haggard
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zwei perserkatzen
ich bin eine eule, miau.
wenn doch der hals noch etwas länger wäre,
die augen nicht so empfindlich,
tagesmüdigkeit nicht bestünde,
nicht so wählerisch im essen sein,
das gewölle nicht mehr auswerfen,
die krallen nicht mehr kratzen,
die federn bunter wären,
die stimme sprechiger klänge,
die ohren etwas stumpfer,
die flügel untauglicher,
dann wunderte es niemanden mehr, dass
vieles wahrgenommen wird,
sehr gut gesehen werden kann,
nachtaktivität angenehmer ist,
nur das eine essen schmeckt,
unerträgliches nicht verdaut werden muss,
krallen ganz nützlich sind,
das äußerliche unwichtig ist,
sprache besteht,
das gehör sehr gut und
mein wesen frei ist wie ein vogel, miau.
huu-huu kann ich sagen,
doch fällt es mir schwer;
die bedeutung kenne ich nicht.
auf einem baum kann ich sitzen,
mit dem fliegen hapert es noch;
knochenbrüche wären vermeidbar.
doch die eulen, die nur die nacht kennen,
sehen nur eine seite von mir;
für die andere sind sie blind.
die eulen und ich unterhalten uns ganz gut,
huu huu-huu so geht es immerfort;
miau hält das für ein trauerspiel und steigt vom baum.
unten am boden fuchtelt miau in der luft herum,
springt wild hin und her,
schlägt die krallen in die erde.
die eulen verdrehen ihre köpfe,
so viel unbändigen irrsinn haben sie noch nie gesehen,
obwohl der kater neben ihnen,
der sich federn in das fell gesteckt hat,
auch nicht ganz dicht zu sein scheint.
03/2010
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