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Autor Nachricht
Steffka
(Standard)

Hallo ! Ich will ein Training für Lehrer weiterführender Schulen entwickeln, um besser mit Autisten/innen umgehen zu können.
Deshalb frage ich mich, wo genau die Schwierigkeiten im Umgang miteinander liegen. Ich würde mich freuen, wenn ihr mir erzählen könntet was eure Lehrer über euch lernen mussten. Aber auch was ihr euch von euren Lehrern gewünscht habt. Wie mussten eure Lehrer/innen sich verhalten um euch das Leben in der Schule leichter zu machen?

Ich würde mich über Gedanken, Wünsche, Erfahrungen von euch sehr freuen!!

vlg
Steffi
24.11.08, 13:56:09
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Löwenmama
(Autistenbereich)

geändert von: Löwenmama - 24.11.08, 15:03:54

Hi Steffka!!
Schwierig,weil sehr vielfältig...bei mir war es oft so,dass Lehrer glaubten,ich würde nicht zuhören,weil ich zum Fenster hinaus geschaut habe,aber ich wusste immer die richtige Antwort,wenn ich aufgerufen wurde...Referate durfte ich oft schriftlich machen,weil ich vor grossen Gruppen kaum sprechen kann...schriftlich war ich immer bei den besten,aber mündlich und Mitarbeit?Wenn es mir zu viel wurde,bin ich auch einfach früher von der Schule nach Hause,weil ich sonst explodiert wäre...dann war der Kopf so voll.Gruppenarbeiten mochte ich nie sonderlich,habe immer gerne für mich allein gearbeitet...wenn ich etwas selbst mache,dann weiss ich auch,dass es richtig gemacht ist...hat wohl was mit Kontrolle zu tun.

Die Hoffnung ist der Regenbogen
über den herabstürzenden Bach
des Lebens.
Friedrich Wilhelm Nietzsche
24.11.08, 15:03:18
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haggard
(Autistenbereich)

@Steffka:
deine idee finde ich gut.

1.
über die suchfunktion "lehrer" oder "schule" wirst du vieles zu deinen fragen finden können.

2.
besser wäre der ansatz "was wollten eure lehrer über euch lernen?". antwort: nichts. daraus ergibt sich das "mussten" - nämlich ebenfalls nichts.

3.
was ich mir gewünscht hätte:
unterstützung gegenüber mobbenden und prügelnden mitschülern. achtung. anerkennung der individualität. keine unterstellungen.

4.
siehe punkt 2. jedoch hätten die lehrer vieles tun können.


jetzt habe ich auch ein paar fragen:
wie soll das training für lehrer weiterführender schulen aussehen, wenn in der grundschule bereits nach "untauglich" aussortiert wird?
was nützen "siegprämien" für schüler, wenn das ziel nicht erreicht werden kann, um von informierten lehrern profitieren zu können?
24.11.08, 16:44:47
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55555
(Fettnäpfchendetektor)


Mancherorts steckt man Eltern ins Gefängnis, die ihre Kinder aus ideellen Gründen nicht zum Arzt bringen. Anderswo schützt man fremde Kulturen mittels Strafen vor Kontakt und Einmischung.
24.11.08, 17:24:05
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Steffka
(Standard)

Hey!
Vielen lieben Dank schon mal für die vielen Antworten! Ich finde es immer am interessantesten und vor allem hilfreichsten Informationen von jemandem zu bekommen der wirklich weiß wovon er spricht! Vor allem was Missstände angeht.

@azrael: Ich kenne mich noch wenig im Bereich Weiterbildung von Lehrern aus. Aber ich hoffe dass ihre Aufklärung zunimmt. Ich habe einen Freund der als Kind ADHD hatte. Und erst jetzt im Erwachsenenalter hat er herausgefunden dass es einen Namen für seine Schwierigkeiten gibt. Seine Eltern wussten das nicht. Seine Lehrer wussten das nicht, und haben in ihm immer nur den störenden, unerzogenen Jungen gesehen. Es ist sch**** wenn man missverstanden wird.

Wir haben uns deshalb auf ein Training für Lehrer weiterführender Schuler konzentriert, weil das Spektrum des Autismus eben so groß war, dass wir uns begrenzen mussten. Und zwar auf Autistische Schüler weiterführender Schulen.
War das deine Frage? Ich bin mir nicht ganz sicher. Sie klang auch sehr anklagend, gegenüber der Situation wie sie momentan ist. Oder hab ich das falsch gedeutet?

vlg
steffi
24.11.08, 18:12:01
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haggard
(Autistenbereich)

geändert von: haggard - 24.11.08, 21:27:46

@Steffka:
je höher die schulform, desto weniger probleme hatte ich mit lehrern. den lehrern wurden zunehmend die schüler insgesamt egal und waren nicht so erpicht darauf - wie in den grundschulen - die schüler nach gut und schlecht etc. zu sortieren.

besitzt ihr bereits ein grobes konzept, wie ein solches training aussehen sollte? anhand schriftlicher information? verbaler erklärung? videobeobachtung? denn die schwierigkeiten liegen im unterschiedlichen verhalten. die lehrer sehen autistische schüler inmitten der anderen schüler und registrieren lediglich, dass derjenige "falsche" signale senden würde. vorurteile werden entwickelt usw. glaube, manche lehrer hätten die gleichen probleme, wenn sie einen gorilla als schüler akzeptieren sollten. kann verständnis auch für unbegreifbares trainiert werden, durch das sich menschen womöglich permanent angegriffen/herausgefordert fühlen?
24.11.08, 18:38:10
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Hans
(Autistenbereich)

Beim Lesen der letzten Zeilen ist mir erst klar geworden,
die Lehrer die mich so schlimm behandelt haben,
haben sich angegriffen/herausgefordert gefühlt.
Das habe ich damals nicht erkannt.
Danke azrael.
Jetzt habe ich den Teufelskreis erst richtig erkannt.
Ich habe nichts böses gedacht,
ich habe das alles nicht gewollt.
Es ist mir passiert, aber auch eben viel,
weil die Lehrer weg gesehen haben,
wenn ich z. B. über den Pausehof gejagt wurde.
Da hatten sie dann ihre "Genugtuung".

Am Mobbing durch Mitschüler sind die Lehrer mitschuld!
24.11.08, 22:58:36
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haggard
(Autistenbereich)

geändert von: haggard - 25.11.08, 00:10:23

@Hans:
bezüglich der mitschuld: ja. es genügt tatsächlich eine "harmlose" anmerkung der lehrer, die fortan durch die mitschüler bei jeder gelegenheit geäußert wird und dann verselbständigt sich das, bis es augenscheinlich mobbing genannt wird.
25.11.08, 00:09:48
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drvaust
(stillgelegt)

Wichtiger wäre eine Schulung der Lehrer an den Grundschulen. In den höheren Schulen geht es mehr um Leistung, da interessiert die Lehrer das Verhalten der einzelnen Schüler weniger. Außerdem sind die Schüler, die es in höhere Schulen geschafft haben, weniger belastet bzw. besser angepasst. Das größte Problem ist der Start in der Grundschule, da wird noch stärker aussortiert. Außerdem sehen sich Grundschullehrer noch stark als Erzieher. 'Der Schüler hat zwar gute Zensuren, aber das Verhalten geht überhaupt nicht.' Warum kann ein Schüler nicht in seiner Art lernen, warum muß er sich 'normal' verhalten, wenn er den Lernstoff schafft?

Autistischen Schülern sollte es ermöglicht werden, in ihrer Art zu lernen.
Wenn ein A mit Gruppenarbeit nicht zurechtkommt, kann er das vielleicht alleine schaffen. Ich hatte manchmal das Problem, daß ich die Aufgabe alleine lösen konnte, aber nicht mit der Gruppe zusammenarbeiten konnte. Ich habe dann entweder einfach nur mitgemacht, ohne zu denken, oder ich habe eine eigene Lösung entwickelt.
Lehrer sollten auch akzeptieren, daß A selbständig, evtl. anders, denken. A neigen weniger dazu, die Lehrsätze des Lehrers auswendig zu lernen, sondern wollen wissen, wollen verstehen. Ich hatte mehrmal von Lehrern gehört: 'Das ist zwar richtig, aber so hatte ich das nicht erklärt.'.
A muß klar gesagt werden, was gemeint ist, um was es geht. Eine Andeutung nebenbei im Lehrer-Monolog kann überhört werden, wenn der A gerade über etwas nachdenkt. Eine unklare Aussage, eine Andeutung, die von einem Nichtautisten im Zusammenhang verstanden wird, kann für einen A ein Rätsel sein.
Dazu kommt das Problem der unruhigen Schulatmosphäre. Viele Schüler durcheinander, Geräusche, Ablenkungen, Raumwechsel, unstrukturierter und sprunghafter Unterricht, kann für A besonders belastend sein.
25.11.08, 07:21:28
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arlette
(Autistenbereich)

- klare, klar kommunizierte strukturen und regeln, die immer und für alle gelten (auch für lehrer)
- ausnahmen werden vorangekündigt, genau begründet und klar kommuniziert
- pausenzonen/rückzugszonen, die ruhig sind und in denen überreizung abgebaut werden kann
- abmachung, wann in die rückzugzone gegangen werden kann. genaues verfahren hierfür gilt für alle.
- möglichst wenig "selbstorganisation", wo man sich dinge wie einen platz erkämpfen, zu einer gruppe gewählt werden oder eine formieren etc. muss.
- klare aufgabenstellung bei den hausaufgaben (nicht: englisch lernen, bis du die worte kennst; sondern: worte x - y mündlich und schriftlich oder 20' englischwörter lernen, mündlich und schriftlich)
- rückfragen, ob die anweisungen verstanden wurden. ggf repetieren lassen.
- bei verstössen gegen die "soziale ordnung" mitteilen: was habe ich GEANU beobachtet und wieso finde ich das GENAU nicht gut; vorschläge bringen, wie darauf neu reagiert werden könnte. dies freundlich und bestimmt jeweils wieder kommunizieren.
- einen festen sitzlatz geben, und zwar - bei klassenzimmerwechsel - in allen zimmern. den anderen schülern klarmachen, dass dies so bestimmt ist.

mehr kommt mir so ganz spontan nicht in den sinn, aber es gibt sicher noch mehr.
25.11.08, 17:45:08
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Hans
(Autistenbereich)

Das mit den englisch Hausaufgaben habe ich nicht verstanden,
aber der Rest ist gut.
25.11.08, 18:13:32
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stringbound
(Autistenbereich)

geändert von: stringbound - 26.11.08, 12:00:26

@arlette, wenn du das durchsetzt, brauchen die NTs eine Schule, die IHREN speziellen Anforderungen und Bedürfnissen gerecht wird. zwinkern

Political Correctness löst das Kommunikationsproblem zwischen NA und A nicht. Ich ziehe ein gleichberechtigtes Nebeneinander einem erzwungenem Miteinander vor. Ich bin realistisch genug, um zu wissen, dass in einer Umgebung, die an meine Bedürfnisse angepasst ist, kein NA wirklich zurechtkommt.

Die Anpassungsfähigkeit eines NA hat Grenzen. Ein NA kann sich nur begrenzt an die Bedürfnisse eines A anpassen. Wenn ein NA sich an die Bedürfnisse eines A anpassen kann, dann ist er kein NA. Er weiss es nur noch nicht.
25.11.08, 18:29:49
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