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Autor Nachricht
drvaust
(stillgelegt)

Zitat von Linde:
ich habe viele Fragen. U.A. beschäftigt mich die Frage nach dem Zusammenhang zwischen Intelligenz und Motivation.
Wie meinst Du das? In welcher Beziehung?
Ich sehe da keinen direkten Zusammenhang. Intelligenz ist eine Fähigkeit, die sich nicht direkt auf Motivation auswirkt. Wenn die Anderen intelligenter sind, könnte das die Motivation hemmen. Aber Intelligenz kann auch die Motivation hemmen. Das sind verschiedene Sachen, mit Wechselwirkungen, aber nicht direkt abhängig.
Wenn ich, aufgrund meiner Intelligenz, erkenne, daß ein Vorhaben kaum erfolgreich gelingen kann, bin ich kaum motiviert. Ein weniger intelligenter würde unbekümmert loslegen. Wenn ich, aufgrund meiner Intelligenz, die Lösung schnell finde, bin ich motiviert. Ein weniger intelligenter würde vielleicht vor einem scheinbar unlösbaren Problem zurückschrecken.
Hast Du eine konkrete Situation oder spezielle Probleme?
26.11.07, 20:00:39
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Linde
(Gesinde)

Hallo drvaust,
ja ich habe mehrere konkrete Probleme. Dieser Autist ist in einer Klasse mit 8 anderen geistig Behinderten, ist aber IQ-mäßig eher gut begabt. Er schreibt mit mir eher wenig (FC). Das scheint zwei Gründe zu haben. Die ihn bis jetzt gestützt hat will ihn nicht loslassen (mit der rechnet er auch schwierige Aufgaben)und sie betont immer, dass er sie noch braucht. Das kann ich auch gut annehmen, da ich es nicht als meine Leistung annehme, wenn er toll rechnet. Das größere Problem ist wohl meine eigene Arbeitseinstellung. Ich weiß nicht wie wichtig für ihn seine Intelligenz ist. Wenn er sie bei mir nicht zeigen mag, kann ich ihn nicht dazu motivieren, weil ich nicht dahinter stehe und auch, weil ich nicht um ihn konkurrieren will.
Ich hoffe, das war jetzt nicht zu durcheinander.
VG Linde
27.11.07, 00:38:37
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drvaust
(stillgelegt)

Zitat von Linde:
Die ihn bis jetzt gestützt hat will ihn nicht loslassen ... und sie betont immer, dass er sie noch braucht.
Das größere Problem ist wohl meine eigene Arbeitseinstellung.
Ich weiß nicht wie wichtig für ihn seine Intelligenz ist. Wenn er sie bei mir nicht zeigen mag, kann ich ihn nicht dazu motivieren, weil ich nicht dahinter stehe und auch, weil ich nicht um ihn konkurrieren will.
Die ihn bis jetzt gestützt hat, muß sie ihn loslassen? Sollst Du sie ersetzen? Das ist für einen Autisten schwierig, ein Wechsel der Bezugsperson.
Wie ist Deine Arbeitseinstellung? Worin besteht da das Problem?
Was meinst Du mit "weil ich nicht dahinter stehe"?
Wenn er sehr intelligent ist, braucht er auch eine entsprechende Förderung, bzw. Möglichkeiten, seine Intelligenz anzuwenden. Da könnte ein Umfeld mit geistig Behinderten nicht geeignet sein.
28.11.07, 23:18:58
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Linde
(Gesinde)

Hallo drvaust,
ich versuche mal etwas strukturierter zu schreiben.
1. Die Arbeitssituation ist für mich schwierig. Ich bin angestellt von den Eltern, aber ausgewählt hat mich die Schule, eben weil ich keine Ahnung habe (bzw. hatte). Schon am ersten Tag habe ich von der Kollegin (angestellt von der Schule) eine gewisse Agressivität gefühlt. Erstmal habe ich mir abgeschaut, was sie macht. Sie hat extrem viel mit ihm geschmust. Als ich das anfänglich nachahmte, fing der AT an mich total zu vereinnahmen. Damit hatte ich einfach nicht gerechnet. Jetzt weiß ich, dass ich mich da gut abgrenzen muss. Ob ich sie wirklich ablösen soll, ist mir auch nicht klar. Von ihrer Seite wahrscheinlich nur so weit, wie sie ihn loslassen will.
2. Meine Arbeitshaltung hat wohl eher mit meiner eigenen Geschichte zu tun. Ich bin hb, war supergut in der Grundschule, aber ich habe im Gymnasium ziemlich die Motivation verloren. Habe zwar mein Abi locker geschafft, aber wenn man´s beruflich sieht, nicht wirklich was daraus gemacht. Begründen würde ich es jetzt mit "emotionalen Blockaden".
Ich habe einen Satz von dir gefunden beim Stöbern:
"Wenn mich jemand für ein Ziel motivieren will, will ich das Ziel nicht erreichen." So ähnlich ging es mir auch, und das erlebe ich so mit meinen Töchtern. Drum habe ich so Schwierigkeiten, zu wollen, dass er bei mir Leistung zeigt.
Außerdem ist er wohl intellektuell total unterfordert. Aber würde es wirklich Sinn machen, wenn er mit Hilfe einer Stützerin seinen Schulabschluss macht? Ist er dann glücklicher, obwohl er allein nicht zurecht käme?
Bin gespannt auf deine Antwort.
VG Linde
29.11.07, 21:28:52
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drvaust
(stillgelegt)

Zitat von Linde:
Außerdem ist er wohl intellektuell total unterfordert.
Aber würde es wirklich Sinn machen, wenn er mit Hilfe einer Stützerin seinen Schulabschluss macht? Ist er dann glücklicher, obwohl er allein nicht zurecht käme?
Ist es möglich, ihm eine intellektuell fordernde Beschäftigung zu ermöglichen? Nicht unbedingt schulische Ziele, sondern mehr Hobby und Interessengebiet?
Kann er mit einem Schulabschluss etwas anfangen? Kann er einen entsprechenden Arbeitsplatz bekommen, evtl. geschützter Arbeitsplatz? Hilft ihm ein Abschluß, steigert es sein Selbstwertgefühl?
30.11.07, 00:28:19
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Linde
(Gesinde)

Hallo drvaust,
diese Antworten hätte ich ja gerne von dir. Bin ratlos.
VG Linde
30.11.07, 14:56:40
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drvaust
(stillgelegt)

geändert von: drvaust - 30.11.07, 23:49:56

Zitat von Linde:
diese Antworten hätte ich ja gerne von dir.
Ich weiß ja nicht, was möglich ist, was er kann, was er will. Lebt er in einem Heim oder zu Hause? Wie ist sein Umfeld? Welche Perspektiven sind für ihn denkbar? Wenn jemand intellektuell unterfordert ist, ist das nicht schön. Kann er lesen und stehen ihm entsprechende Bücher zur Verfügung? Oder Internet?
Wie selbständig ist er? Es gibt einige Autisten, die zwar Betreuung brauchen, aber erfolgreiche Fachleute sind. Z.B. Autoren.
30.11.07, 23:45:09
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Linde
(Gesinde)

Was er will, wüsste ich auch gerne.
Er ist 13 und lebt daheim.Sein Vater ist Mathematiker. Was heißt für dich selbstständig. Er kann theoretisch vieles allein, macht es aber nicht, außer es gibt was zu Essen.
Ich habe letztens ein Buch gelesen über autistische Zwillinge. Mit FC durch die Mutter haben sie ihr Abitur gemacht. Was ist Intelligenz wert?
Kann es gerade nicht besser ausdrücken.
Gute Nacht
Linde
01.12.07, 01:42:39
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drvaust
(stillgelegt)

Zitat von Linde:
Was er will, wüsste ich auch gerne. ... Er kann theoretisch vieles allein, macht es aber nicht, außer es gibt was zu Essen.
Er scheint keine ausreichenden Anreize zu haben, etwas zu erreichen, außer Essen. Oder ist es ihm zu stressig, überfordert. Wie sind die Aussichten für ihn, was kann er erreichen? Gesellschaftliche Anerkennung, Ehre, Ränge in der Hirarchie usw. sind für Autisten keine großen Anreize. Gibt es für ihn Motivationen, außer Essen? Hat er Vorstellungen von seiner Zukunft? Gibt es für ihn sinnvolle Perspektiven? Ein guter Schulabschluß und dann ein Leben im Heim ist keine sinnvolle Perspektiven. Aber z.B. Wissen und Erkenntnis. Oder die Freiheit der Selbständigkeit, ein selbstbestimmtes Leben.
Zitat von Linde:
Was ist Intelligenz wert?
Wenn man nicht viel Nutzen davon hat, ist Intelligenz nicht viel wert. Manchmal wäre ich lieber dumm und glücklich.

@Moderation: Diese Diskussion sollte vielleicht in ein anderes, passenderes, Unterforum verschoben werden (ab meinem ersten Beitrag).
Sonst geht die Vorstellung (24.11.) und Bitte um Freischaltung (26.11.) unter.
01.12.07, 22:08:28
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Linde
(Gesinde)

Hallo drvaust,
Zitat:
Oder die Freiheit der Selbständigkeit, ein selbstbestimmtes Leben.

Hat das schon mal ein Mensch geschafft, der frühkindlichen Autismus hatte?
Ehrlichgesagt bin ich jetzt überfordert. Ich kenne ihn ja erst seit 3 Monaten, werde nur informiert, wenn ich beharrlich nachfrage und überhaupt ist gerade Chaos in der Klasse, weil die Klassenleitung krank ist. Zeit sich dort auszutauschen ist keine, und für die Eltern bin ich wohl noch nicht kompetent genug, bin ich wahrscheinlich auch nicht.
Wahrscheinlich muss ich mir einfach noch Zeit geben, ihn kennenzulernen. Wenn er nicht mit mir schreibt, wird das seine Gründe haben, die ich akzeptieren muss.
Viele Grüße
Linde
02.12.07, 21:21:43
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drvaust
(stillgelegt)

Zitat von Linde:
Zitat:
Oder die Freiheit der Selbständigkeit, ein selbstbestimmtes Leben.
Hat das schon mal ein Mensch geschafft, der frühkindlichen Autismus hatte?
Genaugenommen hat das noch kein Mensch 100%-ig geschafft.
Aber auch bei schwerem frühkindlichem Autismus ist eine teilweise Selbständigkeit möglich. Verschiedene Tätigkeiten können selbständig ausgeführt werden, verschiedene Entscheidungen können selbständig getroffen werden. Es ist für Helfer vielleicht einfacher, selber zu entscheiden und die Arbeit selber zu machen, als nur zu unterstützen und zu beaufsichtigen, weil das länger dauert und fehlerhaft sein könnte. Aber Selbständigkeit ist eine Frage der Menschenwürde. Wer schwierige Sachen immer abgenommen bekommt, wird nicht selbständig. Du schriebst, daß er intelligent ist, dann kann er auch lernen, wenn er gefordert wird und einen Sinn darin sieht.
Linde, Du engagierst Dich für ihn, versuchst ihm zu helfen, informierst Dich, das ist gut.
Vielleicht wird er nie alleine leben können, aber bestimmt teilweise selbständig und selbstbestimmt.
04.12.07, 00:05:02
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Linde
(Gesinde)

Hallo drvaust,
danke für deine aufmunternden Worte. Im Moment bin ich eher stolz auf ihn, dass er in unserem Schulchaos gut bestehen kann, ohne oft auszurasten.
Er war wohl schonmal in bestimmten Fächern in der Hauptschule, war aber mit dem Drumherum überfordert. Eigentlich habe ich nicht das Gefühl, dass er an dieser intelektuellen Unterforderung leidet. Die Entscheidung haben letztendlich die Eltern, ich kann ihn nur versuchen ein Stück zu begleiten.
VG Linde
04.12.07, 17:40:02
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