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Autor Nachricht
55555
(Fettnäpfchendetektor)

Wenn es nur um sie selbst ginge wäre es ja nicht so schlimm, aber sie ziehen da ja auch noch andere Menschen mit hinein, die sich schlecht wehren können.

Mancherorts steckt man Eltern ins Gefängnis, die ihre Kinder aus ideellen Gründen nicht zum Arzt bringen. Anderswo schützt man fremde Kulturen mittels Strafen vor Kontakt und Einmischung.
11.01.11, 12:30:02
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payaniva
(Angehörigenbereich)

Gedanken über das Leben und die Lebensqualität hatte wohl jeder mal, manchmal vielleicht auch öfter, das finde ich an sich ja auch nicht schlimm. ABER, es ist ein großer Unterschied ob ich schreibe, verliert mein Leben an Lebensqualität, oder ob ich schreibe, verliert mein Leben wegen meinem autistischen Kind an Lebensqualität. Angenommen ich würde so denken, würde ich doch auch eine negative Haltung gegen über meinem autistischen Kind haben, oder nicht ? Ich gebe in dem Moment wo ich diesen Satz ausspreche, dem autistischen Kind die Schuld dafür, das mein leben an Lebensqualität verloren hat. Vielleicht nicht mal bewusst, aber unbewusst.
11.01.11, 12:52:54
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starke Dame
(Angehörigenbereich)

geändert von: starke Dame - 11.01.11, 13:42:45

Hallo payaniva,

ich weiß welchen Thread Du meinst. Ich denke die User in dem anderen Forum geben nicht ihrem autistischen Kind die Schuld.

Nur manchmal geht es ihnen schlecht, sie überlegen, wenn mein Kind kein Autist wäre, gäbe es gewisse Situationen nicht.

Ich gehe mal von mir aus:

Schränkt mein autistisches Kind mein Leben ein?

Definitiv auf der einen Seite ja - auf der anderen Seite nein.
Hätte ich kein autistisches Kind, würde alles wie geölt laufen, er wäre pausenlos bei Freunden, meine Familie wäre nicht so auseinandergebrochen, er könnte hier bei Tanten oder bei Freunden übernachten.
Wir wären die Bilderbuchfamilie aus dem Katalog. Ich würde mein Hausfrauendasein vielleicht an den Nagel hängen und dank meiner absolut nach meinen Maßstäben funktionierenden Kinder wieder arbeiten gehen und könnte auch sie und mich konsumorientiert groß werden lassen.

So, jetzt ist mein großer Autist. Komischerweise hat es mich stark gemacht. Stark eigene Meinungen zu vertreten, stark gegen komische Blicke, stark sich zu kritisieren, stark Veränderungen zuzulassen.

Durch mein autistisches Kind habe ich mich in" der goldene Schnitt" eingelesen. Ich habe heute eine Kinderlupe, eine Prismaglas und eine Trillerpfeife gekauft, ich schaue nach Materialien, die Kinder fördern, die Kindersinne interessieren könnte.
Diese starke Dame wäre ich ohne meinen autistischen Sohn niemals geworden. Im Prinzip, ist durch das Wissen, das nichts sicher ist, dass sich immer alles ändern kann und das man auch über seine Kinder richtig nachdenkt und versucht so sensibel zu sein, dass sie ein rohes Ei ohne Schale sein könnten und man würde jeden Hürdenlauf mit ihnen schaffen ohne das sie sich verletzen. Das hat mich einfach verändert. Das hat mich nachhaltig auch in meinem Erziehungsverhalten verändert, so dass auch meine kleine Tochter enorm davon profitiert, dass sie einen autistischen Bruder hat.

Ich denke - ich wäre ohne ihn einfach dumm, mit Scheuklappen und in einer grauen Lemmingwelt in Einklang mit den anderen. Da finde ich es so wie es jetzt ist 1.000 x schöner.
11.01.11, 13:41:14
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Fundevogel
(Angehörigenbereich)

Beitrag mit Abschweifung:
Ich kann diese Gedanken der Einschränkung durch ein autistisches Kind oder Kinder allgemein nicht wirklich nachvollziehen.

Zeit lebens setzen Umstände mir Grenzen, ein begrenztes Einkommen schließt mich von Luxusgütern aus, ein begrenztes Wohnumfeld ergibt sich durch Arbeitsplatznähe, begrenzte Intelligenz führt dazu, gewisse Berufe nicht erlernen zu können, begrenzte Mobilität ergibt sich durch körperliche oder seelische Tatsachen, begrenzte Kommunikationsmöglichkeiten sind Ergebnis mangelnden Sprachtalents etc.
Diese Begrenzungen werden von den meisten Menschen mehr oder weniger selbstverständlich hingenommen. Es wird sich in den Möglichkeiten, die man hat, zufriedenstellend eingerichtet.
Wieso klappt das nicht, wenn man ein autistisches Kind hat? Es ist mein mir geschenktes Kind! Ich stelle mich darauf ein, wie ich das sonst auch kann...und gut! Diese Selbstverständlichkeit strahlt auch auf andere ab und erst recht auf mich selbst.

Obwohl derzeit Polik und Gesellschaft vermeintlich vorgeben, dass berufliche Tätigkeit aufwertet, kann es von größerer gesellschaftlicher Bedeutung sein, dass sich zu Hause um die Kinder gekümmert wird. Es ist auch bedeutsamer, dass diese Aufgabe, so sie selbst zu bewältigen ist, nicht der Solidargemeinschaft aufgeladen wird und z.B. monatlich die Finanzierung eines Heimplatzes mit 3.000,00 EURO erwartet wird, wenn es mit nachbarlicher Hilfe auch zu Hause liebevoller geht.

Manchmal wünsche ich mir, dass das Geld so knapp wird, dass sich auf die zwischenmenschlichen Selbstverständnisse zurück besonnen wird, wenn es denn nicht aus eigenem Antrieb geschehen kann.
Warum wird nicht mehr darüber nachgedacht, dass der direkte Weg unter Umgehung der Geldtöpfe eine Möglichkeit eines mitmenschlichen Umgangs sein könnte?

Die Egozentrik und immerwährende Nabelschau auf die eigene Befindlichkeit geht mir gewaltig auf die Nerven! Wir reden von Gemeinschaft und meinen "ICH, ICH, ICH".

Ihr seid das Licht der Welt. Es kann die Stadt, die auf einem Berge liegt, nicht verborgen sein. (Johannes 8.12).
Man zündet auch nicht ein Licht an und setzt es unter einen Scheffel, sondern auf einen Leuchter; so leuchtet es denn allen, die im Hause sind. (Markus 4.21) (Lukas 8.16)
11.01.11, 14:54:40
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payaniva
(Angehörigenbereich)

@ Starke Dame: Glaubst du den, das es die Bilderbuch Familie gibt ? Oder hast du es früher geglaubt, heute hast du ja eine andere Sichtweise wie früher.

Ich habe nie an eine Bilderbuchfamilie geglaubt, vielleicht liegt es daran, das ich selber aus einer Groß Familie komme, wir waren 6 Kinder.
Es gibt diese Familien nicht, wie sie in Werbung, oder Filmen gezeigt wird, oder als Fassade im Bekanntenkreis.

Wenn ich ein Kind plane, dann weiß ich ja schon im Vorfeld, das sich mein Leben dadurch verändert und einschränkt, ich weiß im Vorfeld, das ich nicht mehr spontan abends mal in eine Disco gehen kann, das ich nicht mehr, mein Geld für Klamotten und so ausgeben kann. Das ich dann Verantwortung für ein weiteres Leben trage.

Klar wenn man mit einem Kind, vor allem mit dem 1. schwanger ist, hat man so seine Wunschvorstellung, wie es sein wird und träumt schon vor sich, wie man was macht, wie das Kind sein wird usw. Und dann kommt das Kind zur Welt und es entspricht in keinster Weise den Vorstellungen die man hatte, es ist anders.
Das zuerst Traurigkeit Verzweiflung und so hoch kommt, kann ich verstehen, war bei mir auch so. Ich hab ein baby bekommen, was Tag und nacht nur geschrieen hatte, ich war fertig mit den Nerven, hab mich immer gefragt warum, warum lieber Gott tust du mir das an. Warum schreit er nur, aber diese Verzweiflung hatte ich nur die ersten Monate, danach habe ich mich aufgerafft und ich fühle mich durch meinen Sohn nicht eingeschränkt. Auch bei mir wendeten sich Bekannte und Familie ab, ich wurde zu Feiern nicht mehr eingeladen, weil Patrick ja zuviel schrie, ich durfte kommen, aber bitte ohne Kind ! Das habe ich nicht gemacht, ich habe gesagt wenn mein Kind nicht erwünscht ist, will ich das auch nicht sein, denn mein Kind ist ein teil von mir und wer ihn abstößt, stößt auch mich ab.
Für mich sind diese Menschen es nicht wert, hinterher zu trauern, mein Sohn ist es mir Wert voll und ganz hinter ihm zu stehen. Wer ihn ablehnt, lehnt auch mich ab, der braucht sich bei mir nicht mehr melden ! Und so habe ich schon Jahre zu einigen Bekannten und Verwandten keinen Kontakt mehr, muss ich nicht haben.

Ich kann es deswegen nicht verstehen, das man schreibt,durch mein autistisches Kind verliert mein Leben an Lebensqualität, weil ich es nicht nachvollziehen kann.
Im Leben läuft nie etwas wie geplant, auch mit NA Kindern, kann es schwierige Zeiten geben, aber da würde man doch auch nicht sagen, mein Leben hat keine Lebensqaulität mehr, oder diese ist eingeschränkt. Die Zahnphase, die Trotzphase, die Pubertät, alles schwierige Zeiten in der Kindererziehung.

Ich sehe alles als eine Herausforderung, aber nicht als Untergang, wenn ich so in selbstmitleid verfallen würde, hätte ich mir einen Strick nehmen müssen, habe ja 4 besondere Kinder freuen
11.01.11, 18:17:32
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biene63
(Standard)

Hallo,

Zitat von starke Dame:
ich schaue nach Materialien, die Kinder fördern, die Kindersinne interessieren könnte.

Kennt Ihr dieses Buch: Kimspiele. (Spiel-)Materialien, sortiert für jeden Sinneskanal.
von Hajo Bücken, homo ludens.

sind viele nette Vorschläge drin.

lg biene63
11.01.11, 18:49:18
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starke Dame
(Angehörigenbereich)

Hallo Payaniva,

ich bin in meinem Freundeskreis die einzige gewesen, die ein Kind bekam. Bin selber als verwöhntes Einzelkind groß geworden und Papa hat alles gemacht und ich habe auch immer alles bekommen.

Es hat sich für mich gezeigt, dass es viele Dinge gibt die wichtiger sind und ich doch einmal sehr oberflächlich war.

Es ist so, manche Sachen haben sich durch den Autismus verändert, nur finde ich es nicht schlimm, ich stelle es einfach fest, was nicht geht und gut.
Andere Dinge stelle ich auch bei meiner nichtautistischen Tochter fest, nur dass ist einfach wie eine Bestandsaufnahme, was geht, was nicht und wir arbieten damit was geht und das reicht dann auch.

Nur ist das Leben halt jetzt anders als bei anderen oder genauso anders als während meiner kinderlosen Zeit. Doch hat es mich geprägt und ich kann sehr gut und zufrieden mein Leben mit einem autistischen Kind gestalten.


@biene63, kenne ich nicht, werde bei Gelegenheit nachgooglen.
12.01.11, 15:02:40
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anne1
(Standard)

geändert von: anne1 - 18.01.11, 02:58:13

Hallo, Biene63,
bzgl. LBG:
ich würde sagen, "Ich kann das nicht."
"Mein Mund, meine Finger und mein Gehirn verheddern sich dabei."
"Da wird mir schon beim Zusehen schwindelig." (Selbst wenn Dir nicht körperlich schwindlig wird, habe ich den Eindruck, Dir wird geistig schwindlig.)

"Es ist wie mit dem Fuß Kreise in die Luft zeichnen und dabei mit der Hand schreiben."
(Oder ähnliche unmögliche Geschicklichkeitsübungen)

"Ich bin halt nicht Multitasking-fähig."
"Da komme ich sogar mit International Signs besser zurecht."

Klar wundern sich dann erstmal alle lang und breit, aber dann sollten sie es akzeptieren, besonders, wenn Du jeden Versuch konsequent abwürgst, indem Du zb die Augen schließt ... und demonstrativ entsetzt-angeekelt "Nein-nein-igitt-igitt-bäh" sagst... ;-)
viele Grüße,
anne
ps:Vorschläge ohne Gewähr
18.01.11, 01:09:01
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biene63
(Standard)

@Alle: Lieben Dank für Eure bisherigen Postings.

@Anne: Danke für Dein Posting mit den Ideen - mal sehen, was ich davon umsetzen kann.

Bei der Gehörlosen-Kultur handelt sich es sich in Deutschland zwar um in Deutschland geborene Menschen deutscher Herkunft - aber Gehörlose haben dennoch eine andere Muttersprache als Lautsprache Deutsch. Gehörlose haben als Muttersprache DGS - und aus dem Gebrauch dieser gemeinsamen Sprache DGS hat sich die Gehörlosen-Kultur entwickelt.

Gehörlosen wird ihr ganzes Leben lang von Hörenden eingetrichtert, Lbg sei "für Hörende" einfacher als DGS.

In der Vorstellung von Gehörlosen gibt es bisher drei Sorten von Hörenden:
1. Kann keine DGS und will sie auch nicht lernen - also nahezu alle Fachkräfte aller beruflichen Richtungen - insbesondere Lehrer!
2. Lernt DGS und ist interessiert. Diese Personengruppe wird insbesondere in DGS1 / Grundkurs mit Freude begrüsst und zu Dolmetschleistungen ermuntert. In jeglichem weiteren Fortgeschrittenem-Entwicklungsstadium (besonders diejenigen mit Level höher als DGS6) werden mit Argwohn betrachtet, weil sie ja offenbar "immer noch nicht fürs Dolmetschen geeignet sind". Dass zum Dolmetschen ein Studienabschluss gehört, interessiert Gehörlose nicht, sofern die grad nen Dolmi brauchen und halt keinen kriegen (denn irgendwer muss den Dolmi bezahlen!)
3. LBG gilt als "einfacher" als DGS. Wenn also ein DGS-interessierter Hörender aus welchen Gründen auch immer fürs Dolmetschen nicht verwendbar ist UND kann keine DGS, muss dieser Hörende in der Konsequenz "blöd" sein....In der Gehörlosen-Welt gibt es eine recht heftige Hackordnung, Gehörlose grenzen sich auch untereinander aus vielfältigen Gründen aus. Hörende sind fürs Dolmetschen benutzbar oder gar nicht geeignet.

==> Das es autistische Menschen gibt, haben Gehörlose bisher erst kaum erfasst. Es gibt eine ganz winzige Ausnahme, da hab ich grad den Kontakt begonnen: Selbsthilfegruppe "Funkstille", das sind Eltern von hörgeschädigten Autisten.

Tja, in dieser Gruppe sind einige Hörende Mütter mit ihren Kindern. Aber inzwischen sind es wohl mindestens auch zwei gehörlose Mütter mit ihren Kindern....und dann wäre nun neu hinzugekommen "ICH mit meinen Autismus-Erfahrungen"....mal sehen, was passiert.

Ich bin gespannt.

lg biene63
18.01.11, 08:38:43
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anne1
(Standard)

Hallo, Biene,
kann es sein, daß Du die Sache mit dem "Dolmetschen" einfach zu hoch hängst?
Kann es sein, daß es einfach um Begleitung bei Arztbesuchen und Lehrersprechstunden geht?
Was glaubst Du, wie das läuft, wenn der Arzt kein Russisch kann, dann holt er keinen Dolmetscher, sondern die russische Putzfrau, oder sonstwen. Besonders toll ist auch, wenn beim Lehrer das Kind, um das es geht, selber übersetzen muß.
Viele Grüße,
anne
18.01.11, 12:28:03
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