Wursthans
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RE: Was ist eine Beleidigung? Zur Info an _OO_
Lisa_M.
03/06/2006 12:14
Worum geht‘s? Soll der Hinweis von Heike die Sperre von _OO_ auf Aspergia erklären oder bezieht er sich auf den Satz "Äußerungen von Autisten werden von anderen Personen gelegentlich als anstößig oder beleidigend empfunden." hier im Forum? Dass letzterer Satz richtig ist, kann man so ziemlich überall, wo es um AS geht, nachlesen. Verkürzt nennt man das auch "Anecken", "Taktlosigkeiten" usw.. Ich denke, es beruht auf mehreren Faktoren:
- Nicht erkennen, dass etwas aus der Perspektive des anderen gesehen beleidigend ist.
- Unverständnis von sozialen Regeln, die besagen, dass man dieses oder jenes nicht tut oder sagt.
- Ein "Übermaß" an Ehrlichkeit.
Es gibt Aspies, die wenig reden, aber auch welche, die ihre Gedanken ziemlich ungebremst aussprechen. Mit solchen Menschen zu tun zu haben, hat seine schönen und seine grässlichen Seiten. Für mich überwiegen die schönen Seiten, denn ich habe es allzu oft erlebt, dass Menschen sich mit einem Pokerface auffallend distanziert zu mir verhalten und ich nicht weiß, warum. Oder dass sie so seltsam lächeln und es mir immer so vorkommt, als ob sie mich irgendwie nicht ernstnehmen, und ich nicht weiß, warum. Leute, die es mir direkt an den Kopf knallen, wenn ihnen was nicht passt an mir, versetzen mich damit zwar auch in Aufregung, aber wenigstens ist das was, wo ich mich gegen wehren kann - und solche Leute geben mir das Gefühl, so etwas wie ein Fundament zu finden in dem Verhältnis zueinander oder in ihnen und nicht in einem grundlosen Morast herumzupaddeln.
Ich habe es auch schon erlebt, dass Menschen, mit denen ich sehr gut oder sehr lange befreundet war, plötzlich nichts mehr mit mir zu tun haben wollten, weil sie sich von mir angegriffen gefühlt hatten. In beiden Geschichten, von denen ich weiß, dass es so war, weil ich da wenigstens noch erfahren durfte, was sie so verärgert hat, hatte ich nicht die Absicht, jemanden anzugreifen oder zu beleidigen. In dem einen Fall wollte ich einen Scherz machen, in dem anderen helfen.
Lange Zeit habe ich auch überhaupt nicht kapiert, was dabei falsch gewesen sein soll. Es kam mir verrückt vor, dass man Dinge nicht erwähnen darf, die (in dem einen Fall) sogar in der Zeitung gestanden haben und von denen völlig klar ist, dass sowohl der Betroffene als auch ich davon weiß. Warum soll man dann so tun, als sei das ein Geheimnis? Es machte für mich Sinn, über Dinge nicht zu reden, weil der andere sie nicht wissen soll, aber doch nicht, wenn er das sowieso längst weiß!
Einen Aha-Effekt gab es dann vor ca. 2 Jahren, als mein Freund ein für mich unangenehmes Thema ansprach, von dem ich genau wusste, dass ich da Mist baue. Während ich mich verlegen auf meinem Stuhl wand, fragte er, interessiert daran, meine Reaktion zu verstehen, ob es mir unangenehm sei, wenn man meine Fehler anspricht? Ein Blick auf mich selbst: Ja, tatsächlich, da bin ich genau wie alle anderen und die anderen sind so wie ich!
Keine Garantie dafür, dass es mir nicht wieder passiert, denn manchmal bin ich beim Thema und kann nicht gleichzeitig noch darüber nachdenken, wie der andere meine Worte wohl empfinden wird. Manchmal fragen Leute auch direkt, und dann nehme ich die Aufforderung ernst - und dann kann sich rausstellen, dass sie meine Antwort trotzdem nicht so gerne hören.
So insgesamt frage ich mich aber - zum Thema Beleidigung - wie viele Leute mir wohl freundlich und höflich begegnen und dabei denken: "Doofe Zicke!"
Es ist nicht so, dass ich unbedingt drauf stehe, dass sowas auch ausgesprochen werden muss. Aber eine offen ausgesprochene Kritik, die inhaltlich begründet wird, ist mir auch dann lieber, wenn irgendwo im Nebensatz noch an meinem Verstand gezweifelt wird.
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