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Autor Nachricht
monica62
(Standard)

Ihr seit in Deutschland im Thema Autismus viel weiter als wir in der Schweiz und auch ganz anders organisiert. Wir haben keine so grossen Centren wie ihr. Im Kanton Bern gibt es zwei offizielle Abklärungsstellen (andere Stellen = Kinder- und Jugendpsychiatrien werden ausgebildet, damit diese in Zukunft auch abklären und diagnostizieren können). Einmal die Kinder- und Jugendpsychiatrie des Kantons Bern, dort gibt es ein Experten-Team für Jugendliche (ein Arzt und ein Psychologe: Dr. Manser und der Asperger-Autist) leiten dieses Team. Dann gibt es die Natalie-Stiftung in Gümligen, diese ist zuständig für die Diagnostik bei den Kindern.

Für die integrative Beschulung ist dann wieder eine andere Fachstelle, nämlich die Erziehungsdirektion zuständig. Diese haben von Autismus noch wenig Ahnung. Momentan befindet sich bei uns alles im Umbruch. Es werden monatlich neue Kinder, vorallem mit Asperger-Autismus diagnostiziert.

Im Bereich der Diagnostik ist in den letzten Jahren viel gemacht worden. Viele Eltern fühlen sich dann aber allein gelassen. Mit den Kindern und Jugendlichen sollte etwas gemacht werden. Sozialtraining oder ähnliches. Dafür gibt es momentan noch viel zu wenig ausgebildete Leute, und die paar Plätze, die es gibt, sind hoffnungslos überlaufen.

Wir haben das Glück, dass unser Sohn als Integrationsschüler die Regelschule besuchen darf. In diesem Umfeld lernt er, nicht nur Schulstoff, er kann durch das Abschauen bei den Mitschülern viel Sozialkompetenz lernen.
03.05.11, 18:26:20
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55555
(Fettnäpfchendetektor)

Zitat von monica62:
Mit den Kindern und Jugendlichen sollte etwas gemacht werden. Sozialtraining oder ähnliches.

Inwieweit hast du dich im Forum schon in anderen Thread umgeschaut?

Mancherorts steckt man Eltern ins Gefängnis, die ihre Kinder aus ideellen Gründen nicht zum Arzt bringen. Anderswo schützt man fremde Kulturen mittels Strafen vor Kontakt und Einmischung.
03.05.11, 18:42:21
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monica62
(Standard)

geändert von: [feder] - 03.05.11, 21:53:56

[Komplettzitat des Vorbeitrags gelöscht, mfg [feder]]

Ich arbeite mich noch durch, bis ich alles gesichtet habe, dauert es noch etwas. Es ist seit Beginn viel Interessantes und auch für mich Bekanntes (mit AHA-Ergebnis) beschrieben worden.
03.05.11, 18:59:22
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Mama
(stillgelegt)

Was verstehst Du denn unter Sozialtraining?

[Wegen diversen Regelverstößen und Vandalismus einschließlich Mißbrauch des Gastzugangs bei bereits früher vorgekommener Sperrung bis auf Weiteres gesperrt, mfg [55555]]
03.05.11, 21:15:42
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monica62
(Standard)

Unter einem Sozialtraining stelle ich mir vor, dass mit den Kindern Strategien besprochen werden, wie sie einander ansprechen/in Kontakt kommen können. In diesem geschützten Rahmen, sind sie nicht ausgestellt, sie stellen fest, dass auch andere mit diesen, für sie nicht immer durchschaubaren Regeln Mühe haben. Es ist eine zusätzliche Unterstützung in unserer Erziehungsarbeit. Sozialkontakte finden auch zu Hause statt, bei uns haben die Kinder leider nicht viel Trainingsmöglichkeiten, da unser Freundschaftskreis sehr klein ist. Unser Älterer konnte sich einfachere Dinge wie Begrüssungsritual, einem Gesprächspartner zugewendet bleiben, Verhalten in der Öffentlichkeit antrainieren. Dem Jüngeren gelingt dies noch nicht.
Ein Sozialtraining beim Älteren stelle ich mir vor, in einer Gruppe mit jungen autistischen Erwachsenen. In diesem geschützten Rahmen können Dinge angesprochen werden, die er zu Hause nicht mit uns, aber auch nicht im Kreis von neurotypischen jungen Menschen ansprechen will. In diesem Kreis können sie sich gegenseitig raten und unterstützen, wie spreche ich ein Mädchen/Jungen an, wie halte ich ein Gespräch aufrecht, wie erkenne ich es, ob ich ausgenützt werde, etc. In diesem Kreis könnte ich mir auch vorstellen, dass es ihnen gelingt ein Sozialnetz und Freundschaften zu knüpfen.

Beim Jüngeren liegt der Schwerpunkt jetzt noch anders. Für ihn ist es schon eine Herausforderung, sich auf ein Spezialthema eines anderen Kindes einzulassen. Zuhören lernen, andere Kinder kennenlernen mit ähnlichen Schwierigkeiten, Interessen und Erlebnissen. In der Schule erlebt er sich als Spezialfall, in einer solchen Gruppe, wäre er einer von vielen. In diesem Kreis wäre es normal Autist zu sein. Es gäbe einen Perspektivenwechsel, er ist sich gewohnt, dass auf seine Wahrnehmung Rücksicht genommen wird, vielleicht würde er auf ein Kind treffen, auf das er in ähnlicher Weise Rücksicht nehmen sollte. Schön wäre, wenn sich bei diesem Training eine Freundschaft anbahnen könnte, denn Freunde hat unser Sohn nicht viele.

Es ist geplant, die autistischen Kinder, die momentan in der Regelschule integriert sind, in Kleingruppen zusammenzunehmen und ihnen spielerisch ein Sozialtraining anzubieten. Anknüpfungspunkte wären, ihre Interessen (auch Games), ihr Erleben im Klassenraum, in der Pause, etc. Wann es dazu kommt, weiss noch niemand und wie genau dieses Sozialtraining ablaufen soll, ist momentan noch nicht klar. Unsere Heilpädagogin sprach vom SOKO Modell. Sie wäre in der Gruppe dabei und würde unseren Jüngeren begleiten. Das Projekt steckt noch in der Planungsphase.
03.05.11, 23:49:51
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Quadriga
(Irrgeleitetes Subjekt)

Du siehst es aber nicht als "Muss" an, dass deine Kinder all das lernen sollen, und brichst sowas auch ab, wenn deine Kinder dies als Belastung ansehen, oder es sich negativ auf ihre Entwicklung auswirkt?

Ich selbst habe z.B. auch fast keine Freunde, und ich empfand es als Belastung, als ich mich mit Hilfe darum bemühen sollte einen sozialen Freunschaftskreis aufzubauen, um von meiner Isoliertheit wegzukommen. Das machte ich zwar freiwillig mit, aber es brachte mir nichts, da ich mit solchen sozialen Gemeinschaften eher nichts anfangen kann. Es war eine Belastung für mich. Ich weiß für mich selbst daher auch, dass es für mich besser ist meistens alleine zu leben, und nur manchmal Kontakt mit Menschen zu haben, vor denen ich mich nicht verstellen muss, sondern so sein kann, wie ich bin, und auch offen sagen kann, dass ich autistisch bin.

I'm only a unidentifiable broken piece of myself.

-

[Aufgrund eines Kniggeverfahrens zu dauerhafter Sperrung nach Nutzerabstimmung verurteilt, gesperrt, auf Bewährung nach Nutzerentscheid wieder freigeschaltet und nach einem weiterem Regelverstoß nach Verständigung in einem Kniggeverfahren dauerhaft gesperrt, mfg [55555]]
04.05.11, 00:04:00
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Mama
(stillgelegt)

@monica62
In Deinem Vorstellungsthread habe ich Deinen Umgang mit Deinem Sohn noch gelobt und nun lese ich dies: SOKO Modell.
Hat Dein Sohn Dir gesagt, das er gerne so sein möchte wie Du? Das er andere Menschen braucht um mit Ihnen darüber zu sprechen, wie er andere Menschen anspricht? (Davon ab, das ich das eh nicht verstehe, da er in dieser Gruppe ja auch Menschen ansprechen soll!)
Nur weil er Dein Sohn ist, muss er doch nicht die gleichen Vorstellungen und Wünsche haben.
Du schreibst in der Schule erlebe er sich als Spezialfall, wie meinst Du fühlt er sich in dem Modell "SOKO"?
Soziale Kompetenz erlernt man durch das Leben und man lernt so, wie man es für sich als brauchbar erachtet.
Begrüßungsrituale finde ich zum Beispiel schrecklich.
Einen anderen Menschen permanent ansehen zu müssen, geht nicht, dann verstehe ich nicht mehr was er sagt, da meine ganze Energie für dieses Ankucken draufgeht (was davon ab mir überhaupt nichts bringt und eher eine Qual ist)

Ich hoffe Du erkennst Deinen Sohn als Deinen Sohn an und nicht als Vorführpatient den es gilt zu verbiegen um in gesellschaftsfähig zu machen.

[Wegen diversen Regelverstößen und Vandalismus einschließlich Mißbrauch des Gastzugangs bei bereits früher vorgekommener Sperrung bis auf Weiteres gesperrt, mfg [55555]]
04.05.11, 07:37:52
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Antika
(Autistenbereich)

@monica62
ich bin jetzt nur noch sprachlos. Finde das sehr erschreckend was du da schreibst.

Bin froh, dass ich nicht an so etwas teilnehmen musste. Und mit meinem A Sohn hätte man so etwas auch nicht machen dürfen.

"Das, was du tust, schreit so laut, dass ich nicht hören kann, was du sagst."

(Sprichwort aus Mosambik)
--------------------------------

"Die Erinnerungen verschönern das Leben, aber das Vergessen allein macht es erträglich."
(Zitat von Honoré de Balzac)
04.05.11, 08:22:26
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monica62
(Standard)

Ich weiss nicht, ob in Deutschland unter SOKO etwas anderes verstanden wird, als bei uns in der Schweiz. Unter SOKO verstehen wir, aneignen von sozialer Kompetenz. Es existiert kein vorgefertigtes Programm. In etwa würde dies so aussehen: In einer Gruppe von 4 bis 6 Kindern können sie besprechen, welches Begrüssungsritual sie vorziehen, jemandem nur "hoi" sagen, die Hand geben und nicken (ohne Worte), dass sie auf die Nasenwurzel oder den Mund, anstatt in die Augen sehen können, wenn ihnen dies unangenehm ist. Die Kinder können miteinander diskutieren, was ihnen im Umgang mit anderen schwer fällt. Man lässt die Kinder z. B. einen Film schauen und spricht dann darüber, was sie glauben, wie sich die Akteure im Film fühlen, u.s.w.
Die Kinder sollen sich in dieser Gruppe wohl fühlen können und etwas gemeinsam erleben können. Z.B. ein Schachspiel oder was auch immer. Dieses Training gibt ihnen die Möglichkeit zu sehen, dass es auch noch andere Kinder mit Autismus [Laut Forenregeln diskriminierender Begriff] gibt.
In dieser Runde wäre es auch o.k., wenn ein Kind nur zuhören will, wenn es sich nicht eingeben will. Es wäre trotzdem dabei. So ist es mir von der Heilpädagogin meines Sohnes erklärt worden, und ich kann dabei nichts Schlimmes für meinen Sohn entdecken. Habe ich etwas übersehen?

@mama
Mein Sohn ist wie ich, auf keinen Fall möchte ich ihn neurotypisch!Dann wäre er ja vollständig wesensfremd von mir. Ich und mein Mann sind nicht so stark betroffen, wie unsere Söhne. Unsere Söhne wünschen sich Freundschaften, sie wissen aber nicht, wie sie es anstellen können. Ich wünsche mir für meine Söhne, dass sie als Erwachsene, selbständig leben können. Als ich Kind war, lernte ich mich an die anderen einigermassen anzupassen. Ich hatte meine Inseln, anstatt mit den Quatierkindern zu spielen, versteckte ich mich mit meinen Büchern. In der Klasse hatte ich immer eine bis zwei gute Freundinnen und konnte mir so den Umgang mit meinen Mitmenschen antrainieren. Ich war immer etwas eigen, hatte aber auch immer sehr "eigene" Freundinnen. In etwa, weiss ich was ich meinen Söhnen zumuten kann. Wenn sie sich nicht mehr wohl fühlen, hole ich sie aus der Situation hinaus. Ihr Zuhause ist "autistisch", aus diesem Grund brauchen sie ein Trainingsfeld ausserhalb ihres Zuhauses. Es hat sehr lange gedauert, bis wir Eltern merkten, dass wir nicht "normal" sind, wir empfanden immer alle anderen Leute als sehr auffallend. Zuhause leben unsere Kinder mit ihren autistischen Eigenheiten. Wir versuchen ihnen aber beizubringen, dass man sich ausserhalb unseres Kreises in der Gesellschaft, anders verhält.

@Antika
Ich bin etwas erstaunt, ab der heftigen Reaktion. Ich will meinem Sohn nichs Böses. Ich möchte ihm nur helfen, Schwierigkeiten, die er hat und unter denen er leidet, zu beseitigen.
04.05.11, 11:14:13
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wolfskind
(stillgelegt)

es muss auch nicht bedeuten wenn ein A im team ist dass dieser A ein guter vertreter der As ist denn wie wir ja wissen gibt es bestimmte vorzeige As die von den programmen getrimmt wurden und sich daher natürlich auch gut in einem team machen, weil sie alles bestätigen was so mit As getrieben wird. was aber andersherum gesehn eher gegen diese team sprechen würde.

"Freilich ist die Welt voller Fährnisse und düsterer Orte; doch noch immer ist viel Schönes lebendig, und wenn auch die Liebe in allen Landen nun mit Leid vermengt ist, wird sie deshalb vielleicht um so größer."
"Derjenige, der etwas zerbricht, um herauszufinden, was es ist, hat den Pfad der Weisheit verlassen."

(Herr der Ringe)
04.05.11, 11:19:06
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zoccoly
(Autistenbereich)

Ich hoffe es ist in der Gruppe auch erlaubt nach Hause zu gehen und diese nie mehr zu besuchen.

stillgelegt
04.05.11, 11:29:56
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Mama
(stillgelegt)

Zitat von monica62:

Mein Sohn ist wie ich,..

Nein. Kein Mensch ist wie der andere. Da beginnt schon Dein Denkfehler.
Ich möchte eigentlich nichts mehr schreiben, nur Deinem Sohn wünschen das seine Mutter nicht mehr so sehr auf "Fachleute" vertraut.

[Wegen diversen Regelverstößen und Vandalismus einschließlich Mißbrauch des Gastzugangs bei bereits früher vorgekommener Sperrung bis auf Weiteres gesperrt, mfg [55555]]
04.05.11, 12:58:09
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