:36
In dem Fall sollte es ganz leicht sein in Kreisen von Leuten, die sich für Geistiges interessieren solche zu finden, die Schriftlichkeit klar bevorzugen würden? Entspricht leider gar nicht meiner Erfahrung.


Geschrieben von: Lebensblume am: 19.10.21, 16:15:21
Zitat von 55555:
In dem Fall sollte es ganz leicht sein in Kreisen von Leuten, die sich für Geistiges interessieren solche zu finden, die Schriftlichkeit klar bevorzugen würden?

Hier wäre wieder die schon mal gestellte Frage, inwieweit sich "Interesse haben" mit "Zuhause sein" deckungsgleich zeigt.


Geschrieben von: mor am: 19.10.21, 17:02:49

Zitat von 55555:
In dem Fall sollte es ganz leicht sein in Kreisen von Leuten, die sich für Geistiges interessieren solche zu finden
Je nachdem, wie man "Interesse" versteht.


Geschrieben von: feder am: 19.10.21, 22:12:18
Zitat:
Ich dachte es eher umgekehrt. Wenn sich jemand auf einer der beiden Ebenen (Körper/Seele, Seele/Geist) mehr zu Hause fühlt, dann fühlt er sich möglicherweise der ihr eher entsprechenden Kommunikationsart näher, weil sie ihn an sein Zuhause erinnert - und/oder seine dieser Ebene entsprechenden Fähigkeiten besser eingebracht werden können.
Das würde voraussetzen, dass jemand, der zunehmend in geistigen Dingen sein Zuhause findet, zunehmend auch im Schriftlichen eher zuhause wird als im Mündlichen. Dann wäre das gewissermassen ein äusseres Merkmal, das innere Prozesse spiegelt. Das finde ich als These problematisch.


Geschrieben von: Lebensblume am: 19.10.21, 22:55:39
Zitat von feder:
Das würde voraussetzen, dass jemand, der zunehmend in geistigen Dingen sein Zuhause findet, zunehmend auch im Schriftlichen eher zuhause wird als im Mündlichen.

Könnte es möglicherweise sein, dass Du unter "Geistigem" etwas anderes verstehst als ich es hier meine? Dass Du damit eher den menschlichen (Verstandes)Geist meinst, als den göttlichen Geist?
Der menschliche Geist mit seinem Verstand und Intellekt ist in einem Kind noch nicht zur Reife gelangt und entwickelt sich (mehr oder weniger) im Verlauf eines menschlichen Lebens.
Ich meine aber eher das Geistige (Spirituelle), das nichts mit biologischem Alter zu tun hat - und bereits in einem Neugeborenen höher entwickelt sein kann, als in den Menschen seines hineingeborenen Umfeldes.
Ein solches Kind würde eventuell von Anfang an mehr dem Schriftlichen zuneigen und dies hätte dann weniger mit einem inneren Prozess zu tun, sondern viel mehr mit der spirituellen Reife seiner Seele - oder anders ausgedrückt mit dem Grad der in ihr entfalteten Liebe zu Gott.


Geschrieben von: feder am: 20.10.21, 09:15:12
Zitat:
Dass Du damit eher den menschlichen (Verstandes)Geist meinst, als den göttlichen Geist?
Wenn ich Verstand meine, schreibe ich Verstand, wenn ich göttlichen Geist meine, schreibe ich Geist. Wir meinen also dasselbe.


Geschrieben von: Lebensblume am: 20.10.21, 09:41:03
Kettenbeitrag zusammengefügt, [feder]

Zitat von feder:
Dann wäre das gewissermassen ein äusseres Merkmal, das innere Prozesse spiegelt. Das finde ich als These problematisch.

Ich würde es eher als mögliche Wirkung einer Ursache bezeichnen (geistige Gesetzmässigkeit). Weshalb sollte dies problematisch sein?

Zitat von Lebensblume:
Ich würde es eher als mögliche Wirkung einer Ursache bezeichnen


Ob der Mensch sich dann allenfalls aufgrund äusserer Prägung anders entscheidet und mehr an mündlicher Kommunikation interessiert ist, obliegt seinem freien Willensspielraum.


Geschrieben von: 55555 am: 20.10.21, 12:15:53
Zitat von feder:
Das würde voraussetzen, dass jemand, der zunehmend in geistigen Dingen sein Zuhause findet, zunehmend auch im Schriftlichen eher zuhause wird als im Mündlichen. Dann wäre das gewissermassen ein äusseres Merkmal, das innere Prozesse spiegelt. Das finde ich als These problematisch.

Wären hier also die Fragen offen, was dazu führen könnte, daß ein Mensch sich in Schriftlichem mehr zuhause fühlt als in Mündlichem und inwieweit sich das auf das Verhalten eines Menschen auswirken würde, auch was seine erkennbaren banalen Interessen betrifft.

Klassischerseits gefolgert besteht ja wohl schon eine relativ gering oder breit ausgeprägte körperliche Sinnlichkeit bei vielen Autisten. Es bestehen aber öfters ausgeprägte körperlichkeitsbasierte Empfindlichkeiten (teils eben empfindungsfähigere Körpersinne). Gerechtigkeit als Konzept ist vielen Autisten ähnlich gefolgert wichtiger als Rudelzugehörigkeit. (Eventuell nur Folge der eigenen Ausgrenzungen? Tritt so aber eher nicht gleichartig bei anderen ausgegrenzten Minderheiten auf.)