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55555
(Fettnäpfchendetektor)

Das Thema ist nicht neu. Da Autisten heutzutage gerne über das Internet kommunizieren ist ein Großteil der Kommunikation zwischen Autisten leicht von ehemaligen Kommunikationspartner nach Belieben lancierbar. Aus diesem Grund trete ich schon seit einiger Zeit für sehr strikte Diskretionsnormen ein, gerade wenn es um Kommunikation von Autisten geht, denen kaum andere ähnlich geeignete Kommunikationskanäle offenstehen.

Die Realität in der Autistenszene sieht jedoch oft so aus, daß nach meinem Eindruck sehr schnell vertrauliche Informationen nachträglich in einem Sinn benutzt werden, der dem ehemaligen Gesprächspartner nicht recht sein dürfte. Nichtautisten nennen das Tratsch, doch mündlicher Tratsch hat selten die Gelegenheit wörtlich zu zitieren und ist generell weniger glaubwürdig. Tratsch unter Nichtautisten sind fast immer Nacherzählungen, nicht Zitate. Zitate sprechen für in anderer Weise sich, zumindest glauben das viele Menschen, weil sie sich oft nicht in vollem Umfang darüber klar sind wie sehr man durch selektives Zitieren Aussagen verfälschen kann ohne direkt zu fälschen. Zitate kommen in einem Gestus des Beweises daher, wer sie bezweifelt wird häufig im Beweiszwang gesehen, denn "es steht ja da" und das anzuzweifeln ähnelt einem Lügenverdacht, wohingegen es keine so große Ehrverletzung darstellt eine Nacherzählung anzuzweifeln.

Dabei finde ich auch besonders bemerkenswert, daß Autisten zumindest oft behaupten eine vorgenommene Indiskretion sei aus übergeordneten Motiven nötig und angemessen. Ich gehe davon aus, daß diese Autisten davon auch meist selbst überzeugt sind. Sollte hier nicht größere Vorsicht in die Sitten einer Autistenkultur (keine Anspielung auf die Site ähnlichen Namens) einziehen? Indiskretion kann möglicherweise angemessen sein, das bestreite ich nicht. Ich möchte aber die Frage stellen, ob sie nicht letztlich mehr Schaden anrichtet als Nutzen erzeugt? Ist es nicht grausam, wenn Autisten sich gegenseitig mißtrauen, weil sie immer damit rechnen müssen, daß irgendeine beiläufige Aussage irgendwann genau analysiert wird?

Indiskretion betrachte ich in der Regel als Eingriff in die Privatsphäre eines Menschen, was für Autisten wegen der autistischen Kommunikationsbedürfnisse in besonderem Maß gilt. Ich fände es gut, wenn das Thema ehrlich aufgegriffen wird und sich daraus Regeln entwickeln, die Indiskretion in kalkulierbarere Bahnen lenkt. Es könnte z.B. unter Autisten zur ethischen Norm werden, daß Bezugnahmen aus privatem Emailverkehr, insbesondere Zitate, als grober Verstoß gegen die allgemeinen Sitten gilt und entsprechend sozial geahndet wird und andererseits Kommunikationsräume definiert werden, in denen Kommunikation stattfindet, auf die Bezug genommen werden darf, etwa Foren und die entsprechenden Bereiche auch im Alltag systematisch entflochten werden, indem öffentlich relevante Themen auch nur noch in (abgestuft) öffentlichen Bereichen thematisiert werden und nicht per Email. Auch das Kommunizieren von öffentlich relevanten Themen über diskrete Kanäle müßte möglicherweise tabuisiert werden, da es den Schutz dieses Kanals zu mißbrauchen versucht. Dieser Teil ist eine Überlegung von mir, die einer Problemlösung entgegenarbeiten möchte.

Werden wir es schaffen uns vor der eigenen Lust zur Indiskretion zu schützen oder wird so das Entstehen einer autistischen Gesellschaft weiter unterminiert werden? Ist es wohlmöglich gar als Teil des Mediums zu betrachten? Und damit als Teil der autistischen Kultur? Autisten als Vorreiter des Modells vom gläsernen Bürger? Ich möchte das nicht, das ist nicht meine Welt.

Mancherorts steckt man Eltern ins Gefängnis, die ihre Kinder aus ideellen Gründen nicht zum Arzt bringen. Anderswo schützt man fremde Kulturen mittels Strafen vor Kontakt und Einmischung.
04.04.08, 16:44:07
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haggard
(Autistenbereich)

indiskretion? notwendig durch autisten? das verstehe ich nicht. gibt es eine autistenkultur? also ich meine, die meisten sind doch für sich abgekapselte vom sozialen gefüge getrennte menschen - die einen mehr, die anderen weniger. kann man das als kultur bezeichnen?
ich fände es verwerflich, vorschriften für autisten mit der begründung von ethik aufzustellen. sind autisten nicht schon genügend zwängen unterworfen? wie sollten verstöße geahndet werden???

wenn man sich in foren für die öffentlichkeit äußert, ist es doch die private entscheidung, dass man das macht. es müsste einem zumindest bewusst sein, dass auch andere fremde personen dinge über einen selbst und andere erfahren können. lustiges, peinliches, nachdenkliches, interessantes. könntest du dir vorstellen, dass wir alle uns so wie über dieses medium unterhalten würden, würden wir uns real in einem raum gegenüberstehen? würde man einfach ein gespräch mit einer wildfremden person beginnen oder dort einsteigen?
wenn wir dadurch halbgläserne menschen sind, muss jeder für sich entscheiden können, ob er das sein will oder nicht. genauso, wie sich jeder andere dafür oder dagegen entscheiden kann, wissen über andere personen zu erlangen, indem forenbeiträge gelesen werden.
bezüglich indiskretion denke ich, dass jeder von sich aus so viel anstand besitzen sollte, dass über andere personen oder so nicht in der form kommuniziert wird, dass außenstehende sofort erkennen, wer gemeint ist. wenn ich also über eine person xyz aus meinem privaten bereich berichten würde, dürfte ich nicht deren wirklichen namen preisgeben. aber dies sollte so eigentlich selbstverständlich sein. nicht nur für autisten. für alle. in einem forum können sich forennutzer forennamentlich benennen, da dies als äquivalent eines realen gegenüber anzusehen ist. sollten sich forennutzer untereinander privat kennen, dürften sie auch in einem forum mit forennamentlicher nennung nicht so direkt über forennutzer schreiben, da dies das äquivalent zum mündlichen wäre. aber auch das sollte eigentlich selbstverständlich sein.
05.04.08, 01:33:17
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55555
(Fettnäpfchendetektor)

Zitat von azrael:
gibt es eine autistenkultur? also ich meine, die meisten sind doch für sich abgekapselte vom sozialen gefüge getrennte menschen - die einen mehr, die anderen weniger.

Das ist denke ich nur das Klischee. Autisten wollen Kontakt zu anderen, da andere Autisten ähnlich erleben ist die Nähe zu denen im Prinzip viel größer. Aufgrunddessen gibt es spezielle Bräuche unter Autisten, die sich meist von selbst verstehen, einfach weil man ähnliche Erfahrungen gemacht hat. Das stiftet in einem gewissen Rahmen eine gemeinsame Identität und sowas kann man Kultur nennen. Ja, Autisten haben eine Kultur und diese Kultur wird sich ausbreiten, je mehr Autisten kommunizieren, wozu jetzt durch das Internet viel bessere Gegebenheiten vorhanden sind als vor 20 Jahren.
Zitat:
ich fände es verwerflich, vorschriften für autisten mit der begründung von ethik aufzustellen. sind autisten nicht schon genügend zwängen unterworfen? wie sollten verstöße geahndet werden???

Du bist dafür, daß jeder alles machen kann wozu er Lust hat ohne dafür wenigstens befremdet angesprochen zu werden? Ethik ist für dich verzichtbar? Wenn nein, dann ist Ethik aber immer auch eine Art ästhetisches Empfinden und dieses hat wiederum selektives Handeln zur Folge.
Zitat:
wenn man sich in foren für die öffentlichkeit äußert, ist es doch die private entscheidung, dass man das macht.

Ja, dem stimme ich zu was die öffentlichen Bereiche angeht, die kein diskreter Rahmen in dem Sinne sind, solange man die Nicks nicht realen Personen zuordnet, da hast du aus meiner Sicht völlig Recht.

Aber was geschützte Forenbereiche oder andere Kommunikationswege angeht sehe ich das nicht so. Man öffnet ja normalerweise auch nicht die Post der WG-Mitbewohner gegen deren Willen und antwortet dann auf Protest auch noch: "Ja, wenn du dich dafür entscheidest per Post zu kommunizieren, dann ist das doch deine Entscheidung. Du weißt doch, daß ich die Post öffnen kann wenn ich zuerst am Briefkasten bin." Warum wirkt das vermutlich auf die meisten Leser schräg? Weil es eine etablierte ethische Norm zu diesem Thema gibt. Und soetwas brauchen wir denke ich auch für die besonderen Kommunikationswege von Autisten, die eigentlich keine besonderen Wege sind, sondern besondere Wegegängigkeit. Warum sollten wir so tun als wäre das alles nicht anders als in der Kommunkation unter Nichtautisten, schließlich liegt eine einzigartige Situation vor und auf die sollte finde ich die Autistenkultur reagieren um sich "nicht selbst" zu schaden.
Zitat:
bezüglich indiskretion denke ich, dass jeder von sich aus so viel anstand besitzen sollte, dass über andere personen oder so nicht in der form kommuniziert wird, dass außenstehende sofort erkennen, wer gemeint ist. wenn ich also über eine person xyz aus meinem privaten bereich berichten würde, dürfte ich nicht deren wirklichen namen preisgeben. aber dies sollte so eigentlich selbstverständlich sein. nicht nur für autisten. für alle. in einem forum können sich forennutzer forennamentlich benennen, da dies als äquivalent eines realen gegenüber anzusehen ist. sollten sich forennutzer untereinander privat kennen, dürften sie auch in einem forum mit forennamentlicher nennung nicht so direkt über forennutzer schreiben, da dies das äquivalent zum mündlichen wäre. aber auch das sollte eigentlich selbstverständlich sein.

Genau und dem würde ich noch hinzufügen, daß auch Pseudonyme im Internet eine Art Persönlichkeitsschutzanspruch zugeschrieben bekommen. Wenn also X mit mir öffentlich im Forum kommuniziert und dann irgendwann auch privatere Dinge per PN mit mir austauscht, dann ist es technisch einfach diese PNs irgendwann zu veröffentlichen, nachdem man sich möglicherweise zerstritten hat. Und das halte ich für hochgradig unethisch, selbst wenn tatsächlich in den PNs zweifelhafte Aussagen von X gemacht wurden. Denn dieses Verhalten ist aus meiner Sicht im Prinzip nichts anderes als ein Anschlag auf die Autistenkultur selbst.

Und um hier auch mehr Sicherheit zu schaffen sollte solche Verhalten nicht auch noch belohnt werden, indem die indiskrete Person als Enthüller gefeiert würde oder als besonders ehrlich oder loyal, denn genau das Gegenteil ist der Fall. Solches Verhalten sollte mit Groll beantwortet werden, auch wenn man nicht selbst zu Schaden gekommen ist.

Und aus dem Grund sollte auch von vorneherein klar sein welcher Kommunikationskanal welchen Status besitzt. Themen, die alle Autisten angehen würden sollten nicht in Kungelrunden diskutiert werden. Denn wenn man das als ethisch vertretbar versteht entstehen solche Gewissenskonflikte wie für Colin und lilox, die solche Kommunikation über Themen von erheblicher öffentlicher Relevanz, die nicht öffentlich diskutiert wurden erstmals veröffentlichten um auszuzeigen welche Zustände sich hinter einer Fassade verbergen, in die viele Vertrauen setzten.

Indem also solche öffentlichen Themen nichtöffentlich diskutiert werden wird nach meinem Verständnis ebenfalls Indiskretion betrieben und zwar gegenüber der Öffentlichkeit, die ein Anspruch auf Information in einem demokratischen System je nach dessen Regeln hat. Hierbei könnte man noch einige Feinheiten gesondert thematisieren, was ich aber erstmal lasse.

Mancherorts steckt man Eltern ins Gefängnis, die ihre Kinder aus ideellen Gründen nicht zum Arzt bringen. Anderswo schützt man fremde Kulturen mittels Strafen vor Kontakt und Einmischung.
05.04.08, 10:39:54
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haggard
(Autistenbereich)

es gibt solche und solche autisten. man kann nicht wirklich verallgemeinernd sagen, dass sie kontakt zu anderen wollen. diejenigen, die den kontakt suchen, sind im begriff sich in gewisser hinsicht anzupassen. ist natürlich auch eine wilde behauptung meinerseits, aber ich kann nur aus eigener erfahrung sprechen. sie passen sich an, weil sie mitbekommen, dass eine andere normalität gilt als die ihre. und sie erfahren, dass sie von anderen als nicht normal interpretiert werden.

habe auch schon so andere kennen gelernt, aber ich habe den eindruck, dass, wenn man ein gemeinsames interesse hat, alles hervorsprudelt, was es dazu zu sagen gilt und dann ist auch jeder wieder irgendwie froh sich zurückzuziehen, alle eindrücke zu verarbeiten, alles zu analysieren... aber ich weiß nicht, ob man da von einer kultur sprechen kann. vielleicht wird kultur auch nur von mir überbewertet.
wenn es als interne kultur angesehen wird, via internet zu kommunizieren - das machen viele andere auch. haben andere dann ihre eigene kultur im hinblick auf internetbasierte kommunikation? warum werden da autisten hervorgehoben? nur weil sie sich mit sich selbst und ihrer umwelt vielleicht intensiver auseinander setzen als andere und dies auch so kommunizieren?

ethik ist nicht verzichtbar. es sollte grundvoraussetzung sein. so wie atmen eine grundvoraussetzung ist, die nicht unbedingt vorgeschrieben werden kann - es sei denn durch zwang.
ich bin für autonomie. in einer gesellschaft - sei es ausschließlich unter autisten oder ganz allgemein, die nach gleichbehandlung schreit...wie kann man da mit unterdrückung drohen? unterdrückung in dem sinne, dass gesagt wird: wenn du A nicht machst, wirst du mit B bestraft. wenn du dich nicht an unsere regeln hältst, sei dir unseres zornes gewiss. jeder hat für sich selbst gewisse maßstäbe. wenn ich mich also nach anderen maßstäben bemessen total daneben benehme und man mir das sagt, habe ich mehrere möglichkeiten. ich kann darüber nachdenken. ich kann zu dem schluss kommen, dass der andere womöglich recht hat und ich mich tatsächlich total daneben benommen habe. ich könnte mich dann entschuldigen und der andere könnte meine entschuldigung annehmen. ich kann aber auch zu dem schluss kommen, dass ich für mich richtig gehandelt habe. wenn ich also zu dem schluss kommen sollte, für mich richtig gehandelt zu haben und mir dann eine parallelgesellschaft mitteilen würde: das war unakzeptabel, weil wir beschlossen haben, dass man sich so nicht verhalten sollte und deswegen wirst du jetzt erst einmal von uns sanktioniert. was habe ich dann davon? sicherlich, ich könnte lernen mich anzupassen. ich könnte lernen jedem nach dem mund zu reden nur um gesellschaftskonform zu sein. aber wäre ich selbst dann noch authentisch? wenn extra vorschriften für autistisches miteinander aufgestellt würden und ich würde mich nicht daran halten, aber dennoch entschuldigen, wäre eine entschuldigung nichts mehr wert, weil auch noch zu den vorschriften festgelegte gegenmaßnahmen ausgeführt würden. und wenn es da auch ausnahmen von den ausnahmen geben würde, bräuchten keine extra vorschriften festgesetzt werden.

das mit der post ist auch ein risiko, das man eingeht. es kann immer mal jemand - auch aus versehen - die post eines anderen öffnen und ihn zufällig kennen. es gibt auch menschen, die unter absolutem kontrollzwang stehen und der meinung sind, immer alles von allen wissen zu müssen...
postkarten zum beispiel. jeder, der eine postkarte in die hände bekommt, könnte das geschriebene lesen.
ich finde nicht, dass sich autisten jetzt in puncto kommunikation so sehr von allen anderen unterscheiden, dass für sie sonderethische grundvoraussetzungen geschaffen werden müssten, die so schon eine vage allgemeingültigkeit besitzen. das problem ist nur, dass zum beispiel im internet, die distanz zum anderen scheinbar am bildschirm endet. wenn der andere erfährt, dass er aufgrund der öffentlichkeit im internet misskreditiert wurde, kann er nicht durch den bildschrim hindurch zu demjenigen gelangen, den er vielleicht dann ganz gern von angesicht zu angesicht die meinung sagen wollen und rechenschaft verlangen würde. man sollte sich lediglich im klaren darüber sein, dass man nicht mit einem intelligenten computer kommuniziert, sondern mit einem menschen, der einen anderen computer bedient. und wenn die autisten, die das internet zu kommunikationszwecken nutzen so weit sind, dass sie das internet zu kommunikationszwecken nutzen können, unterstelle ich ihnen einfach, dass sie auch in der lage wären, andere so zu behandeln und zu achten, wie sie von anderen behandelt und geachtet werden wollen - ganz ohne vorgeschriebene gesetze.

das mit der vertraulichen veröffentlichung würde ich nicht als anschlag auf eine autistenkultur werten. personenbezogen ja, aber nicht gruppenbezogen.
wenn ich so etwas lesen würde und mir bewusst würde, dass eine person etwas an sie vertraulich gerichtetes öffentlich im internet zerpflückt und dem anderen dadurch womöglich schadet, könnte ich nicht einfach partei für den zerpflückten ergreifen und selbsternannt "in dessen namen" dem anderen mit groll begegnen. schon gar nicht, wenn ich beide beteiligten nicht auch privat kennen würde. ich würde deren gesamte vorgeschichte nicht kennen und es würde sich in der veröffentlichung nur um einen ausschnitt handeln, deren authentizität ich nicht nachprüfen könnte, weil, wie auch schon erwähnt wurde, zitate auch zu manipulativen zwecken genutzt werden können. wenn der zerpflücker durch sein handeln mitleid erhaschen will und andere darauf eingehen, hat er sein ziel erreicht. dem zerpflückten wäre damit in keiner weise geholfen, auch nicht, wenn man für ihn partei ergreifen würde, denn er zerpflücker würde jede reaktion für sich positiv auslegen, da er für sich annimmt richtig gehandelt zu haben. er könnte später vielleicht zu einer anderen erkenntnis gelangen, aber diese würde er unter solchen umständen wahrscheinlich nicht publik machen. für solche menschen wäre nichtbeachtung wahrscheinlich die beste reaktion. sie hätten sich zwar auf kosten anderer ihren frust weggeschrieben, doch wenn keine reaktion erfolgen würde, könnte derjenige schneller über sein handeln nachdenken und vielleicht schneller zu dem ergebnis gelangen, dass es ziemlich dumm von ihm war. eine mögliche reaktion dann könnte es sein, dass sich ein moderator oder ähnliches mit dieser person in verbindung setzen würde um vorzuschlagen, diese hassschrift zu entfernen. der andere würde wahrscheinlich zustimmen. und das fände ich besser als mit starren vorgaben zu hantieren. und dies wäre auch wieder dem zerpflücker gegenüber diskreter wenn diskretion schon an erster stelle erhoben wird.
05.04.08, 14:04:42
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55555
(Fettnäpfchendetektor)

Meines Wissens war das Ergebnis von Befragungen unter Autisten, daß die sich Kontakt zu anderen Menschen wünschen, aber in der Praxis daran scheitern dies wegen der und bekannten Unterschiede gegenüber Nichtautisten umzusetzen. Ich glaube nicht, daß Autisten weniger Kontakt zu anderen Menschen haben wollen als der Bevölkerungsdurchschnitt. Alerdings mag ein sein, daß einige Autisten trotz des eigentlich vorhandenen Wunsches wegen Erfolglosigkeit und damit verbundenen Frustrationen resigniert sind.
Zitat von azrael:
diejenigen, die den kontakt suchen, sind im begriff sich in gewisser hinsicht anzupassen.

Hier geht es aber um Kontakt unter Autisten. Kontakt ist jedoch immer mit einer gewissen Anpassungsbereitschaft verbunden, denke ich, da kein Mensch gleich ist.
Zitat:
aber ich weiß nicht, ob man da von einer kultur sprechen kann. vielleicht wird kultur auch nur von mir überbewertet.
wenn es als interne kultur angesehen wird, via internet zu kommunizieren - das machen viele andere auch. haben andere dann ihre eigene kultur im hinblick auf internetbasierte kommunikation? warum werden da autisten hervorgehoben?

Autisten sind rein von Natur her eine Subkultur in einem ganz anderen Maß als es zwischen Anhängern der Durchschnittsbevölkerung der Fall ist. Die Unterschiede zwischen Autisten und Nichtautisten dürften größer sein als zwischen den Geschlechtern! Autisten sind also prädestiniert für das Vorhandensein einer solchen Kultur. Wohl auch noch mehr als von Geburt an Gehörlose, die ebenfalls in einem bestimmten Welterleben existieren.

Identität, Identifikation ist eine Grundlage der Meinungsbildung und damit des Selbstwerterlebens.
Zitat:
ich bin für autonomie. in einer gesellschaft - sei es ausschließlich unter autisten oder ganz allgemein, die nach gleichbehandlung schreit...wie kann man da mit unterdrückung drohen? unterdrückung in dem sinne, dass gesagt wird: wenn du A nicht machst, wirst du mit B bestraft. wenn du dich nicht an unsere regeln hältst, sei dir unseres zornes gewiss.

Wie passt das zu deiner Erklärung Ethik sei unverzichtbar? Mir ist schon klar, daß man solche Übereinkünfte nicht verordnen kann, deswegen möchte ich hier dafür werben und dazu einladen mit an dieser Ethik zu feilen. Mir geht es auch nicht so sehr um starre Vorgaben, sondern um die Schaffung eines entsprechenden Problembewußtseins.

Mancherorts steckt man Eltern ins Gefängnis, die ihre Kinder aus ideellen Gründen nicht zum Arzt bringen. Anderswo schützt man fremde Kulturen mittels Strafen vor Kontakt und Einmischung.
05.04.08, 16:03:05
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haggard
(Autistenbereich)

bezogen darauf, dass ich autonomie bevorzuge? autonomie und ethik müssen sich nicht ausschließen. zumindest wenn man ethik als etwas definiert, das einem angeborenen "instinkt" entsprechen könnte.
wenn du mit einer gefeilten ethik ein problembewusstsein geschaffen hast, bleibt es dann nur bei dem bewusstsein? ich denke nicht. es werden sich daraus konsequenzen erwachsen.
autonomie bedeutet auch nicht, dass man grundsätzlich gegen alles ist und über allem steht.

wenn ich von meiner eigenen entwicklung ausgehe, denke ich, dass mir ganz zu anfang noch nicht einmal bewusst war, dass es andere lebewesen gibt. ich hatte kein bedürfnis irgendeinen kontakt zu irgendwem zu wollen. ab einem bestimmten punkt ließ ich kontakte zu, weil ich sonst noch nicht einmal ansatzweise ein persönliches ziel erreicht hätte. nicht, weil ich es so von anfang an gewollt hätte, sondern nur, weil mir bewusst wurde, dass ich anderenfalls für den rest meines lebens als hoffnungsloser fall gebrandmarkt gewesen wäre. und ich wollte später einmal keine stumpfsinnigen arbeiten verrichten. auch dies kann ich nicht verallgemeinernd über autisten sagen.

gleichbehandlung ist wichtig.
05.04.08, 22:25:24
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55555
(Fettnäpfchendetektor)

Zitat von azrael:
autonomie und ethik müssen sich nicht ausschließen. zumindest wenn man ethik als etwas definiert, das einem angeborenen "instinkt" entsprechen könnte.
wenn du mit einer gefeilten ethik ein problembewusstsein geschaffen hast, bleibt es dann nur bei dem bewusstsein? ich denke nicht. es werden sich daraus konsequenzen erwachsen.

Genau.

Mancherorts steckt man Eltern ins Gefängnis, die ihre Kinder aus ideellen Gründen nicht zum Arzt bringen. Anderswo schützt man fremde Kulturen mittels Strafen vor Kontakt und Einmischung.
05.04.08, 23:05:23
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